Elfenliebe
lernst. Jeder Herbstelf studiert viel. Und auch wenn sie es sich nicht ausgesucht haben, Herbstelfen zu sein – sie entscheiden sich, zu arbeiten und ihre Fähigkeiten zu entwickeln, um mir zu helfen. Wenn das nicht meinen Respekt verdient, dann weiß ich es nicht.«
Das klang irgendwie einleuchtend. Aber noch immer juckte Laurel die falsche Art und Weise. »Es geht nicht nur darum, dass Herbst- und Winterelfen verehrt werden«,
sagte sie. »Es geht darum, dass auf Frühlingselfen herabgesehen wird. Es gibt so viele von euch«, sagte sie. Dabei drückte sie ihr Gewissen, weil sie sich erinnerte, dass Katya vor Kurzem dasselbe gesagt hatte, wenn auch in ganz anderem Ton. »Kann sein, dass die Winterelfen Avalon schützen, aber die Frühlingselfen sorgen dafür, dass hier alles funktioniert. Ihr macht so gut wie sämtliche Jobs. Gut, die Sommerelfen sorgen für Unterhaltung, aber wer kocht das Essen, baut Häuser und Straßen, wer näht und wäscht meine Kleider?« Laurels Stimme war lauter geworden. »Du. Ihr Frühlingselfen! Ihr seid nicht nichts – ihr seid alles!«
Etwas in Tamanis Blick sagte ihr, dass sie einen wunden Punkt getroffen hatte. Er presste seine Lippen zusammen und dachte einen Moment nach, bevor er antwortete. »Vielleicht hast du recht«, sagte er sanft, »aber so ist es nun einmal. So ist es immer gewesen. Die Frühlingselfen dienen Avalon. Wir dienen gern«, fügte er mit Stolz hinzu. »Ich jedenfalls. Es ist ja nicht so, als wären wir Sklaven. Ich bin vollkommen frei. Sobald ich meine Aufgaben erledigt habe, kann ich mir aussuchen, was ich tue und wohin ich gehe.«
»Bist du wirklich frei?«, fragte Laurel.
»Ja, das bin ich.«
»Wie frei?«
»So frei, wie ich sein will«, antwortete er ein wenig hitzig.
»Bist du frei genug, um neben mir zu gehen?«
Er schwieg.
»Bist du frei genug, um mehr als ein Freund für mich
zu sein? Wenn«, sie betonte dieses wenn, »ich jemals in Avalon leben sollte und mit dir zusammen sein wollte – wärst du dafür frei genug?«
Tamani sah weg, und Laurel wusste, dass er diese Diskussion vermeiden wollte.
»Nun?«
»Wenn du es wolltest«, sagte er schließlich.
»Wenn ich es wollte?«
Er nickte. »Ich darf dich so etwas nicht fragen. Du müsstest mich fragen.«
Sie rang nach Luft – und Tamani sah sie an.
»Warum, denkst du, mache ich mir so viele Gedanken über David?«
Laurel blickte in ihren Schoß.
»Ich kann nicht einfach bei dir vorbeikommen und meine Absichten verkünden. Ich kann dich nicht einfach ›entführen‹. Ich kann nur warten – und hoffen –, dass du eines Tages kommst und mich fragst.«
»Und wenn ich das nicht tue?«, fragte Laurel kaum hörbar.
»Dann, schätze ich, werde ich für den Rest meines Lebens warten.«
Acht
L aurel stand in ihrem Zimmer und begutachtete das Durcheinander auf ihrem Bett. Mittlerweile gefielen ihr die schönen Anziehsachen aus dem Elfenreich noch aus einem anderen Grund. In der Welt der Menschen gab es einfach nichts Vergleichbares. Die meisten waren aus einem seidenartigen Gespinst, das angeblich aus Spinnweben bestand – obwohl Laurel nie sicher war, ob sie sich nicht über sie lustig machten. Doch woraus der Stoff auch gewebt war, er erlaubte ihr eine Ganzkörper-Fotosynthese, sodass Laurel nicht mehr gezwungen war, immer in Tanktops und Shorts herumzulaufen.
Besonders gut gefiel ihr ein Kleid, das sie bei einem Spaziergang nach einem sehr anstrengenden Tag an einem der Sommerstände gefunden hatte. Es war wunderschön und passte wie angegossen, ein dunkelblaues Gewand mit tiefem Rückenausschnitt für eine eventuelle Blüte, das bis zu den Knien eng anlag und dann im Meerjungfrauenstil ausgestellt war. Darüber trug man einen Rock aus weichen, hauchdünnen Rüschen, der schon in der leisesten Brise zart wehte. Sie hatte das Kleid damals mit einem Anflug von schlechtem Gewissen mitgenommen – schließlich bot sich keine Gelegenheit,
es zu tragen –, aber es war so vollkommen, dass sie nicht darauf verzichten wollte.
Außerdem hatte sie Unmengen lange, rauschende Röcke und Blusen, die sie an Tamanis Hemden erinnerten, und dazu noch mehrere kurze Röcke und Kleider, in denen sie sich wie eine Märchenfee fühlte. Doch nur ein Bruchteil würde in ihren Rucksack passen.
Und ohne ihre Ausrüstung konnte sie nirgends hin.
Von allem, was die Elfen ihr gegeben hatten, war dies das kostbarste Geschenk. Die Schachtel, die Yeardley ihr am Morgen überreicht hatte, war so groß wie ein
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