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Elfenliebe

Elfenliebe

Titel: Elfenliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aprilynne Pike
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zeigte auf einen Zweig drei Astgabelungen über ihm, doch dann zuckte er die Achseln. »Naja, da ist wahrscheinlich mein Wunsch der Vater des Gedanken.«
    »Vielleicht nicht«, sagte Laurel und suchte verzweifelt nach tröstenden Worten. Nach einer Weile lastender Stille fragte sie: »Wie lange dauert es?« Im Geiste sah sie einen älteren Elfen, wie er von dem Baum ergriffen und sein Leben förmlich in ihn aufgesogen wurde.
    »Oh, das geht schnell«, erwiderte Tamani und vertrieb die gruseligen Bilder aus Laurels Gedanken. »Vergiss nicht, beide – der Elf, der zum Baum wurde, und der erste, der in ihn einging – waren Winterelfen. Der Baum hat einen Teil ihrer immensen Kräfte beibehalten. Mein Vater …« Tamani zögerte. »Mein Vater hat mir erzählt, dass man sich einen Platz auf dem Baum aussucht und
sich ihm unterwirft. Wenn dein Verstand klar und deine Beweggründe rein sind, wirst du im nächsten Augenblick verwandelt.« Sie sah, wie sein Blick zurück an die Stelle wanderte, wo er das Gesicht seines Vaters zu erkennen glaubte.
    Laurel trat einen Schritt näher an ihn heran. »Du hast gesagt, der Baum kommuniziert. Kannst du nicht zu ihm sprechen?«
    Tamani schüttelte den Kopf. »Nicht zu ihm direkt. Man kann zu dem Baum als Ganzem sprechen – und er antwortet mit einer Stimme.«
    Laurel blickte hinauf zu den obersten Ästen. »Könnte ich mit dem Baum sprechen?«
    »Heute nicht. Das dauert. Du musst kommen und dem Baum deine Frage stellen – oder ihm dein Problem nennen. Dann setzt du dich schweigend hin und lauschst, bis deine Zellen sich erinnern und seine Sprache verstehen.«
    »Und wie lange dauert das?«
    »Stunden. Tage. Das ist schwer vorherzusagen – und es hängt davon ab, wie genau du hinhorchst. Und wie offen du für seine Antwort bist.«
    Sie zögerte lange, bevor sie weiterfragte. »Hast du es schon einmal probiert?«
    Tamani drehte sich zu ihr um und sah sie an. Nur selten war sein Blick bisher so offen verletzlich gewesen. »Ja.«
    »Und? Hast du eine Antwort erhalten?«
    Er nickte.
    »Wie lange hat das gedauert?«

    Er zögerte. »Vier Tage.« Dann grinste er. »Ich bin störrisch. Ich war nicht offen für seine Antwort, sondern wollte unbedingt die Antwort erhalten, die ich mir wünschte.«
    Sie versuchte, sich Tamani vier Tage lang reglos und schweigend unter dem Baum sitzend vorzustellen. »Was hat er dir gesagt?«, flüsterte sie.
    »Das sage ich dir vielleicht ein anderes Mal.«
    Laurels Mund fühlte sich wie ausgetrocknet an, als ihre Blicke sich trafen und die von Leben erfüllte Luft um sie herumwirbelte. Dann lächelte Tamani und zeigte auf einen schönen Rasenfleck nur wenige Meter jenseits des Schatten spendenden Weltenbaumwipfels.
    »Können wir nicht hier essen?«, fragte sie, weil sie in der Nähe des Baumstamms bleiben wollte.
    Tamani schüttelte den Kopf. »Das wäre unhöflich«, sagte er. »Wir überlassen den Baum möglichst denen, die Fragen an ihn haben. Und das ist eine äußerst private Angelegenheit«, fügte er noch hinzu.
    Obwohl Laurel das durchaus verstand, war sie ein wenig traurig, aus dem Schatten des Weltenbaumes hinaus in die Sonne zu treten. Tamani breitete ein spärliches Picknick aus – es gab nun einmal keinen Grund, in dem satten Sonnenlicht Avalons noch viel zu essen – und sie setzten sich ins Gras. Laurel ließ sich auf den Bauch plumpsen und genoss es für diesen kurzen Moment, absolut nichts zu tun.
    »Wie geht es dir beim Lernen?«, fragte Tamani.
    Laurel überlegte. »Ich staune immer wieder«, antwortete sie schließlich, »was man mit Pflanzen alles machen
kann.« Sie rollte sich auf die Seite, um ihn direkt anzusehen, und stützte sich auf den Ellbogen. »Und meine Mom ist Naturheilkundlerin. Glaub mir, das will etwas heißen.«
    »Hast du viel gelernt?«
    »Eigentlich schon.« Sie zog die Stirn kraus. »Ich meine, ich habe wahnsinnig viel Theorie gelernt. Ich hätte nie gedacht, dass ich in so kurzer Zeit so viel Wissen aufnehmen kann. Aber in der Praxis läuft es nach wie vor katastrophal.« Sie stöhnte und ließ den Kopf zurück ins Gras fallen. »Mir ist noch nie ein Zaubertrank gelungen. Manche sind besser geworden als andere – aber bisher war noch nicht ein Einziger richtig.«
    »Nicht einer?«, fragte Tamani unterschwellig besorgt.
    »Yeardley sagt, das ist normal. Er sagt, es kann Jahre dauern, bis der erste Trank gelingt. Aber so viel Zeit habe ich nicht – nicht hier in Avalon und nicht, um meine Familie zu beschützen.

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