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Elfenliebe

Elfenliebe

Titel: Elfenliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aprilynne Pike
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mit dem Wachstum, das nur durch Zeit und Erfahrung zustande kommt, wird vielleicht auch ihre Urteilskraft besser werden.«
    Seine Kritik an der Königin, so sanft sie auch war, schockierte Laurel. Soweit sie wusste, begegnete man ihr nur mit dem höchsten Respekt. Aber vielleicht genossen Winterelfen eine größere Freiheit, in diesen Dingen ihre Meinung zu sagen. Sie fragte sich allerdings, was genau die Königin seiner Meinung nach falsch beurteilt hatte.
    Als sie Jamisons gedankenverlorene Miene sah, musste Laurel an Tamanis Vater denken. »Werdet Ihr eines Tages … ein Schweigsamer werden?«

    Er sah sie an und lachte leise. »Wer hat dir denn davon erzählt?«
    Laurel zog beschämt den Kopf ein und sagte nichts. Als sie wieder hochsah, hatte Jamison sich dem Ostfenster zugewandt, wo man die knorrigen Äste und das weitgestreckte Blätterdach des Weltenbaumes über anderen, gewöhnlichen Baumspitzen sehen konnte, wenn man wusste, wonach man suchte.
    »Bestimmt Tamani, oder?«
    Laurel nickte.
    »Er brütet zu viel vor sich hin, seit sein Vater in den Weltenbaum einging. Ich hoffe, du kannst ihm helfen, wieder glücklich zu sein.«
    Schon wieder fühlte sich Laurel schuldig und hoffte, Jamison wusste nicht, wie lange Tamani auf sie hatte warten müssen.
    »Ich wäre für mein Leben gern Tamanis Vater gefolgt«, sagte er. »Aber für mich ist es zu spät – ich hätte nicht mehr das Durchhaltevermögen dafür.« Er sah zu ihr herab und ein Lächeln schob sich – wenn auch nicht vollkommen – vor die Trauer in seinem Gesicht. »Ich werde hier gebraucht. Manchmal muss man seine eigenen Wünsche verleugnen, um einer größeren Sache zu dienen. Ich fürchte, die Existenz Avalons steht auf Messers Schneide, doch das tut sie längst nicht zum ersten Mal. Ich …« Er blickte hinüber zu seinen Wächtern, doch die hatten den Blick geflissentlich abgewandt. Trotzdem wurde er leiser. »Ich bin dort gewesen, bei dem Baum – und ich habe dem Wind zugehört.«

    Laurel hielt den Atem an und starrte in Jamisons Augen.
    »Ich habe noch eine Aufgabe. Eine, die niemand sonst erledigen könnte … oder wollte. Deshalb bin ich froh, noch eine Weile zu bleiben.«
    Ehe Laurel weitere Fragen stellen konnte, stand Jamison auf und bot ihr seinen Arm. »Wollen wir uns auf den Weg machen?«
    Sie folgten dem vertrauten Pfad über das Gelände der Akademie und entlang der Mauer bis zu dem Platz, der das Tor beherbergte. Jamisons Leibwächter blieben dicht hinter ihnen. Laurel war gespannt zu sehen, wie Jamison den verzauberten Weg zu ihr nach Hause öffnen würde. Sie wartete darauf, dass er irgendetwas Verblüffendes von sich geben würde – einen Funkenregen oder Lichtblitze oder zumindest eine uralte Zauberformel, doch er streckte nur die Hand aus und berührte das Tor, das sich umgehend und lautlos öffnete. Mit einem Blick auf die Elfen hinter sich zog er das Tor weit auf und schon stand auf der anderen Seite eine Gruppe von Wachtposten im Halbkreis und erwartete sie. In der Mitte – ernst und erhaben – Shar, Tamani zu seiner Rechten. Alle waren in voller Kampfausrüstung – ein furchterregender Anblick, doch Laurel gewöhnte sich langsam daran.
    Jamison streckte noch einmal seinen Arm aus und forderte Laurel damit auf, durch das Tor zu gehen. Im letzten Moment berührte er sie an der Schulter und beugte sich über sie. »Komm zurück«, flüsterte er. »Avalon braucht dich.«

    Als sie über die Schulter blickte, schloss er bereits das Tor. Zwei Sekunden später verschmolz Avalon mit den Schatten – und verschwand.
    »Das nehme ich«, sagte Tamani. Laurel schreckte kurz zurück, aber dann lächelte sie und übergab ihm den großen pinkfarbenen Beutel. Er sah ihn an und lachte. »Frauen und Klamotten.«
    Laurel grinste und drehte sich noch einmal zum Tor um, aber es hatte sich schon wieder in einen ganz normalen Baum zurückverwandelt. Sie schüttelte den Kopf und dachte staunend an alles, was sie in diesem Sommer erlebt hatte.
    »Ich wünschte, wir hätten noch Zeit, aber wir müssen uns beeilen«, sagte Tamani. »Deine Mutter wird bald hier sein, und es wäre besser, wenn du sie schon erwarten würdest.« Er legte eine Hand um ihre Taille, und Laurel spürte, wie die anderen Elfen mit dem Wald hinter ihnen verschmolzen, während sie dem Weg folgten. Wie immer wenn es Zeit wurde, sich von Tamani zu verabschieden, war Laurel nicht wohl dabei. Sie gingen schweigend weiter, bis das Blockhaus und die Zufahrtsstraße in Sicht

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