Elfenliebe
Zuckerampullen, damit man die Wirkstoffe zum gegebenen Zeitpunkt mischen oder notfalls auch in der Hand zerdrücken kann.«
»Das tut bestimmt weh.« David gab ihr vorsichtig das zarte Gefäß zurück.
Laurel schüttelte den Kopf. »Normalerweise sind sie zu dünn, als dass man sich schneiden könnte. Selbst wenn, würde der Zucker schmelzen, und man müsste keine Splitter aus der Hand ziehen – darum nimmt man eben kein richtiges Glas. Im Idealfall legt man die beiden Fläschchen in einen Mörser oder so etwas, aber man muss auf alles gefasst sein.« Ich muss auf alles gefasst sein, ermahnte sie sich selbst.
»Löst sich der Zucker nicht in den Zaubertränken?«
»Anscheinend nicht.«
»Und warum nicht?«
»Keine Ahnung, David«, antwortete Laurel gestresst. »Er tut es eben nicht.«
»Sorry«, sagte David leise. Er zog sich einen pinkfarbenen Polsterhocker heran und setzte sich neben sie an den Schreibtisch. »Also, wie soll es gehen?«
Laurel holte tief Luft und bereitete sich auf einen neuen Versuch vor. »Ich nehme Zuckerrohrpulver«, sagte sie und zeigte auf einen Stoffbeutel mit feinem grünlichen Staub, »und mische ihn mit Kiefernharz«. Gleichzeitig folgte sie ihren eigenen Anweisungen und bemühte sich um Konzentration, obwohl David so nah an ihrem Ohr atmete, den Blick auf ihre Hände gerichtet. Sie spürte geradezu körperlich sein Bemühen, das Experiment zu begreifen. »Es wird dickflüssig und klebrig wie Sirup«, erklärte sie und rührte mit einem Silberlöffel in der Mischung. »Außerdem heizt es sich auf.«
David nickte und schaute weiter zu.
»Nun nehme ich dieses Röhrchen«, sagte sie und griff nach etwas, das wie ein gläserner Strohhalm aussah. Sie verriet David nicht, dass es aus einem einzigen Diamanten bestand. »Ich tunke es in die Zuckermischung und blase damit wie bei normalem Glas.« Es hörte sich einfach an und in ihrem Alter stellten die meisten Mixer seit Jahren eigene Phiolen her. Doch Laurel hatte den Bogen noch nicht raus.
Jetzt atmete sie ein, saugte ein paar Tropfen von der Zuckermischung in die Röhre und pustete sie ganz langsam wieder aus, während sie vor Augen hatte, wie es aussehen sollte. Darauf konzentrierte sie sich. Beim Blasen drehte sie das Röhrchen, bis das Bläschen am anderen Ende länger wurde und sich – entgegen allen physikalischen Gesetzen – zu einem langen Zylinder weitete. Die trübe, schlammige Mischung wurde weiß und schließlich durchsichtig.
Laurel gönnte dem Röhrchen ein wenig mehr Atemluft,
drehte es noch einmal und nahm es zögernd aus dem Mund. Bis zu diesem Punkt ging normalerweise alles gut.
»Das ist…«
»Psst«, befahl Laurel und griff zu einem kleinen silbernen Messer, das wie ein Skalpell aussah. Sie ritzte das Zuckerglas rund um den Rand des Diamantröhrchens ein, zog dann an dem Zylinder und trennte ihn behutsam ab.
Die eine Seite löste sich ohne Probleme, und Laurel drehte den Zylinder mühselig im Kreis, um auch die anderen Stellen vom Röhrchen zu trennen. Der Zucker, der noch immer biegsam war, krümmte sich, streckte sich dann am Ende zu einem langen Faden und brach ab.
In diesem Augenblick platzte der Zylinder.
»Scheiße!«, schrie Laurel und warf das Röhrchen auf den Schreibtisch.
»Vorsicht«, sagte David.
Mit einer ärgerlichen Handbewegung tat Laurel seine Sorge ab. »Das geht nicht kaputt«, murmelte sie.
Sie schwiegen eine Weile, während Laurel den Scherbenhaufen betrachtete und überlegte, was sie falsch gemacht hatte. Vielleicht hätte sie anfangs mehr von dem Zuckersirup aufsaugen sollen, dann wäre die Phiole dicker geworden.
»Darf … darf ich auch mal?«, fragte David.
»Wenn es sein muss«, antwortete Laurel, obwohl sie schon wusste, dass es ihm nicht gelingen würde.
Doch David rutschte grinsend auf ihren Stuhl, von
dem sie gerade aufgestanden war. Sie beobachtete, wie er ihr alles nachmachte und ein wenig klebrigen Sirup aufsog, ehe er vorsichtig zu pusten begann. Eine Sekunde lang sah es so aus, als würde es klappen. Eine kleine Blase entstand, die allerdings eher rund als länglich war. Doch sobald sie sich gebildet hatte, platzte sie mit einem schwachen Plopp, und die Flüssigkeit rann nutzlos aus dem Diamantröhrchen.
»Was habe ich falsch gemacht?«, fragte David.
»Nichts«, erwiderte Laurel. »Du kannst es einfach nicht können.«
»Ich wüsste nicht, warum nicht«, sagte David nach einem Blick auf den grünlichen Tropfen am Ende des Röhrchens. »Es ergibt keinen
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