Elfenliebe
berichten. »Ich weiß es nicht.« Sie wollte es lieber noch ein wenig aufschieben.
»Wir haben seine Pläne vereitelt. Große, wichtige Pläne. Und er weiß, wo du wohnst.«
»Schön, dass du mich daran erinnerst«, sagte Laurel trocken.
»Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken. Aber ich fühle mich … keine Ahnung, wie etwas, das jeden Tag straffer gespannt wird. Ich warte die ganze Zeit darauf, dass etwas passiert. Und es wird immer schlimmer«, fuhr er fort. »Überall sehe ich Orks. Immer wenn
mir jemand mit Sonnenbrille begegnet, den ich nicht kenne, fange ich an zu überlegen. Bei den Touristenströmen, die in diesem Sommer hier durchgezogen sind, kannst du dir vorstellen, wie paranoid ich war. Und das alles ohne dich …« Er nahm ihr Handgelenk und zog sie an sich, um ihren blonden Scheitel zu küssen. »Ich bin so froh, dass du wieder da bist!«
»Gut.« Sie schlang David die Arme um den Bauch, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. Sie musste sich ordentlich strecken – mittlerweile war er fast dreißig Zentimeter größer als sie. Im letzten halben Jahr war er zehn Zentimeter gewachsen und hatte mit Gewichtheben angefangen. Er hatte nichts gesagt, aber Laurel hatte das Gefühl, als hätte die Begegnung mit Barnes seinem Selbstvertrauen einen Dämpfer versetzt. Unabhängig von seiner Motivation bewunderte sie das Ergebnis seiner Anstrengungen. Seine starke Statur gefiel ihr gut, sie gab ihr ein Gefühl von Sicherheit und Schutz.
Könnte sie doch nur selbst endlich die Dinge anwenden, die sie in Avalon gelernt hatte! Vielleicht würde sie sich dann sicherer fühlen.
Chelsea quietschte und umarmte Laurel, die in ihre Haare lachte, als sie merkte, wie sehr sie ihre Freundin vermisst hatte.
»Ich wollte gestern rüberkommen«, sagte Chelsea, »aber ich dachte, ich gönne dir erstmal einen Tag mit David. Er war wirklich arm dran ohne dich.«
Laurel grinste. Das fand sie gar nicht schlecht.
»Im ersten Monat waren wir fast jeden Tag zusammen,
wobei er nonstop über dich geredet hat, aber dann habe ich mehr mit Ryan gemacht, und David ist ganz komisch geworden. Deshalb habe ich ihn in den letzten Wochen eher seltener gesehen. Komm, wir gehen nach oben«, sagte Chelsea, als ihnen im Hauseingang ein Durcheinander von Armen und Beinen vor die Füße fiel. »In der letzten Ferienwoche ist es immer am schlimmsten«, kommentierte sie den Ringkampf ihrer Brüder.
Laurel war sich nicht sicher, ob sie im Ernst oder nur zum Spaß kämpften. Jedenfalls war es besser, ihnen aus dem Weg zu gehen. Sie folgte der unentwegt plappernden Chelsea nach oben in ihr elfengeschmücktes Zimmer. Laurel fühlte sich dort immer ein wenig unwohl, wenn die sattsam bekannten Elfen mit Schmetterlingsflügeln sie von den Wänden, der Decke und den Buchrücken in Chelseas beeindruckender Sammlung von Elfenliteratur anstarrten.
»Besonders braun bist du ja nicht gerade geworden«, sagte Chelsea und machte eine Pause, damit Laurel antworten konnte.
»Äh.« Laurel war völlig verdattert. »Was?«
»Braun«, wiederholte Chelsea. »Du bist nicht besonders braun geworden. Nach zwei Monaten in einem Camp in der Wildnis hätte ich erwartet, dass du richtig braun bist.«
Laurel hatte die Geschichte schon fast vergessen, die David sich zur Tarnung ausgedacht hatte – nämlich dass sie die Ferien in einem abgelegenen Sommerlager verbrachte. Und zwar in einem Camp, das praktischerweise weder über Telefon noch Computer verfügte.
Laurel hatte ein schrecklich schlechtes Gewissen, weil sie Chelsea anlog, aber ihre Freundin war einfach zu direkt, um ein Geheimnis bewahren zu können. Dabei war das eigentlich gerade eine ihrer nettesten Eigenschaften. »Hm, Sonnenschutzmittel«, erwiderte Laurel ausweichend. »Jede Menge Sonnenschutzmittel.«
»Und Hüte, würde ich sagen«, ergänzte Chelsea trocken.
»Genau. Aber jetzt erzähl mal, was ist mit Ryan und dir?«, fragte Laurel rasch, um das Thema zu wechseln.
Auf einmal studierte Chelsea angelegentlich den Teppichboden.
Laurel lachte. »Chelsea, wirst du etwa rot?«
Chelsea lachte nervös und zuckte die Achseln.
»Du magst ihn also?«, bohrte Laurel weiter.
»Ja. Hätte ich auch nie gedacht, aber ja.«
»Unglaublich«, sagte Laurel aufrichtig. »Und heißt das … dass ihr offiziell zusammen seid?«
»Wie macht man das denn, ›offiziell zusammen sein‹?«, fragte Chelsea. »Muss man dafür ein besonderes Gespräch führen und sagen: ›Äh, hallo, ich mag dich
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