Elfenliebe
Rückkehr bereits abgeschlossen sein, doch das Erste, worüber Laurel bei ihrer Ankunft stolperte, war ein Haufen Werkzeug. Die Handwerker versprachen, bis Ende der Woche fertig zu sein, aber Laurel war skeptisch.
Die gewaltigste Veränderung war jedoch noch erstaunlicher als das Auto. Im Frühling hatte Laurels Vater ein Ladenlokal neben seiner Buchhandlung erworben, weil er die Räumlichkeiten erweitern wollte. Doch kurz nach Laurels Abreise nach Avalon kamen ihre Eltern auf die Idee, stattdessen ein neues Geschäft zu eröffnen – einen Naturheilkundeladen für ihre Mutter. In Mutter Natur , den sie erst kurz vor Laurels Rückkehr
aufgemacht hatte, verkaufte ihre Mutter selbst gemachte Arzneien und ein großes Sortiment von Vitaminen, Kräutern und naturbelassenen Lebensmitteln sowie ein interessantes Angebot an Gesundheits- und Wellness-Büchern, die der freundliche Buchhändler von nebenan bereitstellte. Da sie beide sehr viel Zeit in ihren Geschäften verbrachten, sahen Laurels Eltern sich jetzt häufiger als je zuvor in der langen Zeit ihrer Ehe.
Und das ist toll, redete Laurel sich gut zu. Schließlich sollte auch ihre Mutter ihren eigenen Bereich haben. Doch in Laurels Abwesenheit hatte ihre Mutter eine neue Distanz zu ihr aufgebaut. Ihr Vater konnte von ihren Erzählungen über Avalon gar nicht genug bekommen, aber im Laufe dieser Gespräche fiel ihrer Mutter immer ein, dass sie noch etwas zu erledigen hätte, und zwar in einem anderen Raum. Laurel hatte das Gefühl, dass auch das neue Geschäft ihr vor allem neue Fluchtmöglichkeiten bot, denn in den vierundzwanzig Stunden, die sie jetzt wieder zu Hause war, hatte sie ihre Mutter nur bei einem kurzen Abendessen und ab und zu im Haus getroffen. Doch dann war sie immer sehr geschäftig gewesen.
Seufzend stand Laurel auf. »Komm, wir gehen runter«, sagte sie zu David.
»Ja, aber …« David zeigte auf die Zutaten zu Laurels Glasbläserversuchen.
»Für heute reicht es mir«, sagte Laurel. »Lass uns lieber etwas Schönes machen. In ein paar Tagen ist schon wieder Schule.« Laurel zog ihn zur Tür. »Meine Mom hat heute Morgen Zimtschnecken gebacken«, lockte sie ihn.
Er ließ sich von ihr mitziehen, warf jedoch noch einen langen Blick auf den Schreibtisch.
In der Küche nahm David sich eine Zimtschnecke vom Blech und klatschte großzügig Sahne darauf. Als er hineinbiss, wandte er sich dem großen Küchenfenster zu – ebenfalls eine Neuerung, die Laurel gut gefiel.
»Ich habe Chelsea noch gar nicht getroffen. Wie wär’s, wenn wir sie anrufen und fragen, ob sie heute Abend mit uns ins Kino geht oder so?« Laurel verschloss die Dose mit der Sahne wieder. Von dem Geruch wurde ihr immer ein wenig übel.
»Wenn sie nicht gerade mit Ryan abhängt.«
»Ryan?«, fragte Laurel, während sie die Sahne in den Kühlschrank stellte. »Der große Ryan?«
»Jep.«
»Sind die etwa zusammen?«
»Chelsea ist ein wenig verschlossen, was das angeht – falls du dir das vorstellen kannst –, aber wenn sie noch nicht zusammen sind, dauert es bestimmt nicht mehr lange. Vielleicht bekommst du ja etwas aus ihr raus.«
»Kann sein. Das ist echt merkwürdig.« Nicht dass Chelsea überhaupt einen Freund hatte – das fand Laurel aufregend –, aber dass die Wahl auf Ryan gefallen war. Ryan, den großen Schlacks, der wenig redete und besonders unachtsam war. Laurel hatte nichts dagegen, wenn Gegensätze sich anzogen, aber die zwei waren wirklich grundverschieden.
Dazu kam, dass Chelsea in den letzten Jahren durchgehend in David verliebt gewesen war. Aber wenn sie darüber hinweg war, hey, umso besser!
Sie schwiegen, während David die Zimtschnecke aß und Laurel aus dem Fenster sah und über Chelsea nachdachte. Schließlich holte David nach dem letzten Bissen tief Luft. »Gestern dachte ich, ich hätte Barnes gesehen, kurz bevor ich dich abgeholt habe.«
Ein eisiger Schauer lief Laurel über den Rücken. »Du dachtest es nur?«
»Ja, er war’s nicht. Es war der Typ vom Bowlingcenter.«
»Ach, da musste ich vor ein paar Monaten auch zweimal hinsehen.« Sie lachte nervös und hörte sofort damit auf, als sie Davids Gesicht sah.
»Warum ist er nicht wiedergekommen, Laurel?«, fragte er fast tonlos.
Laurel schüttelte den Kopf und schaute weiter aus dem Fenster in den Wald hinter ihrem Haus. Sie überlegte, wie viele Elfen sich dort gerade aufhielten, um sie zu beobachten. Vielleicht war dies der richtige Zeitpunkt, um David von ihrem Gespräch mit Jamison zu
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