Elfenliebe
einfach nicht ausgefüllt. Ich musste es noch nicht abgeben.« Chelsea zögerte. »Fühlt es sich für dich genauso an? Mit David?«
»Jep«, sagte Laurel. »Ich würde wegen David ganz bestimmt nicht nach Harvard gehen.«
»Kein Wunder«, moserte Chelsea. »Weil du wie deine Eltern sowieso nach Berkeley willst, oder nicht?«
Diese Frage traf Laurel völlig unvorbereitet. Sie
nickte unbestimmt, aber in Gedanken war sie in Avalon. In der Akademie war ein Platz für sie reserviert – ohne Aufnahmeprüfung und Studiengebühren, Übernachtung und Verpflegung inklusive. Auch wenn Jamison ihr jetzt aufgetragen hatte, nach Orks Ausschau zu halten, ging sie davon aus, dass die Elfen von ihr erwarteten, sie würde bald für immer dorthin übersiedeln. Aber wie sollte sie Chelsea das erklären?
»Stell dir vor, David geht wieder in den Osten. Würdest du deine Pläne vergessen und mit ihm gehen?«
Das ist erst in zwei Jahren , redete Laurel sich gut zu. Sie zuckte die Achseln.
»Aber du würdest auch darüber nachdenken, oder?«
»Kann sein«, sagte Laurel automatisch. Es stand so viel mehr auf dem Spiel als die Frage, ob sie David über eine Entfernung von mehr als tausend Kilometern folgen würde. Wenn sie mit ihm ging, wäre das eine Entscheidung gegen Avalon und die Akademie. Und wenn sie die Akademie besuchte, entschied sie sich dann gegen David? Die Frage war neu und unangenehm.
»Glaubst du denn, dass ihr für immer zusammenbleibt, du und David? Das kommt vor, weißt du?«, sagte Chelsea rasch und meinte offenbar eher sich selbst. »Es gibt Leute, die sich in der Highschool kennenlernen und dann sind sie – Klick! – Seelenfreunde.«
»Ich weiß nicht«, antwortete Laurel aufrichtig. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich David jemals nicht mehr liebe. Oder dass wir uns trennen.« Aber vielleicht werden wir auseinandergerissen? Diese Möglichkeit erschien ihr deutlich realistischer.
»Du hast das L-Wort gesagt«, sagte Chelsea grinsend und holte Laurel in die Wirklichkeit zurück.
»Wieso, ja – ja, klar.« Laurel lachte.
»Du bist in David verliebt, ja?«
Allein bei dem Gedanken wurde Laurels Körper von einer wunderbaren Wärme erfüllt. »Ja, oh ja.«
»Heißt das, ihr zwei … du weißt schon, was ich meine.«
»Nicht … wirklich.«
»Was soll das denn heißen?«
»Es heißt eben nicht wirklich.« Laurel blieb stur.
Chelsea schwieg eine Weile. Laurel konnte nur hoffen, dass sie nicht weiter über den genauen Stand ihrer körperlichen Beziehung zu David grübelte. »Ich glaube, es könnte sein, dass ich Ryan liebe«, sagte Chelsea schließlich zu Laurels Erleichterung. »Darum macht mich diese Sache mit Harvard so fertig. Seit ich zehn war, wollte ich unbedingt dahin. Ich wollte in Harvard studieren, einen Abschluss in Journalismus machen und Reporterin werden. Und jetzt kann ich die Vorstellung kaum ertragen, woanders zu sein als Ryan.«
»Vielleicht sollte er dir nach Harvard folgen.«
»Das habe ich mir längst überlegt, glaub mir«, konterte Chelsea. »Er will Arzt werden wie sein Vater und in Harvard kann man hervorragend Medizin studieren.«
»Dann lass deine Noten nach Harvard schicken«, sagte Laurel, die sich echt Mühe geben musste, sich auf Chelseas Probleme zu konzentrieren, statt auf ihre eigenen.
»Es dauert noch fast zwei Jahre, bis du dich endgültig
entscheiden musst. In dieser Zeit kann viel passieren. Und im Ernst, wenn du wegen eines Typen deinen Lebenstraum aufgeben musst, hast du dir vielleicht den falschen ausgesucht.«
Chelsea zog die Stirn kraus und knetete ihre Finger. »Und was ist, wenn der Traum dann doch nicht so toll ist?«
Vor Laurels Augen verschwammen die Gesichter von David und Tamani vor dem Hintergrund der Akademie. Sie zuckte die Achseln und zwang sich zur Ruhe. »Dann war es möglicherweise der falsche Traum.«
Als Laurel und David am folgenden Freitag vor Ryans Haus vorfuhren, dröhnte ihnen laute Musik entgegen. »Wow«, sagte Laurel. Das dreistöckige bläulich graue Haus hatte ein Schieferdach und weiße Fensterläden. Zahlreiche Fenster schmückten die Fassade und gingen auf einen besonders hübsch angelegten Vorgarten hinaus. Blühender Hartriegel wuchs rechts und links eines gewundenen Steinwegs, während die südliche Mauer mit Efeu berankt war. Das Haus schmiegte sich an die Felsküste und Laurel freute sich schon auf die fantastische Aussicht. »Das ist wirklich wunderschön«, sagte sie.
»Jep. Es ist nett, das einzige Kind des
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