Elfenliebe
weißt du über diesen Mann?«, fragte sie.
Laurel starrte in das unheimliche Gesicht von Jeremiah Barnes.
Sechzehn
L aurel unterdrückte ein Schaudern und betrachtete fassungslos das Gesicht, das sie seit knapp einem Jahr in ihren Albträumen verfolgte. Ihre Hand, die David zuverlässig festhielt, zuckte.
»Ich suche ihn schon seit mehreren Jahren«, erklärte Klea. »Also, ich meine, ihn und ein paar andere. Aber als wir ihn das letzte Mal beinahe hatten – das war vor einigen Monaten –, trug er eine Visitenkarte bei sich, auf der er mehrere Namen verzeichnet hatte.« Sie sah Laurel an. »Deiner war auch dabei.«
Bei der Vorstellung, dass Barnes ihren Namen bei sich trug, fingen Laurels Hände an zu zittern. »Und Sie haben sich einfach meinen Namen notiert und ihn laufen lassen?« Laurel erhob nicht die Stimme, aber sie fauchte beinahe.
»So … kann man das nicht sagen.« Kleas Blick huschte nach rechts und links, ehe sie sich vorbeugte und das Foto wieder in den Aktenordner legte. »Er … er war stärker, als wir dachten. Er konnte fliehen.«
Laurel nickte langsam und gab sich große Mühe, ihren bebenden Körper unter Kontrolle zu bringen. Jamisons Warnung zum Trotz hatte sie die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben gehabt, dass Barnes im vergangenen
Jahr doch an seiner Schusswunde gestorben war. Und hier war nun der Beweis – ein hieb- und stichfester Beweis – dafür, dass er sich weiter in ihrer Nähe herumtrieb und es auf sie abgesehen hatte.
»Besonders überrascht siehst du nicht aus. Du kennst ihn also?«
Lügen! Lügen! Lügen!, brüllte es in ihrem Hirn. Doch wozu sollte das gut sein? Sie hatte sich in dem Augenblick verraten, als sie Barnes erkannt hatte. Es war zu spät, das abzustreiten. »Ja, schon. Wir hatten letztes Jahr … eine Art Zusammenstoß.«
»Die meisten würden einen Zusammenstoß mit diesem Kerl nicht überleben«, sagte Klea ausdruckslos, aber die weitergehende Frage lag ohnehin in der Luft. Wieso lebst du noch?
Laurel musste sofort an Tamani denken und hätte fast gelächelt. Sie zwang sich, den Blick auf die Tischplatte zu senken. »Ich hatte eben Glück«, erklärte sie. »Er hatte seine Pistole zu früh an den falschen Platz gelegt.«
»Verstehe.« Klea nickte beinahe weise. »Kalter Stahl ist so ungefähr das Einzige, wovor dieser Mann sich fürchtet. Was wollte er von dir?«
Laurel starrte in Kleas verspiegelte Sonnenbrille und wünschte, sie könnte ihr in die Augen sehen. Sie musste sich rasch etwas ausdenken, um ihr die Wahrheit verschweigen zu können.
»Du kannst es ihr sagen«, meinte David nach einer Weile.
Laurel sah ihn wütend an.
»Sie haben ihn doch längst verkauft, niemand kann ihn euch mehr wegnehmen.«
Wovon redete er überhaupt? Als er bedeutsam ihre Hand drückte, begriff sie. In Ausreden war er tatsächlich besser. Laurel konnte nicht gut lügen. Am besten spielte sie so gut wie möglich mit. Sie schlug die Hände vors Gesicht und schmiegte sich an Davids Brust, als wäre sie zu fertig, um selbst zu reden.
»Ihre Eltern haben einen Diamanten gefunden, als sie … ihr Haus renovierten«, verkündete David.
Laurel hoffte, dass Klea sein kurzes Zögern nicht bemerkt hatte.
»Der Stein war riesig, und Barnes wollte sie entführen, um Lösegeld zu verlangen oder so. Es war eine außerordentlich traumatische Erfahrung«, versicherte er Klea.
David, du bist einfach brillant.
Klea nickte bedächtig. »Das passt ins Bild. Orks sind seit jeher Schatzsucher. Es liegt in ihrer Natur, und sie brauchen Geld, um sich in unserer Welt zu bewegen.«
»Orks?«, fragte David, um die Scharade weiter fortzuspinnen. »Wie im Märchen oder in Gruselgeschichten? Barnes soll ein Ork gewesen sein?«
»Habe ich Orks gesagt?«, fragte Klea und zog in komischer Manier die Augenbrauen über der Sonnenbrille hoch. »Uups. Andererseits…«, seufzte sie kopfschüttelnd. »Da ihr sie nun schon mal gesehen habt, solltet ihr auch wissen, mit wem ihr es zu tun hattet.« Sie sah Laurel an, die sich wieder aufgerichtet hatte und so tat, als würde sie ihre Tränen wegwischen. »Gut, dass deine
Eltern den Diamanten verkauft haben. Barnes wird sie höchstwahrscheinlich in Ruhe lassen. Leider hat er dich aber trotzdem noch auf dem Kieker«, sagte Klea. »Es kann kein Zufall gewesen sein, dass Orks eurer Party heute Abend einen Besuch abgestattet haben.« Sie zögerte. »An so große Zufälle glaube ich nicht.«
»Was sollte er denn jetzt noch mit mir vorhaben?«, fragte
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