Elfenliebe
Beispiel wollte ich Englischlehrerin werden oder am College unterrichten.« Sie grinste. »Eine
Zeit lang dachte ich, Krankenschwester wäre das Richtige. Ich glaube, das habe ich noch nie jemandem erzählt.«
»Warum denn nicht?«
Sie verdrehte die Augen. »Meine Mom würde ausflippen, wenn ich im Krankenhaus arbeiten würde.« Sie sah zu David hoch. »Ich habe mich immer nach einem Beruf gesehnt, in dem ich Menschen helfen kann.«
»Und wie wäre es mit Ärztin?«
Laurel schüttelte den Kopf. »Jetzt kommt’s – ich glaube, so sehr interessiere ich mich dann doch nicht für Medizin … oder auch für die Lehre. Aber Lehrer und Krankenschwestern helfen Menschen, deshalb dachte ich, das ist es. Aber sicher bin ich mir bis heute nicht.«
»Egal. Hauptsache, du ziehst das durch, wofür du dich letztendlich entscheidest. Aber es sollte etwas sein, was du willst.«
»Manchmal … also, manchmal habe ich das Gefühl, die Kontrolle über mein Leben verloren zu haben. Ich meine, besteht überhaupt die Möglichkeit, nicht auf die Akademie zu gehen? Das ist die Rolle, die seit jeher für mich vorgesehen ist.«
»Was sollen sie denn machen? Dich tretend und kreischend nach Avalon schleppen? Kann ich mir nicht so richtig vorstellen.«
Laurel nickte zögernd. Er hatte recht. Vielleicht konnte sie doch hierbleiben.
Aber will ich denn hierbleiben?
Im Augenblick wollte sie nur das Zusammensein mit David genießen. Er sah so aus, als wollte er noch was sagen,
aber sie brachte ihn mit einem Kuss zum Schweigen und schlang die Arme um seinen Hals. »Vielen Dank für das hier«, murmelte sie an seinem Mund. »Das ist genau das, was ich heute gebraucht habe. Anscheinend weißt du immer, was mir guttut.«
»Es ist mir ein Vergnügen«, sagte David mit einem leisen Lächeln. Der Duft von Tannennadeln und Obst hing schwer in der Luft und mischte sich mit dem Geruch nach feuchter Erde und dem Parfüm von Laurels Blüte. Alles war vollkommen, als er sie noch mal küsste, so weich, so sanft. Er vergrub seine Hände in ihrem Haar, als Laurel ein Knie an seinen Oberschenkel schmiegte, und ihre Körper verschmolzen wie perfekt passende Puzzleteilchen. Laurel wollte, dass es immer so weiterging.
David legte den Kopf in den Nacken und betrachtete sie schweigend, bis Laurel verlegen kichernd fragte: »Was?«
David, der sonst so gerne lächelte, sah sie ernst an.
»Du bist so schön«, flüsterte er. »Und damit meine ich nicht nur dein Aussehen. An dir ist einfach alles schön. Manchmal habe ich Angst, dass es der wunderbarste Traum aller Zeiten ist, aus dem ich doch irgendwann aufwache.« Er schmunzelte. »Und ehrlich gesagt hilft es nicht unbedingt, dass du eine Elfe bist.«
Da mussten sie beide lachen und ihr Gelächter perlte über die Lichtung. »Na, dann«, sagte sie kokett, »muss ich dir wohl beweisen, wie echt ich bin.« Sie umarmte ihn mit aller Kraft, hob den Kopf und küsste ihn.
Zwanzig
L aurel streckte sich wohlig auf ihrem Bett aus und lächelte. Der Tag war einfach wunderschön gewesen – und die Pause hatte ihr sehr gutgetan. Als sie sich mit einem zufriedenen Seufzer auf die andere Seite wälzte, stieß sie mit dem Ellbogen an etwas Spitzes und entdeckte ein quadratisches Stück Pergament, das mit einem Bändchen verziert war. Es kam ihr vertraut vor, und sie fürchtete fast, es wäre eine verfrühte Aufforderung seitens der Akademie, in den Weihnachtsferien zurückzukommen. Sosehr sie den Sommer in Avalon genossen hatte, wollte sie doch nicht den Rest ihrer Highschool-Ferien in der Akademie verbringen. Sie hatte auch ein Leben!
Vorsichtig zog sie an den Enden des Schmuckbändchens und entfaltete das Pergament. Ihre Sorge wich freudiger Erregung.
Du bist herzlich zur Feier von Samhain eingeladen, um das neue Jahr festlich zu begrüßen. Solltest du diese Einladung annehmen, finde dich am Morgen des ersten November am Tor ein.
Festliche Kleidung ist erwünscht.
In die untere Ecke hatte jemand in jungenhafter Schrift noch etwas gekritzelt.
Ich werde dich begleiten. Tam
Das war alles.
Laurel legte einen Finger auf die Unterschrift. Sie sagte so viel aus und gleichzeitig so wenig. Es gab keine Abschiedsformel, kein »Love, Tam« oder »dein Tam«. Nicht mal »viele Grüße, Tam«. Aber er hatte mit Tam unterschrieben und nicht mit Tamani. Möglicherweise hatte er damit gerechnet, dass jemand anders den Brief öffnete. Vielleicht war ihm aber auch aufgefallen, dass sie ihn immer nur Tam nannte, wenn sie sich
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