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Elfenlied

Elfenlied

Titel: Elfenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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aber doch entschieden. Schließlich hatte Gromjan mir die halbe Nacht lang eingeschärft, wie wichtig es für den Klan war, alles im besten Licht erscheinen zu lassen. »Man hat dich belogen. Sie benutzen den Dung nur als Brennmaterial. Im Grunde genommen sind sie recht sauber. Kein Tag vergeht, an dem sie nicht ihre Wäsche waschen und zwischen den Zelten aufhängen.«
    »Ah, man reist also sozusagen zwischen Wäscheleinen.« Er lächelte amüsiert. »Was hat dich dazu bewogen, Gromjans Klan auszuwählen? Die Seinen haben keinen guten Ruf. Ich würde mein Kind nicht mit ihnen ziehen lassen. Haben deine Eltern keine Sorge um dich?«
    »Meine Eltern sind ins Mondlicht gegangen.«
    Er wirkte wirklich berührt. »Das tut mir leid, Ganda. Bitte entschuldige, wenn ich mit meinen dummen Fragen an alte Wunden gerührt habe.«
    »Ich kann ganz gut auf mich aufpassen.« Es war schwer, die Finger vom Essen zu lassen. Aber kein Elf, den ich bisher kennengelernt hatte, hätte jemals kauend gesprochen.
    »Aber ist es nicht gefährlich, so ganz alleine mit einer Bande Lutin zu reisen?«
    »Nein.« Gerne hätte ich irgendetwas Abfälliges über Zita gesagt. Shandral hätte sicherlich die Macht gehabt, ihr einigen Ärger zu bereiten. Aber der Ärger würde alle im Klan treffen. Auch das hatte mir Gromjan immer wieder eingeschärft. »Sie behandeln mich so fürsorglich, als sei ich eines ihrer Kinder.«
    Er lachte kurz. »Lassen sie ihre Kinder nicht hinter den Echsen herlaufen, um unsägliche Dinge einzusammeln?«
    Ich lächelte ebenfalls. »Diesen Teil ihrer Liebe sparen sie bei mir aus.«
    »Du gefällst mir.«
    Seine Worte entfesselten geradezu eine Lawine von damals mir noch unvertrauten Gefühlen.
    Shandral erhob sich, kam mit seinem katzenhaften Gang auf mich zu und ging vor meinem Sessel in die Hocke. Unsere Blicke begegneten sich auf Augenhöhe. Er legte eine Hand auf mein Knie. Sie war warm und weich. »Willst du nicht etwas in Feylanviek verweilen? Für einen Elfen kann es hier sehr einsam sein.«
    Ich dachte gar nicht mehr daran, dass ich nicht wirklich eine Elfe war. Ich wollte schon zustimmen, als mir die abgeschnittenen Hände einfielen. »Unten, in der Halle. Diese …« Das Wort wollte nicht über meine Lippen kommen.
    »Das kleine Arrangement?« Er lächelte. »Hat es dir gefallen ?«
    Das war nicht sein Ernst! Ich sah ihn entgeistert an. Sein Antlitz verriet nicht, ob er scherzte.
    »Was …« Mir fehlten die Worte.
    »Du hast dir die Brücke angesehen. Ich wollte dort eine Schmiede errichten lassen. Aber mein Baumeister war ein Stümper. Und wie Kobolde es gern tun, hat er seinen sämtlichen Brüdern, Vettern und Schwägern eine Arbeit gegeben. Eine Bande von Trotteln! Er hat gebüßt. Ebenso wie alle, die an diesem Abschnitt der Brücke gearbeitet haben. Sieben ungeschickte Kobolde waren genug, um mich in meinem Vorhaben zurückzuwerfen und dazu zu verdammen, noch den ganzen Winter in dieser Wildnis hier zu verbringen. Ich ließ ihnen die Hände abschneiden, damit ihre Ungeschicklichkeit nie wieder einem Elfen ähnliches Ungemach bereiten wird.«
    »Da waren auch Kinderhände …«
    »Natürlich. Du weißt doch gewiss, in welch großer Verantwortung wir Elfen stehen. Wir wachen über das Werk der Alben. Wir beschützen unsere Welt. Manchmal erfordert dies auch ein wenig Grausamkeit. Was glaubst du, wie unsere Welt bald aussehen würde, wenn wir sie den Kobolden überließen? Ein stinkendes Durcheinander! So wie diese Stadt. Hände, die zu ungeschickt sind, um einfachste Arbeiten ordentlich zu verrichten, muss man abschneiden. Und da Tollpatschigkeit sich vererbt, muss man auch die Kinderhände abschneiden. Mehr ist nicht nötig. Kobolde sind nicht gerade für ihre Warmherzigkeit bekannt. Unnütze Esser werden sie nicht lange durchfüttern. Was will man mit einem Mann oder einem Weib ohne Hände? Sie werden dafür sorgen, dass dieser Zweig ihrer Sippe ganz abstirbt.«
    Mir war kalt geworden. Die Speisen, die mir eben noch so gut gemundet hatten, betrachtete ich nun mit Widerwillen. Ich hatte das Gefühl, dass sie mit Blut besudelt waren.
    Shandrals Hand war weiter meinen Schenkel hinaufgerutscht. Er sah mich an, als erwarte er etwas von mir. Als ich nichts sagte, rieb er den Saum meines Kleides zwischen Daumen und Zeigefinger. »Es ist ein wenig klein für dich.«
    Ich schwieg weiterhin und wünschte, ich wäre wieder in der Sicherheit meiner Herde.
    »Ein sehr ungewöhnliches Kleid. Woher hast du es,

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