Elfenlied
peinlich.
Die fremde Anruferin stellte sich als Marja Kettner vor, eine Fotografin und freie Journalistin. Ich stimmte der Anfrage nach einem Interview zu und folgte der Einladung auf eine Burg in der Eifel. Dort erwartete mich die nächste Überraschung. »Wollen wir nicht ein paar Fotos mit einem Wüstenbussard auf der Hand machen? Dann bekommen Sie gleichzeitig ein besseres Gefühl für Greifvögel.«
Das Angebot kam sehr gelegen, da ich neue Fotos brauchte. Also legte ich ein orientalisches Gewand an – als Fantasy-Autor hat man ja stets eine Ausrede, sich jenseits der Alltagsnorm zu kleiden –, streifte einen zerkratzten Handschuh über meine Linke und lernte den Wüstenbussard kennen, der sich nur mit äußerstem Misstrauen auf meiner Hand niederließ.
»Vor ein paar Wochen hat er einem kleineren Falken einfach so den Kopf abgedreht«, meinte Marja – ein Satz, der dafür sorgte, dass das Misstrauen nun keine einseitige Angelegenheit mehr war. Ich werde nie den kalten Blick vergessen, mit dem er meine Nase musterte.
Zähne zusammenbeißen und durch, dachte ich mir. Ein paar Fotos machen wird ja nicht lange dauern.
»Ihr beide seid zu verkrampft. Ich schlage vor, wir gehen jetzt ein bisschen spazieren, Sie halten den Bussard auf der Hand, und wenn Sie sich ganz normal bewegen, dann fange ich an, Fotos zu machen.«
Ich schluckte. Also gut. Ich wollte diese Fotos. Das kurze Shooting wuchs sich eher zu einer Sache von einer guten Stunde aus, aber am Ende behielt Marja recht. Und es entstanden die Fotos, die später in den Innenklappen der Elfenritter-Romane verwendet wurden.
Das Interview war im Vergleich dazu Routine. Ich fuhr nach Hause und wusste, von diesem Tag an würde ich anders über Greifvögel schreiben.
All dies wäre wohl nur eine Episode geblieben, hätte ich Marja nicht wenige Wochen später noch einmal auf dem FeenCon in Bonn getroffen, wo eine Fantasy-Modenschau veranstaltet wurde. An diesem Tag wurde die Idee geboren, einen Bildband zu den Elfenromanen zu gestalten. Nach ersten Fotoshootings im Rheinland entstand der verwegene Plan, nach Island zu reisen, da sich dort Landschaften finden, die meinen Beschreibungen der Snaiwamark und des Fjordlands entsprechen.
So nahm das Abenteuer seinen Lauf, und im Sommer 2007 fand ich mich mit einer ganzen Gruppe Elfenenthusiasten aus dem Verein Elffeast auf einem Wikingerthing in Island wieder. Ich glaube, weiter kann man sich in unserer Welt dem Fjordland kaum annähern. Wir begegneten Gestalten in Fleisch und Blut, die aussahen, als seien sie geradewegs den Zeilen meiner Romane entstiegen. Ich traf einen König Horsa und auch einen Mandred, die meinen Vorstellungen so exakt entsprachen, wie dies eben möglich ist, wenn Fantasy und Wirklichkeit aufeinandertreffen.
Am nächsten Tag wurden Ollowain und Emerelle im Elfengarten an einem Ort porträtiert, der den Isländern als heilig gilt – einem jener verwunschenen Plätze, an dem die Elfen in die Welt der Menschen treten können (siehe Bildteil). Die Isländer nehmen es so ernst damit, dass in ihrem Parlament eine Abgeordnete die Belange der Elfen und Trolle vertritt und Straßen einen anderen Verlauf nehmen, damit kein Ort gestört wird, der den heimlichen Bewohnern des Landes von Bedeutung ist.
Am Anfang der Fotoreihe in diesem Buch steht Alfadas, der tragische erste König des Fjordlands, der aus der Dynastie erwuchs, die auf Jarl Mandred zurückgeht. In ödem Land, vor leuchtend blauem Wasser, scheint er am Ufer des Wolkenspiegelsees aus meinen Romanen zu stehen. Jenem See, an dem sich das Schicksal Ulrics und Halgards erfüllt.
Einige der Fotosettings dienten auch zur Inspiration für künftige Romanszenen. So werden die Schwefelquellen, vor deren Hintergrund Ollowain/Falrach vor Emerelle niederkniet, als das »verbrannte Land« im Roman Elfenkönigin auftauchen. Das verbrannte Land ist eine Region, in der die Drachen ihre letzten Kämpfe mit den Elfen Albenmarks austrugen und die für immer von dieser Auseinandersetzung gezeichnet bleibt.
Dort, wo Alfadas, Ollowain und ein Kundschafter gemeinsam einen kargen Hügel erklimmen, beginnt nach dem Glauben der Isländer das Reich der Trolle, und es ist leicht, in dieser rauen Landschaft einen Spiegel der Snaiwamark zu sehen.
Ein Abenteuer ganz anderer Art waren Fotos mit Tieren, und nicht jeder blieb so entspannt wie Graf Fenryl, wenn er einen Greifvogel auf der Hand sitzen hat.
Zu meinen Lieblingen unter den Fotos gehört Ollowains
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