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Elfenlord

Elfenlord

Titel: Elfenlord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brennan
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Feuer tragen. Ich möchte dich überhaupt nicht mehr bewegen, wenn es nicht sein muss.«
    »Danke«, flüsterte Henry. Obwohl er sich bereits besser fühlte, wollte er dennoch nicht unbedingt wieder bewegt werden.
    »Das Beste«, sagte Lorquin trocken und klang erwachsener, als er aussah, »für dich wäre, noch mehr zu schlafen. Schlaf die Nacht durch, wenn du kannst, lieg einfach ruhig da und ruh dich aus, wenn du kannst. Du musst deine Kräfte schonen   – du wirst sie brauchen.«
    »Warum?«, fragte Henry.
    »Morgen muss ich dein Bein amputieren«, sagte Lorquin.

VIERZIG
    H enry kam wieder zu sich und machte sich sofort Sorgen, obwohl er nicht mehr genau wusste, warum. Es war jetzt Morgen. Das Feuer war zu einem kleinen Haufen glimmender Asche zusammengeschnurrt und in der Luft lag noch die Kühle der Morgendämmerung, aber die Sonne beherrschte bereits den wolkenlosen Himmel und versprach einen neuen brutalen Tag.
    Er lag noch immer an seinen Felsbrocken gelehnt, und jemand hatte ihn mit einer sehr leichten, ledrigen Haut bedeckt, wie von einem riesigen Fledermausflügel. Lorquin. Es war der Junge Lorquin, der ihn gerettet hatte. Er versuchte, sich aufzurichten.
    Lorquin hockte nur wenige Meter entfernt von ihm und beobachtete ihn aufmerksam mit großen, runden Augen. Henry blinzelte. Der Junge war überhaupt nicht schwarz, sondern blau   – Haut, Haar, Augen   –, genau wie die Kreatur, die Henry in seinem Traum gesehen hatte. Nur dass es kein Traum war und auch keine Kreatur. Auch das musste Lorquin gewesen sein. Er war auch nicht ganz nackt: Er trugeinen kleinen Beutel an seiner Hüfte, der mit einem Lederschurz um seine Taille gebunden war.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Lorquin. »Ich habe nicht geglaubt, dass du die Nacht überlebst.«
    Henry richtete sich etwas auf. »Mir geht’s gut«, sagte er mechanisch, dann dachte er nach und sagte: »Ganz in Ordnung. Bisschen wacklig, schwach. Aber mir geht’s ganz gut, glaube ich. Wer hat mich hierhergebracht?«
    »Das war ich«, sagte Lorquin.
    Bei Tageslicht wirkte der Junge noch kleiner und dünner. »Wie denn das?«, fragte Henry.
    »Hab dich getragen«, sagte Lorquin. Er hatte etwas Misstrauisches an sich. Seine Augen wanderten immer wieder rasch umher, um die Umgebung abzusuchen.
    Okaaay
, dachte Henry. Vielleicht gab dieser Junge nur an, vielleicht war er aber auch stärker als er aussah. War auch nicht wirklich wichtig. Wenigstens war er hier   – wo immer
hier
war   – und nicht tot.
    »Wie geht es deinem Bein?«, fragte Lorquin.
    Sofort überschwemmte ihn die Erinnerung.
Ich muss morgen dein Bein amputieren.
Oder hatte er das nur geträumt? Vorsichtig sagte er: »Es ist entzündet.«
    »Und taub?«
    »Ja, taub«, bestätigte Henry.
    »Ein Vaettir hat dich erwischt?« Als Henry nicht gleich antwortete, fügte Lorquin hinzu: »Sah wie ein Vaettirbiss aus.«
    »Weiß ich nicht«, sagte Henry. »War so ein Ding in einer Gruft.«
    »Fahl und dünn und schnell? Fiese Zähne?«
    »Genau.«
    Lorquin nickte. »Das ist ein Vaettir. Sie sind nicht wirklich giftig, aber wenn sie dich beißen, heilt die Wunde meistens nicht ab. Sie entzündet sich und bleibt entzündet, und am Ende bringt sie dich um. Schau es dir besser noch mal an. Zieh deine Hose aus.«
    Henry zögerte, dann dämmerte ihm, dass Scham hier nicht angesagt war, wenn man es mit einem Jungen zu tun hatte, der nackt herumlief. Er schnallte seinen Gürtel auf, während sich Lorquin erhob und in einem seltsamen Gang zu ihm herübersprang. Als Henry vorsichtig seine Hose herunterschob, sah er, dass er wahrscheinlich in größerer Gefahr war, als er gedacht hatte. Das Bein sah grauenvoll aus. Die Schwellung hatte sich bis weit übers Knie und bis zum Oberschenkel ausgebreitet. Sein ganzes Bein war schrecklich verfärbt.
    Lorquin beugte sich darüber und schnüffelte. »Wunde riecht schlecht«, sagte er beiläufig. »Hatte wohl doch recht.«
    Nach einer Pause sagte Henry: »Womit?« Er hatte das unangenehme Gefühl, dass er die Antwort schon kannte.
    Lorquin streckte sich. »Schlimm genug, wenn es im Bein bleibt. Wenn die Entzündung sich in deinen restlichen Körper ausbreitet, lähmt sie deine Innereien. Wenn sie dein Herz lähmt, tötet dich das. Natürlich ist es dir da schon egal.« Er sah Henry an. »Wenn sie sich ausbreitet. Die einzige sichere Heilmethode ist, das Bein abzunehmen.«
    »Auf gar keinen Fall«, sagte Henry.
    »Du musst das ja nicht selbst machen«, sagte Lorquin. »Ich kann

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