Elfennacht 01. Die siebte Tochter
gegriffen.«
Tania blickte ihn nachdenklich an.
»Ich war gerade im Begriff, dich zu heiraten, als ich verschwunden bin, nicht?«
Er zögerte kurz, bevor er erwiderte: »Sprecht nicht davon, Mylady«, sagte er. »Lassen wir die Vergangenheit ruhen.«
»Ich weiß nicht genau, was du damit sagen willst«, sagte Tania. »Aber ich würde gerne darüber reden, wenn das okay für dich ist.« Sie lächelte leicht. »Ich nehme mal an, dass wi r … na ja, uns ziemlich gern hatten.«
»Ihr ward die Liebe meines Lebens«, sagte er.
»Du musst also ziemlich aufgelöst gewesen sein, als ich plötzlich verschwunden war«, sagte sie.
»Das ist wahr«, antwortete er kaum hörbar. »Ich habe Euch all die langen Jahre hindurch gesucht, bis ich Euch endlich gefunden habe.«
»Wie hast du mich eigentlich gefunden?«, fragte Tania. »Hatte das etwas mit dem Schulausflug zum Hampton Court Palace zu tun? Ich habe mich dort die ganze Zeit über sehr seltsam gefühl t – als würde ich den Ort kennen, ohne jemals dort gewesen zu sein. Und als ich hierherkam, fiel mir auf, dass er diesem Palast ähnelt.«
»Führwahr, Mylady. Es gibt Orte, an denen das Elfenreich und die Welt der Sterblichen sich sehr nahe sind.«
»Ja, das hat mir Rathina auch schon erzählt«, sagte Tania. »Hampton Court Palace und dieser Palast sind so eine Stelle. Hast du mich gesehen, auf dem Schulausflug?«
»Nein«, sagte Gabriel, »aber ich habe Eure Gegenwart gespürt.« Er legte eine Hand erst an die Stirn und dann auf die Brust. »Mit dem Geist und mit dem Herzen. Mithilfe der Mystischen Künste habe ich lange nach einen Weg gesucht, einen Abgesandten in die Welt der Sterblichen zu schicken. Ich habe Edric ausgewählt, weil er mir treu ergeben und überaus klug ist, und habe ihn durch das Portal auf die Suche nach Euch gesandt.« Er lächelte. »Und er hat seine Aufgabe erfüllt, Mylady.«
»Ja, allerdings«, sagte Tania trocken. Sie sah ihn nachdenklich an. »Es tut mir leid, wenn ich dir mit dieser Frage zu nahe trete«, sagte sie. »Aber meinst du immer noch, dass wir heiraten sollten?«
Gabriel antwortete nicht sofort. »Ich habe Euch zum Wohle des Königs und des Elfenreichs hierhergebracht«, sagte er. »An mich selbst habe ich dabei nicht gedacht. Ihr habt keine Erinnerung an uns und ich würde Euch nie darum bitten, ein Versprechen einzuhalten, das mir vor fünfhundert Jahren von einer Frau gegeben wurde, die Ihr Euch nicht einmal entsinnt, gewesen zu sein.« Er blickte über ihre Schulter aus dem Fenster.
»Jeden Morgen die Sonne über dem Reich aufgehen zu sehen und des Nachts die Sterne zu bewundern, ist mir Belohnung genug. Mehr wünsche ich nicht.«
»Sag du und Tania zu mir«, sagte sie. »Und erzähl mir mehr von einer Elfenhochzeit. Ich möchte doch zu gerne wissen, wie es ist, wenn ein Adeliger und eine Prinzessin heiraten.«
Gabriel lachte leise. »Gern«, sagte er. »Hast du einen Spiegel, Tania?«
»Ja, dort drüben.«
»Dann komm, ich zeige dir etwas wunderbares.«
Sie ging mit ihm zur Kommode und nahm den Handspiegel.
»Setz dich«, sagte er.
Sie zog sich einen Stuhl heran und nahm Platz. Gabriel stellte sich hinter sie, stützte eine Hand auf die Stuhllehne, beugte sich über sie und strich mit der Hand über den Spiegel. Dabei murmelte er einige Worte, die sie nicht verstand.
»Eine königliche Hochzeit dauert drei Tage und drei Nächte«, erzählte er schließlich. »Sie beginnt mit dem Ritual der Vereinigung der Hände, das im Lichtsaal stattfindet.«
Während er sprach, trübte sich der Spiegel ein. Als sich der Nebel verzog, erblickte Tania einen riesengroßen, hell erleuchteten Saal. Kurz darauf– ohne sich von der Stelle bewegt zu habe n – hielt sie nicht mehr den Spiegel mit dem Bild in der Hand, sondern befand sich selbst in dem großen Saal.
Er hatte eine hohe gewölbte Decke und Wände mit unzähligen hohen Buntglasfenstern, in denen sich das Sonnenlicht brach, sodass der Saal in allen Farben des Regenbogens erstrahlte. Chormusik erklang und in dem Saal befanden sich viele Leute in prunkvollen Kleidern.
Die Menge hatte einen schmalen Gang gelassen, der vor einem Podest endete, auf dem ein großer Kessel auf vier gedrungenen Beinen stand. Die Luft darüber flirrte, als würde darin etwas brodeln. Daneben stand Gabriel, der sehr stattlich aussah.
Hinter dem Kessel saßen Oberon und Titania auf Thronen. Sie trugen zarte Kristallkronen und um ihre Schultern lagen pelzbesetzte weiße Umhänge aus Hermelin
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