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Elfenschwestern

Elfenschwestern

Titel: Elfenschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Köpfe fuhren herum, die Stimmen versiegten – bevor alle wild durcheinanderzureden begannen. Olives und Mary-Anns Begleiter feixten und klatschten sich ab. Olive wurde bleich, Mary-Ann rot. Interessant, dachte Lily, während sie sich durch die nun immer näher aneinanderdrängenden Fey schob. Penelope war sogar zu fasziniert, um ihren Zopf zu zwirbeln, und Emma wirkte so erschrocken, als sei sie selbst unterm Mistelzweig erwischt worden.
    „Küssen, küssen“, skandierte ein Fey. Andere fielen mit ein.
    Rose und Alistair standen genau im Durchgang zu dem Saal, in dem einen Abend vorher das Dinner serviert worden war. Über dem Rahmen der kassettierten Doppeltür hing ein Strauß echter Mistelzweige. Alistair hatte den Kopf in den Nacken gelegt und nahm die Falle in Augenschein, in die er getappt war. Er lachte. Rose lachte nicht.
    Über ihr Gesicht flackerte etwas Ungewohntes. Unbehagen? Nein, Furcht. In diesem Moment wusste Lily mit absoluter Gewissheit, dass ihre Schwester nicht den Earl küssen wollte, während alle Welt zusah.
    Oh Gott, dachte Lily in plötzlichem Begreifen. Es wäre Rose aber egal, wenn Alistair ihr egal wäre. Das heißt, sie macht sich wirklich etwas aus ihm!
    Lily schob David, das letzte Hindernis zwischen sich und Rose, mit ungewohnter Heftigkeit zur Seite, öffnete schon den Mund, um irgendetwas zu sagen, das die Schwester retten könnte – und stoppte sich abrupt selbst.
    Denn Rose hatte sich wieder in der Gewalt. Sie teilte die blutroten Lippen zu einem Lächeln, gleichzeitig hinreißend und spöttisch, und sagte herausfordernd: „Mylord?“
    Alistair sah Rose an. Er kräuselte die Mundwinkel, griff nach ihrer Hand und senkte seinen Kopf in dem Moment, in dem Rose ihm ihr Gesicht entgegenhob.
    Als sich ihre Lippen berührten, zuckte Lily zusammen, in der großen Halle aber brandete Applaus auf.
    Rose und Alistair traten auseinander, sie knickste graziös, er deutete eine Verbeugung an. Die Vorstellung war vorbei.
    Lily holte tief Luft. Sie merkte erst jetzt, dass sie den Atem angehalten hatte.
    „Wärst wohl gerne an ihrer Stelle gewesen, hm?“ David, der hünenhafte junge Mann, den Lily ungewohnt heftig zur Seite gestoßen hatte, bedachte sie mit einem gutmütigen Lächeln.
    Lily, die den Tiger in sich brüllen hörte, hätte David für diesen unbedachten Scherz am liebsten den Hals umgedreht. Und war selbst erschrocken über diese spontan auflodernde Wut in sich. Eigentlich war sie gegen den Duke gerichtet, da war sich Lily sicher. Doch nun drohte sie sich gewittergleich über den Köpfen Unbeteiligter zu entladen.
    Lily machte auf dem Absatz kehrt. Sie steuerte auf die breite Prachttreppe zu, beabsichtigte, sich einen stillen Winkel zu suchen, wo sie sich beruhigen, ihre Wunden lecken und auf Rose warten konnte. Doch eine magere, elegant und gleichzeitig modisch gekleidete Dame, die auf der drittuntersten Treppenstufe stand, machte ihr einen Strich durch die Rechnung.
    „Das ist die falsche Richtung“, sagte sie in frostigem Ton und dem perfektesten Upperclass-English, das Lily je gehört hatte.
    Die Finger schon nach dem Handlauf ausgestreckt, erstarrte Lily. Sie warf einen Blick zurück über die Schulter. Richtig, all die Debütantinnen und ihre Begleiter schlenderten hinter Rose und Alistair her hinüber in den Bankettsaal.
    „Wir studieren die Balleröffnung für heute Abend ein“, erklärte die strenge Dame kühl. „Die Probe für die Vorstellung der Debütantinnen hast du bereits verpasst, wenn ich mich nicht irre. Ich habe dich noch nie gesehen, du bist …?“
    „Lily Fairchild“, antwortete Lily und ließ ihre Hand sinken. Ihre Flucht war vereitelt. Sie würde sich zusammenreißen müssen. Beiß einfach niemanden, ermahnte sie sich. Dann solltest du klarkommen.
    Die hauchdünn gezupften Brauen der Fey verschwanden unter ihrem Pony. „So“, sagte sie gedehnt, „du bist also Grays andere Tochter. Sehr erfreut.“
    Das klang nach einer Lüge, fand Lily. Was die Frau wohl gegen sie hatte? War es, dass Lily ihren Zeitplan nicht eingehalten hatte? Dass sie eine Halbelfe war? Oder schlimmer noch, ein illegitimer Spross einer altehrwürdigen Elfenfamilie?
    „Ich bin Geraldine Clask-Hall. Baronin von Leicesterfield“, stellte sich die Fey ungefähr so hoheitsvoll vor, wie es Lilys Ansicht nach die Queen tun würde. Olives Mutter also, dachte Lily mit sinkendem Herzen. Noch so ein reizendes Geschöpf. Das ist bei denen wohl erblich.
    „Wie schön“, sagte Lily

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