Elfenschwestern
Mister …“
„David Bancroft.“
Lilys Kiefer klappte nach unten. Emma hatte das gesagt. Die kleine Lady Swanscot, einziges Menschenmädchen unter lauter Elfenfräulein, stand zitternd und bebend, mit rotem Kopf im Ballsaal der Yorks und hatte sich behauptet.
In die folgende Stille fiel Geraldine Clask-Halls hartes „Mister Bancroft? Was sagen Sie zu dieser impertinent unhöflichen Einladung?“ wie ein Stein in unbewegtes Wasser.
Der hünenhafte junge Fey mit dem schwarzen Haar und den großen Händen trat vor. Lily erwartete, dass er unbehaglich von einem Fuß auf den anderen treten oder sich bei der Suche nach einer Ausrede räuspern würde. Aber das tat er nicht.
„Ich bin dabei“, erklärte er Olives Mutter. Dann verbeugte er sich in Richtung seiner Partnerin. „Es ist mir sogar ein ausgesprochenes Vergnügen, Emma“, sagte er ernst.
In dem Moment, in dem er „Emma“ sagte, ging eine seltsame Veränderung mit dem kleinen Menschenmädchen vor. Ihr Kopf hob sich und sie sah David voller Stolz entgegen. Dann stellte sie sich an seiner Hand mit den übrigen Debütantinnen auf, während die Baronin von Leicesterfield begann, mit unnötiger Heftigkeit auf den Knöpfen eines tragbaren CD -Spielers herumzudrücken, und barocke Cembaloklänge den Raum füllten.
Der krausköpfige Robert Swanscot drehte sich mit bewegter Miene zu Rose. „Du bist unglaublich“, erklärte er.
Rose seufzte. „Ich weiß“, gab sie zurück.
Eine typische Rose-Antwort, dachte Lily.
Doch dann überraschte ihre Schwester sie, indem sie ganz ohne spöttischen Unterton sagte: „Du aber auch, mein menschlicher Lordling. Sich als schwarzes Schaf immer wieder unter die weißen Hammel zu mischen, erfordert ein ganz schön dickes Fell.“
„Du meinst, viel Wolle“, entgegnete Robert grinsend. „Ja, weißt du, wir Swanscots sind nicht unbedingt die Hellsten.“
„Mut hat eben viele Gesichter“, sagte Rose leichthin. So leichthin, dass Robert nur mit einem erneuten Grinsen reagierte. Lily allerdings fühlte, wie ihr das Herz schwer wurde.
Und dann musste Lily mit Alistair tanzen. Die Lancaster mit dem York, das Mädchen mit dem Mann, der ihre Familie bedrohte und ihr Herz stehlen wollte. Lily biss sich auf die Lippen, hielt die Augen gesenkt und versuchte, sich einfach nur auf die seltsame Schrittfolge zu konzentrieren.
Sie standen in Zweierreihen und führten etwas auf, das Lily entfernt an Menuettfiguren erinnerte, die vor ewigen Zeiten bei Hofe getanzt worden waren. Und das ist wahrscheinlich Absicht, dachte Lily grimmig, als sie an Alistairs Hand drei Schritte vor und zwei Schritte zurück machte und sich dann langsam auf der Stelle drehte. Sie fühlte sich lächerlich, dass sie hier in Jeans und Stiefeln über das Parkett tappte. Den anderen schien es ähnlich zu gehen. Denn auch wenn Geraldine Clask-Hall Befehle bellte, wollte sich das Kichern und Tuscheln nicht legen.
„Lily“, seufzte der Earl schließlich klagend, „du bist grausam. Warum ignorierst du mich?“
„Das hier ist schwierig für mich“, sagte Lily, ohne den Blick von ihren Füßen zu heben.
„Hm. Pass auf, zweiter Versuch: Ich weiß, wer die Pixies geschickt hat.“
„Schön“, sagte Lily feindselig, „ich auch.“
Alistair schwieg einen Moment überrascht. „Und was gedenkst du nun zu tun?“, erkundigte er sich dann leichthin.
„Nichts“, fauchte Lily, „ich habe gerade andere Probleme, herzlichen Dank. Außerdem wollten sie dich vom Pferd werfen, tu du doch was.“
„Okay“, sagte er und blieb so plötzlich stehen, dass sie stolperte. „Und mit anderen Problemen meinst du nicht diese lächerliche Showeinlage hier, oder?“
„Nein.“ Lily konnte nicht weitertanzen, solange er sie festhielt. Sie zerrte vergeblich an ihrer Hand. Weil er sie nicht freiließ, sah sie böse hoch. Und direkt in Alistairs Augen. Immer noch so schwarz und unergründlich wie die Moore um Pipers Corner, dachte Lily. Und ebenso schön. Sie schauderte.
Alistair gab ihrem Handgelenk einen kleinen Ruck und Lily taumelte gegen ihn. Sie atmete einen Hauch von Seide ein, doch darunter lagen Nachtluft und Waldboden, Pferde und Hund, Gerüche der Jagd. Er ist wie ich, erinnerte Lily sich. Er ist gefährlich. Der letzte Gedanke half: Als Alistair ihre Hand an seine Lippen hob, knurrte sie. Leise, aber warnend.
„Wir müssen reden, meine Hübsche“, erklärte Alistair unbeeindruckt, trat aber zurück und fügte sich mühelos wieder in die Reihe der
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