Elfenschwestern
sie sich überschlug.
Die Baronin räusperte sich. „Alistair, nimm bitte deinen Platz ein. Als Sohn unseres Gastgebers stellst du dich am besten in die erste Reihe, genau in die Mitte, würde ich sagen.“
Alistair führte Lily nach vorne. Selbst als sie stehen blieben, ließ er ihre Hand nicht los. Rechts von ihnen hatten sich Olive und Mary-Ann mit ihren stummen Verehrern positioniert. Links kamen Emma und der sandblonde, hübsche Junge, der dann wohl ihr Bruder Robert war. Daneben verschränkte Rose die Arme vor der Brust. Sie war allein.
„Rose“, wisperte Lily.
„Miss Fairchild!“
Lilys Kopf ruckte herum.
Doch die Baronin von Leicesterfield hatte dieses Mal nicht Lily gemeint. Sie marschierte heran und maß Rose mit einem strengen Blick. „Sie haben ja auch noch immer keinen Begleiter“, rügte sie. „Ich dachte, meine Anweisung war klar? Sie müssen einen jungen Mann auswählen.“
Die Ersatzkavaliere bei den Fenstern bewegten sich nervös. Einer stellte sich aufrechter hin, ein anderer richtete eifrig seinen Kragen. Lily musste ein Grinsen unterdrücken. So war das immer: Alles buhlte um die Gunst ihrer Schwester.
Rose hob nur gelangweilt die Achseln. „Ich konnte mich nicht entscheiden.“
„So geht das nicht“, begann Geraldine Clask-Hall. „Sie und Ihre Schwester missverstehen wohl den Ernst der Lage. Es ist ein wichtiger Abend für die jungen Damen der Gesellschaft und alle anderen scheinen das auch begriffen zu haben.“ Sie ließ ihren Blick prüfend über die restlichen Reihen schweifen. „Sehr schön, sehr schön. Das sieht alles sehr zufriedenstellend aus.“ Sie stockte. „Bis auf Sie hier, meine Dame. Ich finde, Sie stehen dort gar nicht gut. Ich möchte Sie bitten, mit Jessica Thornfield den Platz zu tauschen.“
Die Baronin sprach mit Emma.
Emma zuckte zusammen.
Eine böse Vorahnung ergriff Besitz von Lily. „Alistair!“, murmelte sie.
„Ja, meine Hübsche?“, murmelte er zurück.
„Welche ist Jessica?“
Alistair sah sich um. „Letzte Reihe außen.“
Letzte Reihe. Deutlicher hätte es die Baronin nicht machen können. Das war der angemessene Platz für das Menschenmädchen und seinen Bruder. Dort hinten würden sie nicht das Bild stören.
Ein leises Knurren entrang sich Lily.
Alistair warf ihr einen neugierigen Blick zu. Dasselbe tat Rose. Sie kriegte diese zwei steilen Falten über der Nase, als sie erst ihre Schwester anschaute. Und dann Emma. Und dann wieder Lily.
Lily holte tief Luft. Selbst mit Fäusteballen und Zähnezusammenbeißen ließ sich ihre Wut nicht mehr unterdrücken. Beherrschen jedoch würde Lily sie. „Ich finde, Emma steht hier ganz hervorragend“, sagte sie laut, aber kontrolliert.
Stille folgte auf ihren Einwurf.
„Was haben Sie gesagt?“, fragte dann die Baronin durch schmale Lippen.
„Sie haben meine Schwester doch gehört“, antwortete Rose an Lilys statt. „Sie findet, dass sich solch ein zuckersüßes Geschöpf wie unsere Emma ganz großartig in der ersten Reihe macht. Ich finde das auch. Ihr Begleiter gefällt mir übrigens ebenfalls ausnehmend gut.“ Rose fixierte erst Robert, dann das Menschenmädchen. „Trittst du ihn mir ab, Emma? Es ist ja wirklich reizend von dir, dass du dein Bruderherz ausführen willst, damit er sich nicht ausgeschlossen fühlt an diesem wichtigen Tag, aber wenn du dich für jemand anderen erwärmen könntest, wäre ich überglücklich.“
Man hätte eine Nadel fallen hören, so still war es im Saal.
Emma wurde puterrot und schlug die Augen nieder.
Ihr Bruder blinzelte irritiert. Er schien sich noch nicht entscheiden zu können, ob Rose nun Freund oder Feind war.
Lily wusste es auch nicht. Doch sie entschied sich, auf Rose zu vertrauen.
„Also?“, fragte Rose in lockerem Konversationston. „Welcher soll es sein, liebe Emma? Nun komm schon, so eine Wahl hat man nicht alle Tage. Es stehen doch durchaus ansehnliche Exemplare zur Verfügung.“ Und sie schenkte den noch immer an der Fensterfront wartenden jungen Männern einen solchen Glutblick, dass einige von ihnen sichtlich unruhig wurden und einer tatsächlich an der Wand Halt suchten musste.
Lily hörte Alistair leise lachen.
„Das reicht jetzt!“, schnappte Geraldine Clask-Hall. „Was für ein Theater. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit für solch läppische Entscheidungen. Wenn Miss Fairchild und Lady Emma sich nicht in der Lage sehen, einen Begleiter auszuwählen, werde ich das für sie erledigen. Treten Sie bitte vor,
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