Elfenstern
Angst.«
»Er hatte Angst? Um so besser fürs
Geschäft,
Schwesterlein«, entgegnete Roland wenig beeindruckt.
Nach einem hastigen Blick durch den Schankraum
beugte Rega sich vor. »Nenn mich nicht
›Schwesterlein‹. Bald sind wir mit
diesem Elf unterwegs, und ein einziger Versprecher könnte
alles ruinieren!«
»Tut mir leid, geliebtes Weib.« Roland
trank den
letzten Schluck Dünnbier und schüttelte bedauernd den
Kopf, als das Mädchen in
seine Richtung blickte. Mit soviel Geld am Leib, mußte er
wenigstens halbwegs
klaren Kopf bewahren. »Also planen die Zwerge einen
Überfall auf irgendeine
Menschensiedlung. Vermutlich eine Niederlassung der Seekönige.
Ich frage mich,
ob wir unsere nächste Ladung ihnen anbieten sollten.«
»Du glaubst nicht, daß die Zwerge Thillia
angreifen wollen?«
»Und wer hat jetzt plötzlich
Gewissensbisse? Was
interessiert das uns? Wenn die Zwerge Thillia nicht angreifen, tun es
die
Seekönige. Und wenn die nicht, wird Thillia mit sich selbst
Krieg führen. Wie
auch immer, das Geschäft blüht.«
Nachdem sie eine Handvoll Kronen aus Holz auf
den Tisch gelegt hatten, verließen die beiden das Gasthaus.
Roland ging voran,
eine Hand am Griff des Klingenholzschwerts. Rega folgte in ein bis zwei
Schritt
Abstand, um ihm den Rücken zu decken. Sie waren ein
beeindruckendes Paar und
lebten lange genug in Griffith, um sich den Ruf erworben zu haben,
hart,
schnell und nicht eben pingelig zu sein. Einige Passanten warfen ihnen
forschende Blicke zu, aber niemand belästigte sie. Die beiden
erreichten
mitsamt ihrem Geld unbeschadet die Hütte, die sie ihr Heim
nannten.
Rega schloß die schwere Holztür und
verriegelte
sie sorgfältig. Nach einem Blick hinaus zog sie die Lumpen
vor, die als
Gardinen herhalten mußten, und nickte Roland zu. Er nahm
einen dreibeinigen
Holztisch und stellte ihn gegen die Tür. Unter einem
Flickenteppich kam eine
Falltür zum Vorschein und darunter ein in den Moosboden
gegrabenes Loch. Roland
warf den Geldgürtel hinein, schlug die Falltür zu,
legte den Teppich darüber
und stellte den Tisch wieder an seinen Platz.
Rega brachte einen Kanten altes Brot und einen
Laib muffigen Käse. »Apropos Geschäft, was
weißt du über diesen Elf, diesen
Paithan Quindiniar?«
Roland biß mit starken Zähnen ein
Stück Brot ab
und schob sich einen Happen Käse in den Mund.
»Nichts«, brummte er kauend. »Er
ist ein Elf, also ein Schlappschwanz, außer was dich
betrifft, mein
bezauberndes Schwesterlein.«
»Ich bin dein bezauberndes Weib. Vergiß
das
nicht.« Rega klopfte ihrem Bruder spielerisch mit einer der
hölzernen Klingen
ihres Raztar auf die Hand. Dann legte sie die Waffe beiseite und
schnitt sich
eine Scheibe Käse ab. »Glaubst du wirklich,
daß es funktioniert?«
»Selbstverständlich. Der Knabe, der mir
davon
erzählt hat, sagt, daß der Trick immer klappt. Du
weißt, daß Elfen verrückt
sind nach Menschenfrauen. Wir stellen uns vor als Mann und Frau, aber
unsere
Ehe ist nicht mehr die beste. Du sehnst dich nach Liebe. Du
schäkerst mit dem
Elf und forderst ihn heraus, und wenn er eine Hand auf deine Brust
legt,
erinnerst du dich plötzlich daran, daß du eine
anständige, verheiratete Frau bist,
und schreist lauthals um Hilfe.
Ich erscheine als Retter und drohe, dem Elf die
spitzen … hm … Ohren abzuschneiden. Er zieht sich
aus der Schlinge, indem er
uns die Waren für den halben Preis läßt.
Wir verkaufen an die Zwerge für den
vollen Preis, plus einen kleinen Aufschlag für unsere
Mühe, und sind für die
nächsten paar Quintale saniert.«
»Aber wir wollten auch in Zukunft mit der
Quindiniar-Familie Geschäfte machen …«
»Warum auch nicht. Ich habe gehört, dieser
weibliche Elf, der im Geschäft und in der
Familie das Sagen hat, soll
eine sauertöpfische, prüde Jungfer sein. Der kleine
Bruder traut sich bestimmt
nicht, seiner Schwester zu beichten, daß er unser
›trautes Glück‹ zerstören
wollte. Und wir können dafür sorgen, daß er
uns auch das nächstemal einen
besonders günstigen Preis macht.«
»Jedenfalls klingt alles ganz einfach«,
gab Rega
zu. Sie griff nach dem Weinschlauch, ließ die
Flüssigkeit in den Mund rinnen
und gab den Schlauch an ihren Bruder weiter. »Auf den
wonnigen Stand der Ehe,
mein liebster Gemahl!«
»Auf den Ehebruch, geliebtes Weib!«
Sie lachten beide und tranken.
Drugar trat aus der
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