Elfenstern
Fackel in der Hand.
»Ist das besser, Menschenfrau?«
»Nein, nicht viel«, antwortete Rega. Sie
richtete sich auf und hielt furchtsam Umschau. »Jetzt kommt
mir die Dunkelheit
noch dunkler vor. Ich finde es scheußlich hier unten! Ich
halte es nicht aus!«
»Dann möchtest du wieder nach
oben?« Drugar wies
mit dem Finger in die Höhe.
Rega erbleichte und riß die Augen auf.
»Nein«,
flüsterte sie und rückte dicht an Paithan heran.
Der Elf machte Anstalten, tröstend den Arm um
sie zu legen, als sein Blick auf Roland fiel. Mit rotem Gesicht erhob
sich der
Elf und ging beiseite. Rega schaute ihm nach.
»Paithan?«
Er drehte sich nicht um. Rega vergrub das
Gesicht in den Händen und schluchzte bitterlich.
Roland war unschlüssig, wie er sich verhalten
sollte. Als ihr ›Ehemann‹ erwartete man wohl von
ihm, daß er Rega tröstete,
doch ein Gefühl sagte ihm, damit würde er alles noch
verschlimmern. Außerdem
konnte er selbst Trost brauchen. Er schaute an sich hinunter und
entdeckte im
Fackelschein rote Flecken auf seiner Kleidung – Blut, Anders
Blut.
»Erde«, wiederholte Paithan.
»Boden. Ihr meint,
wir befinden uns tatsächlich auf dem Grund?«
»Wo sind wir?« mischte Roland sich
ein.
»Wir befinden uns an einer K’tark. In
deiner
Sprache würde man Wegkreuzung sagen«,
erklärte Drugar. »Mehrere Tunnel münden
hier. Wir benutzen sie als Treffpunkte und Vorratslager.« Er
deutete auf mehrere
schemenhaft erkennbare Gegenstände. »Dort sind
Proviant und Wasser. Bedient
euch.«
»Ich habe keinen großen Hunger«,
murmelte Roland
und rieb verbissen an den Blutflecken auf seinem Hemd. »Aber
Wasser hätte ich
gerne.«
»Ja, Wasser!« Rega hob den Kopf, auf ihren
Wangen glitzerten Tränen.
»Ich hole welches«, erbot sich der Elf.
Die schemenhaften Gegenstände entpuppten sich
als Holzfässer. Der Elf nahm von einem den Deckel ab, schaute
hinein und roch.
»Wasser«, verkündete er. Er tauchte die
Kelle ein und brachte sie Rega.
»Trink das«, sagte er leise und legte ihr
die
Hand auf die Schulter.
Rega umfaßte die Kelle mit beiden Händen
und
trank durstig. Ihr Blick hing an dem Elf, der seine an ihr. Roland, der
die
Szene beobachtete, spürte einen bitteren Geschmack im Mund.
Ich habe mich
geirrt. Die beiden mögen sich, sogar sehr. Und das war nicht
vorgesehen. Es ist
mir egal, wenn Rega einen Elf verführt, aber ich will verdammt
sein, wenn ich
zulasse, daß sie sich in einen verliebt.
»He«, sagte er, »ich
könnte auch einen Schluck
vertragen.«
Paithan stand auf, nahm den Schöpfer, den Rega
ihm mit einem schwachen Lächeln reichte, und ging zum
Wasserfaß. Rega warf
Roland einen bösen, durchdringenden Blick zu, den Roland mit
gerunzelter Stirn
erwiderte. Rega warf die dunkle Haarmähne über die
Schulter zurück.
»Ich hab’s satt!« sagte sie.
»Ich will hier
raus!«
»Selbstverständlich«, entgegnete
Drugar. »Wie
ich schon sagte, dort ist der Tunnel, der nach oben führt. Sie
warten auf
dich.«
Rega erschauerte. Sie unterdrückte einen
Aufschrei und barg den Kopf in den verschränkten Armen.
»Es gibt keinen Grund, so grob mit ihr
umzuspringen, Zwerg. Das war ein ziemlich unangenehmes Erlebnis da
oben! Und
wenn Ihr mich fragt« – Paithan musterte ihre
Umgebung mit grimmigen -Blicken –
»hier unten sieht es nicht viel erfreulicher aus.«
»Der Elf hat nicht unrecht«, warf Roland
ein.
»Du hast uns das Leben gerettet. Warum?«
Drugar betastete die hölzerne Axt, die in seinem
breiten Gürtel steckte. »Wo sind die
Kehlbogen?«
»Wie ich’s mir gedacht habe.«
Roland nickte.
»Nun, wenn das für dich der Grund war, uns zu
retten, hast du deine Zeit
verschwendet. Du wirst diese Kreaturen danach fragen müssen.
Aber vielleicht
hast du das schon getan! Der Seekönig hat mir
erzählt, daß ihr diese Ungeheuer
anbetet. Er sagte, du und dein Volk, ihr hättet vor, mit den
Tytanen gemeinsame
Sache zu machen und euch die Menschenhändler in die Tasche zu
stecken. Stimmt
das, Drugar? Wolltest du deshalb die Waffen haben?«
Rega hob den Kopf und starrte den Zwerg an.
Paithan betrachtete Drugar über den Rand der Kelle hinweg,
während er trank.
Roland hatte eine ungute Vorahnung. Ihm behagte weder das Glitzern in
den
dunklen Augen des Zwergs noch das frostige Lächeln auf den
bärtigen Lippen.
»Mein Volk …«, sagte Drugar
leise, »mein Volk
ist nicht mehr.«
»Was? Red kein
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