Elfenstern
einmal über den
Weg zu laufen. Ich denke daran, für immer hier unten zu
bleiben. Man gewöhnt sich
dran.«
»Was wird aus Euren Landsleuten?«
»Was um Himmels willen könnte ich tun, um
ihnen
zu helfen?«
»Ihr könntet sie warnen
…«
»Wie ich diese Ungeheuer einschätze,
käme ich
viel zu spät. Sollen die Ritter sich mit ihnen herumschlagen.
Das ist ihr Beruf.«
»Ihr seid ein Feigling. Jemand wie Ihr ist gar
nicht gut genug für …« Paithan merkte,
daß er sich um ein Haar verraten hätte
und schwieg.
Roland beendete den Satz für ihn. »Nicht
gut
genug für wen? Meine Frau? Rega mit dem goldenen
Herzen?«
»Hört auf, in diesem Ton von ihr zu
sprechen!«
»Ich kann über sie sprechen, wie es mir
paßt!
Sie ist meine Frau, oder habt Ihr diese unbedeutende Tatsache
vergessen? Bei
Orn, ich glaube, Ihr habt sie vergessen!«
Roland steigerte sich immer mehr in seine Rolle
hinein. Die gespielte Entrüstung, die Drohungen dienten ihm
als Maske, hinter
der er vor sich und den anderen verbergen konnte, wie es
tatsächlich in ihm
aussah. Er prahlte gerne damit, was für ein gefahrvolles Leben
er führte, aber
das war maßlos übertrieben. Einmal wäre er
bei einer Kneipenprügelei fast
erstochen worden, ein anders Mal hatte ein wütender Eber ihn
übel zugerichtet.
Bei einer Meinungsverschiedenheit über den
Freihandel mußten Rega und er sich gegen allzu handfeste
Argumente anderer
Schmuggler zur Wehr setzen. Stark und gerissen, war Roland aus diesen
Abenteuern bis auf ein paar Schrammen und blaue Flecke unbeschadet
hervorgegangen.
Im Kampf mutig zu sein ist leicht – man erlebt
die Gefahr wie im Rausch. An einen Baum gebunden, besudelt mit dem Blut
des
ermordeten Nebenmannes, ist es ungleich schwerer, Mut zu beweisen.
Roland hatte das grauenhafte Erlebnis zutiefst
erschüttert. Sobald er die Augen schloß, sah er die
blutige Szene wieder vor sich;
die Erinnerung daran verfolgte ihn. Er gewöhnte sich nicht nur
an die
Dunkelheit, sie erschien ihm wie ein Segen, denn niemand konnte sehen,
wie er
zitterte. Mehrmals ertappte er sich dabei, wie er mit einem Schrei auf
den
Lippen aus dem Schlaf emporschreckte.
Der Gedanke, den Schutz der unterirdischen Gänge
zu verlassen und sich diesen Ungeheuern zu stellen, war mehr, als er
ertragen
konnte. Roland klammerte sich an die einzige Sache, die ihm Sicherheit
zu
bieten schien: Geld.
Nach der Heimsuchung durch die Tytanen würde die
Welt dort oben nie wieder dieselbe sein: Städte
zerstört, die Bevölkerung tot.
Den Überlebenden gehörte alles, besonders, wenn sie
Geld hatten – Elfengeld.
Der Gewinn, den er aus dem Waffengeschäft zu
erzielen gehofft hatte, war verloren, doch ihm blieb immer noch der
Elf. Roland
glaubte, ziemlich genau über Paithans wahre Gefühle
für Rega Bescheid zu wissen.
Er hatte vor, den Elf anzuzapfen und bis zur letzten Münze
auszuquetschen.
»Ich hab’ dich im Auge, Quin.
Laß die Finger von
meiner Frau, oder du wirst dir wünschen, die Tytanen
hätten dir auch den Kopf
eingeschlagen, wie dem armen Andor.« Ein Zittern schlich sich
in Rolands
Stimme, davon hatte er nicht anfangen wollen. Es war dunkel, der Elf
konnte
nichts sehen. Vielleicht glaubte er, der gerechte Zorn hätte
ihm die Sprache
verschlagen.
»Ihr seid ein Feigling und ein
Rüpel«, sagte
Paithan mit zusammengebissenen Zähnen. Er mußte sich
beherrschen, um dem
widerlichen Patron nicht an die Gurgel zu springen. »Rega ist
zehn von Eurer
Sorte wert! Ich …« Er war zu wütend, um
weiterzusprechen. Vielleicht fürchtete
er, daß ihm in der Aufregung etwas entschlüpfte, was
er später bereute. Roland
hörte, wie der Elf sich entfernte und an der
gegenüberliegenden Tunnelwand zu
Boden fallen ließ.
Wenn ihn das nicht dazu bringt, ernst zu machen,
dann weiß ich auch nicht. Roland starrte in die Dunkelheit
und dachte verbissen
an Geld.
Ein Stück entfernt von ihrem Bruder und dem Elf,
lag Rega ganz still, stellte sich schlafend und schluckte die
Tränen hinunter.
»Hier ist der Tunnel zu Ende«,
verkündete
Drugar.
»Wo ist ›hier‹?«
fragte Paithan.
»Wir befinden uns an der Grenze nach Thillia, in
der Nähe von Griffith.«
»So weit sind wir gekommen?«
»Der Weg durch die Tunnel ist kürzer und
leichter als der in der Oberwelt. Wir bewegten uns in einer graden
Linie und
waren nicht gezwungen, den Windungen der Dschungelpfade zu
folgen.«
»Einer
Weitere Kostenlose Bücher