Elfenstern
Runen
auf ihrer Haut. Deshalb erfolgte der Angriff nicht
überraschend.
Eine große, zottige Gestalt schnellte sich aus
dem Gebüsch, sprang Haplo an und versuchte, ihn mit einem
raschen Biß in den
Hals zu töten. Haplo ergriff die mit langem Fell bewachsenen
Arme, beugte sich
ruckartig nach vorn und schleuderte den Angreifer über den
Kopf. Der
Wolfsmensch stürzte zu Boden, doch hatte er sich herumgeworfen
und war auf den
Beinen, bevor Haplo ihn mit dem Speer durchbohren konnte. Die
brennenden,
gelben Augen hefteten sich auf seine Kehle. Das Wesen sprang wieder auf
ihn zu
und begrub ihn unter sich. Während er im Fallen nach seinem
Dolch griff, sah
Haplo aus den Augenwinkeln den blauen Schimmer, der die Frau
einhüllte. Eine
der Kreaturen stürzte sich auf sie, knisternd entlud sich die
magische Aura,
und dann versperrte ihm ein haariger Körper die Sicht, der ihn
mit Zähnen und
Klauen in Stücke reißen wollte.
Die Kiefer des Wolfsmenschen schnappten nach
seinem Hals, doch die Runen schützten ihn, und das Wesen
knurrte gereizt. Haplo
stach mit dem Dolch auf den über ihm liegenden Körper
ein, hörte das
schmerzerfüllte Grunzen und sah das zornige Funkeln der gelben
Augen.
Wolfsmenschen haben eine dicke Haut und sind schwer zu töten.
Haplo hatte kaum
mehr getan, als die Bestie wütend zu machen. Jetzt hatte sie
es auf sein
Gesicht abgesehen, die einzige Stelle seines Körpers, die
nicht von Runen
geschützt wurde.
Haplo schützte sich mit dem rechten Arm,
versuchte das Wesen abzuwehren und stieß wieder und wieder
mit dem Dolch zu.
Die Krallenhand der Bestie umklammerte seinen Kopf. Eine Drehung
genügte, um
ihm das Genick zu brechen.
Die Krallen zogen tiefe Furchen durch sein
Gesicht. Plötzlich versteifte sich der haarige Leib, das Wesen
stieß einen
gurgelnden Schrei aus und sank über ihm zusammen. Haplo schob
den Leichnam von
sich herunter und sah die Frau vor sich stehen. Der blaue Schimmer der
Runen
verblaßte. Ihr Speer ragte aus dem Rücken des
Wolfsmenschen. Sie reichte Haplo
die Hand und zog ihn auf die Füße. Er dankte ihr
nicht für die Hilfe, und sie
erwartete auch keinen Dank. Bald würde er seine Schuld
begleichen. So war das
Leben … im Labyrinth.
»Nur zwei«, sagte er und schaute auf die
Leichen
hinab.
Seine Gefährtin riß den Speer aus dem Leib
der
Bestie und vergewisserte sich, daß er keinen Schaden genommen
hatte. Der
verkrümmte Körper des zweiten Wolfsmenschen schwelte
immer noch. Sie hatte Zeit
gehabt, mit Hilfe der Runen Elektrizität zu erzeugen und ihn
zu töten.
»Kundschafter«, meinte sie. »Ein
Rudel auf der
Jagd.« Sie schüttelte sich das kastanienbraune Haar
aus dem Gesicht. »Sie werden
es auf die Siedler abgesehen haben.«
»Ja.« Haplo schaute den Weg
zurück, den sie
gekommen waren.
Wolfsmenschen jagten in Rudeln von dreißig,
vierzig Stück. Es waren fünfzehn Siedler,
fünf davon Kinder.
»Sie haben keine Chance.« Es war eine
gleichgültig
hingeworfene Bemerkung. Haplo wischte das Blut von seinem Dolch.
»Wir könnten umkehren und ihnen
beistehen«,
schlug seine Gefährtin vor.
»Wozu? Wir würden mit ihnen sterben, das
weißt
du.«
In der Ferne ertönten heisere Warnrufe –
die
Siedler machten sich gegenseitig auf die Gefahr aufmerksam. Dazwischen
hörte
man die helleren Stimmen der Frauen, die die Runen sangen. Und
darüber erhob
sich das schrille Weinen eines Kindes.
Ein Schatten flog über das Gesicht der Frau. Sie
blickte unentschlossen in die Richtung des Dorfes.
»Komm schon«, drängte Haplo und
steckte den
Dolch in den Gürtel. »Vielleicht sind noch mehr von
ihnen hier in der Gegend.«
»Nein. Sie helfen alle mit, die Beute zu
reißen.« Das Weinen des Kindes steigerte sich zu
entsetztem Geschrei.
»Es sind die Sartan«, sagte Haplo mit
harter
Stimme. »Sie haben uns zu dieser Existenz verdammt. Sie
tragen die
Verantwortung für all das Böse, das hier
geschieht.«
Seine Gefährtin schaute ihn an, in ihren braunen
Augen tanzten goldene Lichtpunkte. »Manchmal habe ich
Zweifel. Vielleicht ist
das Böse in uns.«
Sie umklammerte den Speerschaft und setzte sich
in Bewegung. Haplo blieb stehen und sah ihr nach. Sie schlug einen
anderen Weg
ein als den, auf dem sie gekommen waren. Er konnte hören, wie
der Kampfeslärm
abebbte.
Das klägliche Schreien verstummte abrupt.
»Trägst du mein Kind?« rief Haplo ihr
nach. Falls die Frau ihn
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