Elfensturm (Mithgar 04)
Dunkelheit am Waldrand.
Als ein weiteres Beben das Land erschütterte, wandte Aravan sich an die Versammlung. »Seht Ihr denn nicht, dass Durlok bereits in Eure Domäne eingedrungen ist? Dieses Beben ist sein Werk. Es kündigt etwas Schlimmes an, dessen könnt Ihr gewiss sein.«
»Vielleicht«, erwiderte eine Stimme aus dem Schatten, »aber was es auch ist, es ist gegen die Magier gerichtet und nicht gegen Darda Glain.«
Jinnarin hieb mit der Faust in den Sand. »Es hat keinen Sinn, Aravan. Wir haben uns den Mund fusselig geredet. Die Liv Volls, Vred Tres, Sukke Steins – von denen kommt keiner, weil es zu lange dauern würde, sagen sie. Die Sprygt verlassen ihre Bäume nicht, die Tomté bleiben bei den Hügeln, und die Ande sagen, dass sie mit den Lichtungen verbunden sind. Und die anderen haben erst gar nicht zugehört.«
»Was ist mit Euresgleichen, mit den Fuchsreitern?«
Jinnarin wedelte mit der Hand. »Ein paar sind gekommen, um sich das Schiff anzusehen und den Freund, der Tarquin gerettet hat, mehr nicht.«
»Sie wollen nicht mitkommen?«
»Genau, Aravan, sie wollen einfach nicht mitkommen«, fügte Farrix hinzu.
»Wir verlassen Darda Glain nicht«, flüsterte eine weitere Stimme aus dem Schatten.
Aravan blieb eine Weile stumm auf den Knien. Dann wandte er sich an die Schatten. »Wir kehren jetzt auf die Brotan zurück. Bei Morgengrauen segeln wir nach Kairn. Sollte es einen Sinneswandel bei einem oder mehreren von Euch geben, entzündet ein Feuer am Ufer, ehe wir das offene Meer erreichen, dann holen wir Euch ab. Und das gilt auch für Euren gewaltigen Freund, der am Waldrand steht, und jeden anderen Verborgenen.«
Aravan ließ Jinnarin und Farrix zurück, damit sie sich verabschieden konnten, setzte sich ins Boot und wartete. Augenblicke später folgten die beiden Fuchsreiter. Rhu und Rux sprangen ins Boot, Aravan hob Jinnarin und Farrix hinein und setzte sie in den Bug, und Jinnarin lehnte den Kopf an Farrix’ Schulter und weinte.
Der Elf wollte das Boot gerade ins Wasser schieben, als ein Ruf aus dem Wald ertönte und ein Trupp Pysk angeritten kam, insgesamt zehn, Männer wie Frauen. Jinnarin und Farrix sprangen auf und sahen zu, wie die Fuchsreiter näher kamen, und Jinnarin wischte sich die Tränen aus den Augen. In Leder gekleidet und mit Pfeil und Bogen bewaffnet, ritt der Trupp auf seinen Rotfüchsen durch den Sand bis zum Beiboot, wo sie anhielten.
Die Führung hatte eine rothaarige Frau, und sie setzte sich vor Aravan und betrachtete den Elf einen Augenblick. Anscheinend bestand er die Prüfung, und sie richtete den Blick aus ihren braunen Augen auf Jinnarin. »Wir sind gekommen, um uns Euch anzuschließen.«
Die Miene auf Jinnarins tränenüberströmtem Gesicht heiterte sich ein wenig auf. »Ach, Anthera, wir sind ja so froh, dass Ihr Eure Meinung geändert habt… Ihr alle!«
Wieder wanderte Antheras Blick zum Elf und dann zurück zu Jinnarin. »Wir haben uns lange beraten, bevor wir uns entschieden haben. Hätte ein anderer als Ihr und Farrix zu uns gesprochen, wären wir nicht gekommen.«
Das Land bebte erneut.
»Ihr habt wohl daran getan, zu kommen, Lady Anthera«, sagte Aravan, »denn Rwn insgesamt ist in Gefahr.«
Anthera schüttelte den Kopf. »Oh, wir glauben nicht, dass die Insel – oder auch nur Darda Glain – in irgendeiner Gefahr schwebt. O nein. Vielmehr seht Ihr einen Trupp Krieger vor Euch. Wir sind gekommen, um uns gegen den Magier zu wenden, der einen von uns gefangen genommen hat. Nie wieder werden wir zulassen, dass die Gefangennahme und das Töten Verborgener allgemein üblich wird. Nie wieder!«
Hinter ihr hoben die Pysk ihre Bögen und riefen laut: Nie wieder!
Bei seiner Rückkehr zur Eroean war Aravans Ruderboot voller Füchse.
Der Morgen graute, und immer noch rührte sich kein Lüftchen, sodass die Seide schlaff herabhing. Außerdem wurde kein Feuer an dem schmalen Strand entzündet. Eine schlanke Mondsichel näherte sich der brennenden Sonne. Es war der elfte Augusttag, und der morgige Tag würde die Große Hochzeit bringen.
Wie ein eingesperrtes Raubtier tigerte Aravan auf Deck hin und her. Und kurz vor dem Mittag befahl er Jatu, die Ruderboote zu Wasser zu lassen. »Wir schleppen das Schiff aufs offene Meer, vielleicht weht dort eine Brise.«
Die Boote wurden zu Wasser gelassen und die Schleppleinen befestigt, und die Zwergenkrieger begannen zu rudern und stimmten dabei ihre Kriegsgesänge an. Langsam glitten sie durch die Bucht und dem
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