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Elfensturm (Mithgar 04)

Elfensturm (Mithgar 04)

Titel: Elfensturm (Mithgar 04) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis L. McKiernan
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kann aus heiterem Himmel ein Sturm aufziehen. Aber das Schiff segelte im Herbst, und da sind unverhoffte Stürme am wahrscheinlichsten. Der Käpt’n hatte den Passagier davor gewarnt und ihm gesagt, er möge in seine Kabine gehen und dort bleiben und auf keinen Fall an Deck kommen, sollte es einen Sturm geben, weil er sonst wahrscheinlich über Bord gespült würde.
    Sie segelten aus ihrem Heimathafen Alkabar in Hyree los und nach Südwesten, bis sie eines Tages die Gewässer um das Silberne Kap erreichten. Eine ganze Woche lang blieb alles ruhig, während das Schiff gegen den Polarwind ankreuzte, der dort am Ende der Welt kreist.
    Doch kurz vor der Ausfahrt aus der Meerenge kam ein gewaltiger Sturm auf – große Brecher schlugen über dem Schiff zusammen und zerrten es hierhin und dorthin und auf und ab und vorwärts und rückwärts.
    Der Passagier schrie um Hilfe und flehte, dass ihn jemand retten möge. Doch als etwas Meerwasser unter seiner Tür durchgespült wurde und er die Tür aufriss und Wellen durch den Gang vor seiner Kabine schwappen sah, ja, da dachte er, das Schiff würde sinken, der Dummkopf. Und so missachtete er den Befehl des Käpt’ns und rannte auf das Deck und zu den Beibooten – ha! Als könnte ein winziges Beiboot so einen Sturm überstehen.
    Kaum war er oben, als auch schon ein gewaltiger Brecher über das Schiff rollte, und als der Brecher verschwand, da war auch der Passagier verschwunden.
    Der Käpt’n konnte nichts daran ändern, und als der Sturm sich zwei Tage später legte, konnte er nur noch nach Alkabar zurückkehren.
    Die Zauberin war wie von Sinnen, als sie hörte, ihr einziger Sohn sei über Bord gegangen, und sie verfluchte das Schiff und die gesamte Besatzung, ihren Sohn zu finden oder ewig auf dem Meer zu segeln. Und deswegen, Lady Jinnarin, ist die Graue Lady ein Geisterschiff, das ohne Unterlass durch die Nacht segelt und in unheimliches grünes Licht getaucht ist.
    Aber das Schlimmste kommt noch. Es heißt, die Graue Lady segelt umher und versucht, ihren verschollenen Passagier zu finden, und dabei ruft der Käpt’n immerzu den Namen des Verschollenen über das Meer. Und es heißt, wenn man diesen Namen hört und versteht, findet man sich plötzlich gefangen an Bord der Grauen Lady wieder und muss selbst bis ans Ende aller Tage auf ihr segeln.«
    Boder verstummte und drehte das Rad erneut.
    »Glaubt Ihr diese Geschichte, Boder?«, fragte Jinnarin. »Hat je irgendjemand diese Graue Lady gesehen?«
    Boder sah die Pysk an. »Jene, die es mir erzählt haben, Lady Jinnarin, schwören, dass es stimmt, obwohl man es ihnen schon vor langer Zeit erzählt hat.«
    »Ihr meint, es wird von Seemann zu Seemann weitergegeben?«
    Boder nickte.
    »Und niemand, den Ihr kennt, hat das Geisterschiff je gesehen?«
    »Nein. Obwohl die Fakten auch von keinem, den ich kenne, bezweifelt werden, Lady Jinnarin.«
    »Hm«, murmelte Jinnarin und flüsterte dann Rux zu: »Für mich hört sich das nach Seemannsgarn an, Rux. Was meinst du?«
    Rux drehte den Kopf zu seiner Herrin und leckte ihr einmal über das Gesicht, behielt aber ansonsten jegliche Meinung, die er hinsichtlich der Geschichte haben mochte, für sich.
     
    Die Eroean segelte in südöstlicher Richtung, und der Wind blies stetig von schräg achtern, bis sie sieben Tage später die Kalmen der Krabbe erreichte. Der Wind wurde schwächer und drehte ein wenig nach backbord, aber er kam nie ganz zum Erliegen, und so segelte das Elfenschiff stetig durch den Gürtel der Kalmen, um einen Tag später wieder mehr Fahrt aufzunehmen.
    Außerdem war es beständig wärmer geworden, denn sie segelten nach Süden, dem Frühling entgegen.
    Bei Frühjahrsanfang befanden sie sich in den tropischen Gewässern südlich der Kalmen, und in jener Nacht, mit einem warmen Wind in den Segeln, beobachteten Jatu und Jinnarin, wie Aravan und Aylis das wunderschöne Elfenritual der bevorstehenden Blütezeit feierten.
    Sie segelten weiter nach Südosten, und früh am Morgen des neunundzwanzigsten Maitages erreichten sie das Gebiet der Mittellinienflauten, wo es vollkommen windstill war und die Segel des Elfenschiffs schlaff herabhingen. Beiboote wurden zu Wasser gelassen und bemannt, und die Rudermannschaften schleppten die Eroean weiter, während die Männer in der heißen, unbewegten Luft ihre Shantys sangen. Den ganzen Tag ruderten sie nach Süden, während die grelle Sonne brannte und das Wasser wie geschmolzenes Kupfer aussehen ließ. In der sengenden Hitze

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