Elfenwinter
gewährt.«
Der Gesandte errötete. »Ich… Was ist mit den übrigen Völkern? Wer wird uns Hilfe schicken?«
»Die Kentauren haben den alten Bund zwischen uns nicht vergessen. Aber wie hilfreich sind Pferdemänner schon bei der Verteidigung einer Festung? Vielleicht werden uns auch einige Maurawan helfen. Doch weiß man nie, was ihnen durch den Kopf geht oder wem sie sich verbunden fühlen. Das Heer der Menschen wird bald Phylangan erreichen. Auf weitere Verbündete brauchen wir nicht zu hoffen.«
»Aber all die Brudervölker? Sie können doch nicht… «
»Auch Branbart hat Gesandte geschickt«, unterbrach der Fürst den jungen Elfen. »Die Trolle haben sich sehr verändert, seit wir sie aus Albenmark vertrieben haben. Alle Grausamkeiten in Vahan Calyd und Reilimee hat Branbart sehr bewusst begangen. Es war sein Ansinnen, die Saat der Angst zu säen. Und sie hat überreichlich Früchte getragen. Seine Gesandten versprechen, dass sich außer uns, Normirga und Emerelle niemand vor dem Zorn der Trolle fürchten müsse. Wer immer aber die Königin und ihre Sippe unterstützt, dem wird es ergehen wie unseren Brüdern in Reilimee.« Landoran verzog die Lippen zu einem spöttischen Lächeln. »Einige unserer Elfenbrüder hatten immerhin den Anstand, sich hinter der Lüge zu verschanzen, dass keine Entscheidung getroffen werden könne, bis nicht über die Nachfolge ihrer toten Fürsten entschieden sei. Andere waren so offen zu sagen, dass sie nicht für die Fehden Emerel-les und unseres Volkes bluten wollen. Wir werden Phylangan also allein mithilfe der Menschen und Kentauren halten müssen. Wir sind das letzte Aufgebot.«
»Können wir denn siegen, mein Fürst?«
Landoran lachte. »Dies ist die stärkste Festung des Nordens. So zahlreich die Trolle auch sein mögen, es kommen nur vier von ihnen auf einen Krieger von uns.«
Sandowas erbleichte. Offenbar stellte er sich gerade vor, wie er sich im Kampf gegen vier Trolle schlagen würde.
»Uns hilft die Stärke unserer Mauern, Junge. Wahrscheinlich werden die Trolle nicht einmal bis zum Schneehafen vordringen. Außerdem weiß jeder von uns, dass Carandamon so gut wie schutzlos sein wird, wenn Phylangan fällt. Branbart hat geschworen, unser Volk zu vernichten. Das hätte er nicht tun sollen. Jeder, der hier kämpft, weiß, dass es kein Zurück gibt. Der steinerne Garten wird nicht fallen!«
»Wo wird mein Schwert gebraucht?«, fragte der junge Gesandte trotzig.
»Melde dich im Schneehafen. Dort werden die Vorbereitungen zur Verteidigung organisiert. Du darfst nun gehen, Sando-was.«
Der junge Elf verneigte sich noch einmal kurz, dann eilte er davon.
Landoran blickte zu den dunklen Wolken unter der Decke der Himmelshalle und dachte daran, um wie viel unerbittlicher die Kraft war, gegen die Lyndwyn ankämpfte. Am Ende würde es vielleicht sie allein sein, die darüber entschied, ob Phylangan vernichtet wurde.
DER SCHNEEHAFEN
Einen halben Tag schon marschierten sie über Gletschereis durch das weite Tal. Die Berge rückten langsam näher zusammen. Am Ende des Tals verbanden sie sich zu einem in den Himmel ragenden steinernen Sperrriegel. Durch die schmalen Sehschlitze der Schneebrille konnte man stets nur einen kleinen Ausschnitt des gewaltigen Bergpanoramas betrachten. Die Sonne funkelte auf den schneebedeckten Hängen und dem graublauen Gletschereis. Der lange Heereszug watete durch Licht. Diese Helligkeit und Pracht war einfach zu viel für menschliche Augen. Den Elfen machte es nichts aus. Doch schienen sie auch keinen Blick mehr für die Wunder der Bergwelt zu haben.
Alfadas war erleichtert, bald Phylangan zu erreichen. Es war gekommen, wie Lambi vorhergesagt hatte. Mehrfach hatten kleine Gruppen von Trollen bei Nacht Überfälle gewagt. Doch stets waren sie leicht zurückzuschlagen gewesen. Vorgestern allerdings waren zwei Wachposten spurlos verschwunden. Das passte nicht zum Schema der anderen Überfälle. Silwyna hatte versucht, den Trollen nachzuspüren, doch starker Schneefall hatte alle Spuren ausgelöscht, und auch die Patrouillen der Kentauren hatten weder die Leichen der Wachposten ausfindig gemacht noch die Trolle, die für diesen Angriff verantwortlich gewesen sein mussten.
Alfadas trat aus der Marschkolonne und erklomm einen sanften Hügel, der sich wie eine große Beule aus dem Gletschereis schob. Die Welt auf einen kleinen Sehschlitz reduziert zu haben, störte ihn immer mehr. Doch er widerstand der Versuchung, die Schneebrille abzunehmen.
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