Elfenwinter
»Ich habe damit gerechnet, dass du die Normirga hintergehen wirst. Du hast dein Volk schon zu lange verlassen, um es noch verstehen zu können. Ich werde auf deinen Verrat vorbereitet sein, Ollowain. Fürchte diesen Tag!«
KLINGENTANZ
Das Feenlicht verblasste am Nachthimmel, als die drei schweren Eissegler langsam Fahrt aufnahmen. Ragni und Lysilla waren gerade erst an Bord ihrer Schiffe zurückgekehrt. Alfadas hatte ihnen beiden noch einmal seinen Plan eingeschärft. Er wollte keine Schlacht, sondern nur einen Überfall. Die Trolle sollten sich in den nächsten Tagen keinen Augenblick mehr sicher fühlen, wenn sie über die weite Eisebene marschierten. Verärgert dachte der Herzog an seinen Streit mit Landoran. Es war ein Fehler, sich hinter den Befestigungen von Phylangan zu verkriechen. Bis zur Stunde ihres Aufbruchs noch hatte Alfadas versucht, den engstirnigen Fürsten davon zu überzeugen, einen Krieg der Eissegler zu wagen. So viele Schiffe standen im Schneehafen. Wenn man sie so wie die Rosenzorn, die Weidenwind und die Schwertwal umbaute, müsste man nicht einfach in der Festung sitzen und darauf warten, was die Trolle unternehmen würden. Er hasste es zu warten!
Alfadas müsste lächeln. Seine Krieger hielten ihn für einen ruhigen, beherrschten Mann. Wie wenig sie ihn kannten!
Der Herzog umklammerte einen der Haltegriffe an der Reling. Scharfer Fahrtwind schnitt ihm ins Gesicht. Mit jedem Herzschlag erhöhte sich die Geschwindigkeit der Rosenzorn. Die Götter waren ihnen hold an diesem Morgen, insbesondere Firn, der Herr des Winters. Er hatte ihnen einen klaren Himmel und einen stetigen Westwind geschenkt. Das war alles, was sie brauchten, um sich mit einer hundertfachen Übermacht anzulegen.
Das Eis spritzte unter den scharfen Kufen hinweg. Manchmal ruckte das schwere Schiff, wenn ein größerer Eisklumpen zermahlen wurde. Noch immer beschleunigte die Rosenzorn ihre Fahrt. Dichtauf folgten die Weidenwind und die Schwertwal Alle drei Schiffe hatten jeden Fetzen Segel gesetzt. Die Masten knarrten leise unter dem Druck des Windes. Raureif splitterte von den eingeölten Tauen, wenn sie sich spannten. Die feinen Unebenheiten auf der weiten Eisfläche ließen das Deck sanft erzittern. Alfadas liebte die Geschwindigkeit. Die Ängste, die er während seiner ersten kurzen Eisseglerfahrt empfunden hatte, waren längst vergessen. Jetzt berauschte er sich daran, schnell wie ein Falke über das Eis dahinzuschießen. Alle an Bord waren auf Posten, bereit für das Gefecht. Auf der Reling waren zu beiden Seiten zehn schwere Windenarmbrüste aufgesetzt, und im Bug stand ein schwenkbares Katapult gefechtsbereit. Die Männer an der Reling hatten breite Ledergurte um ihre Hüften geschlungen, um während der Schlacht nicht von den Beinen gerissen zu werden. Kobolde, Menschen und Elfen fieberten dem Kampf entgegen. Alle an Bord glaubten an seine Idee und waren überzeugt, dass sie siegen würden.
Fenryl stand neben Alfadas am Ruder. Der Elfengraf spähte mit zusammengekniffenen Augen auf das schillernde Eis hinaus. Es war an der Zeit, die Schneebrillen anzulegen. Noch zeigte sich im Osten nur ein schmaler Silberstreif am Horizont, doch bald schon würde die tief stehende Sonne sie blind machen. Alfadas drehte das Gesicht aus dem Fahrtwind und blickte zu Lambi und Veleif, die mit ihm auf dem Achterdeck standen. Der Jarl verstand ihn, ohne dass er etwas zu sagen brauchte. Er wickelte den geschlitzten Lederstreifen von seinem Gürtel und band ihn sich vor die Augen. Dann rief er mit Donnerstimme: »Heh, ihr verschnarchten Hurenböcke. Die Schneebrillen auf, oder ich komm runter, um euch den Hintern aufzureißen und euch das, was ich da finde, frühstücken zu lassen.«
»Das ist doch wohl nicht sein Ernst!«, rief Fenryl, der inzwischen einige Worte ihrer Sprache verstand. »Ich finde, es ist jetzt kein guter Zeitpunkt zum Frühstücken.«
Alfadas verknotete die Riemen der Schneebrille hinter seinem Kopf. »Das ist metaphorisch gemeint«, erwiderte er in der Muttersprache des Fürsten. »Der Jarl spricht gern in farbigen Bildern.«
»Er macht gar nicht den Eindruck, ein…«
»Feind in Sicht!«, brüllte Mag vom Ausguck.
Jetzt sah auch Alfadas die dünne, schwarze Linie am Horizont. »Alles gefechtsklar!«, rief er mit ruhiger Stimme. Die Schützen legten Bolzen in die Armbrüste. Zwei Elfen standen im Bug bereit, um mit einem schweren Hebel ihre geheime Waffe zu entsichern, wenn es an der Zeit dazu war. Alfadas
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