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Elfenwinter

Elfenwinter

Titel: Elfenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Tatsächlich war der Appetit des Priesters schon nach seinem ersten Winter im Umkreis von drei Tagesreisen um das Dorf berüchtigt gewesen. Wann immer man in seine Hütte kam, köchelte etwas auf seinem Feuer. Trotzdem hatte es Alfa-das nie bereut, ihn hierher geholt zu haben. Gundar verstand sich auf Kräuter und auf Seelen. Alfadas wusste nicht, welchen seltsamen Zauber der alte Mann wirkte, aber es war friedlicher geworden, seit er hier lebte. An den Gerichtstagen wurde weniger gestritten, und mancher alte Zwist war endlich beigelegt worden.
    Gundar hatte eine Schüssel mit Brot und Schweinestücken vor sich auf dem Schoß. Sein weißer Bart glänzte vor Fett. »Luth warnt uns vor diesem Winter, mein Jarl.« Der Priester brachte das Kunststück fertig, zu kauen und trotzdem verständlich zu sprechen. »Heute früh hat er mir das dritte ungünstige Omen in nur vier Tagen geschickt. Es war gleich nach dem Frühstück. Eine bedeutsame Tageszeit! Ich habe den Hecht aufgeschnitten, den ich mir zum Mittag braten wollte, und habe einen großen, schwarzen Stein in seinem Leib gefunden.«
    »Tja, so etwas kann einem wirklich den Appetit verderben.«
    »Spotte nicht über die Zeichen der Götter, Jarl!« Gundar spuckte ein Stück Knorpel in die Glut. »So ein Stein gehört nicht in den Bauch eines Hechts. Ich bin mir sicher, in diesem Winter wird etwas hierher kommen. Etwas Dunkles, Böses, das nicht in dieses Land gehört.«
    Alfadas war überrascht, was der alte Mann alles aus einem Stein las, den irgendein dummer Fisch verschluckt hatte, aber er hütete sich, Gundar seine Meinung zu sagen. Wenn der Priester hier in der Halle lauthals seine dunklen Vorahnungen verkündete, dann würde das für eine Menge Unruhe sorgen. Die einfachen Leute hörten auf ihn. Alfadas hoffte, dass er Gun-dar den Unsinn am nächsten Morgen ausreden könnte, wenn er ihn mit einem Schinken und einem Korb mit frischem Käse in seiner Hütte besuchen ging.
    »Du hast von drei Vorzeichen gesprochen… «
    »Oh, ja, ja.« Gundar wischte mit einem Stück Brot den Braten-saft aus der Schüssel. »Ich weiß nicht, ob es dir aufgefallen ist. In der letzten Nacht vor Neumond war Blut auf der Mondsichel. Schon als ganz junger Priester habe ich gelernt, dass Luth uns damit vor einem nahen Krieg warnt.«
    »Der Herbst hat begonnen. Bald wird der erste Schnee fallen. Niemand führt in dieser Zeit Krieg. Schnee und Eis würden mehr Männer töten als der schrecklichste Feind.«
    »Und doch warnt uns Luth.« Der Alte sah ihn forschend an. »Oder zweifelst du an seinen Omen?«
    »Und was sollten wir deiner Meinung nach tun?«
    Gundar breitete hilflos die Arme aus. »Ich bin nur das Werkzeug meines Gottes. Ich sehe seine Omen. Du bist der Jarl. Du musst entscheiden, was geschehen soll.«
    »Was hast du noch gesehen?«
    »Am Fuß des Hartungskliffs gibt es einen neuen Bach. Nur ein schmales Rinnsal, aber doch ein Zeichen für bevorstehende Veränderung. Halte mich nicht für einen ängstlichen alten Mann, Alfadas. Was mich beunruhigt, ist, dass ich drei so deutliche Zeichen in so kurzer Zeit erhalten habe. Deshalb habe ich auch zu niemand anderem davon gesprochen. Die Götter wollen uns warnen, Alfadas. Du musst das Dorf beschützen, so wie es einst dein Vater getan hat, als er die Bestie in die Berge lockte und sie in der Höhle des Luth mit seinen Elfenfreunden töten konnte. Der Schicksalsweber meint es gut mit deiner Sippe, Al-fadas. Er schickt uns die Zeichen, damit du bereit bist.«
    »Du hast nichts mehr zu essen, Priester.« Asla war lautlos hinter sie getreten und stellte eine Schüssel mit Fleisch auf die Bank. Man musste sie sehr gut kennen, um den Hauch von freundlichem Spott aus ihrer Stimme herauszuhören. Alfadas fragte sich, wie viel sie von dem leisen Gespräch wohl mitbekommen hatte. Er legte ihr den Arm um die Hüften und zog sie
    über die Bank hinweg zu sich auf den Schoß. »Muss ich dich anbinden, damit du auf unserem Fest einmal zur Ruhe kommst?«
    »Es würde schon ausreichen, wenn du mir ein wenig zur Hand gingest.«
    »Bitte, Asla. Du siehst doch, ich rede gerade mit Gundar. Ich kümmere mich eben auf meine Art um unsere Gäste.«
    »Ich werde mich dann zurückziehen«, sagte der Priester mit vielsagendem Blick und griff nach der neuen Fleischschüssel.
    »Bleib sitzen, Gundar. Du bist ein weiser, alter Mann. Sag mir nicht, solche Zänkereien zwischen alten Ehepaaren seien etwas Neues für dich.« Asla lachte fröhlich. »Ich weiß ja,

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