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Elfenwinter

Elfenwinter

Titel: Elfenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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die Funken, die auf die Verletzten niedergingen. Winkend scherte Yilvina aus dem Strom der Flüchtlinge aus und brachte sie auf einen leeren Kai. »Wir brauchen Wasser«, keuchte sie. Ihre Lippen waren aufgesprungen, die Augen rot. »Dort vorne stehen Eimer. Tränkt eure Kleider mit Wasser!«
    Ollowain gehorchte. Er eilte eine steinerne Treppe hinab, die vom Kai nach unten führte, und bildete den Anfang einer Eimerkette. Selbst das brackige Hafenwasser war schon unangenehm warm. Der Sturmwind hatte so sehr zugenommen, dass aus den brennenden Schiffen meterlange Flammen fast waagerecht über das Wasser schossen. Ein Stück entfernt sah er eine Auenfee, die sich verzweifelt an einem Hafenpolier festklammerte. Ihre hauchzarten Flügel waren in der Hitze zu gallertartigen Klumpen zerschmolzen. Flehend sah sie zu Ollowain. Dann wurde sie fortgerissen, so als habe eine unsichtbare Faust sie ergriffen, um sie auf den Scheiterhaufen der brennenden Schiffe zu schleudern.
    Der Krieger vor Ollowain schüttete sich einen Eimer Wasser über den Kopf. »Nur du noch«, rief er dem Schwertmeister entgegen.
    Ollowain tat es ihm gleich und beeilte sich, den Anschluss an die anderen nicht zu verlieren.
    Immer unbarmherziger bahnten sich die Kentauren ihren Weg und stießen jeden zur Seite, der ihnen nicht schnell genug auswich.
    Ollowain drängte sich nach vorn zu Orimedes. Das dampfende, nasse Fell des Fürsten war mit Brandflecken übersät. Glühende Funken tanzten wie Fliegen um seinen zuckenden Schweif. »Wir müssen fort vom Kai!« Die Stimme des Schwertmeisters war kaum mehr als ein heiseres Krächzen, das im infernalischen Getöse der Flammen und dem Geschrei der Flüchtlinge fast unterging.
    »Wir werden schon durchkommen«, rief der Kentaur. Eine junge Elfe umklammerte eines seiner Beine. Mit gesenktem Blick flehte sie ihn an, ihr zu helfen. Murrend zog er sie auf seinen Rücken. Jetzt erst konnte Ollowain das Antlitz der Geschundenen sehen. Wimpern, Augenbrauen und die Haare über der Stirn waren verbrannt, die Nase nur noch ein unförmiges Loch, und dort, wo Augen hätten sein sollen, klafften blutige Höhlen. Unablässig brabbelte sie eine Dankeslitanei, während sie ihr zerschundenes Gesicht im wallenden Haar des Kentauren verbarg. Der Schock über das plötzlich hereingebrochene Inferno schien ihr Empfinden für Schmerz ausgelöscht zu haben. Zumindest für den Augenblick.
    »Wir nehmen den Lotussteig!«, befahl der Schwertmeister.
    »Aber der Weg ist viel steiler! Wir werden nur langsam vorankommen«, wandte Orimedes ein.
    »Die Häuser dort sind aus Stein! Die Flammen werden sich am Lotussteig nicht so schnell ausbreiten wie hier zwischen den hölzernen Lagerhallen.«
    Ollowain konnte sehen, wie sich die Wangenmuskeln des Kentauren spannten. Er mahlte wütend mit den Kiefern, fügte sich aber dem Befehl.
    Viele Flüchtlinge sprangen indessen ins Hafenbecken. Das Wasser bot Schutz vor der glühenden Lohe. Doch dort waren sie in der Falle, wenn die Angreifer von See her den Hafen besetzten. Wehrlos wären sie der Gnade der Eroberer ausgeliefert.
    Er durfte Emerelle nicht in eine solche Lage bringen. Wer mochte ihr Feind sein? Mit wem hatte sich Shahondin verbündet?
    Ein tiefer Ton zwischen dem allgegenwärtigen Geschrei und dem Tosen der Flammen ließ Ollowain aufhorchen. Es klang wie ein Seufzen, nur dass es das Seufzen eines Titanen sein musste.
    »Die Wand…!« Der Schrei ging in tausendfachem Klirren unter. Instinktiv riss Ollowain seinen Schild hoch. Schwere Schläge prasselten auf ihn nieder.
    Die Königin! Der Schwertmeister griff über die Bordwand und zog sich hoch. Ringsherum prasselten große rote Schindeln nieder. Das Lagerhaus neben ihnen schien sich, gemartert von den Flammen, ein letztes Mal aufzubäumen. Es warf sein Dach ab!
    Ollowain schirmte mit seinem großen, ovalen Schild den Kopf und Oberkörper Emerelles ab. Wie durch ein Wunder war die Königin von keiner der Dachschindeln getroffen worden. Lynd-wyn hatte weniger Glück gehabt. Sie lag ohnmächtig neben Emerelle und blutete aus einer Platzwunde an der Stirn.
    Die Holden suchten unter den flachen Ruderbänken des Nachens Schutz. Gondoran war als Einziger dicht bei der Köni-gin geblieben. Mit verzweifeltem Mut schlug er mit einer zerbrochenen Ruderstange die Schindeln zur Seite, die in Emerel-les Richtung stürzten. Schließlich flüchtete er fluchend unter Ol-lowains Schild.
    Die Kentauren waren in Galopp verfallen. Der Nachen schwankte wild

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