Elfenwinter
weitergezogen. Den Hügel hinauf hörte er jetzt gellende Schreie. Er musste zurück! Seine Pflicht war, die Königin zu retten! Vahan Calyd war verloren. Ein Schwert konnte das Blatt nicht mehr wenden. Doch es mochte genügen, um Emerel-le den Weg aus dem Inferno zu erstreiten.
Ollowain schob die Waffe zurück in die Scheide. Dann eilte er hinab, um seinen Gefährten das Fackelsignal zu geben. Vom Wasserpark aus waren es nur noch wenige hundert Schritt bis zu den Mangroven. Sie hatten es fast geschafft! Die Kentauren zerrten das Boot aus der Zisterne und schleppten es hinaus in die Nacht. Wie zum Gruß erhob sich eine Allee silberner Säulen aus den Wasserbecken, als sie hinaus in die Nacht traten. Ein Schleier aus feinem Sprühwasser hüllte sie ein. Gondoran wies ihnen den Weg.
»Man muss wohl einen Pferdearsch haben, um auf die Idee zu kommen, mitten in der Nacht ein Boot spazieren zu tragen«, erklang eine kräftige Stimme. Schatten zerteilten die Silberschleier. Eine Keule schnellte vor und zerschmetterte Antafes die Vorderläufe. Der Kentaur brach in die Knie. Ollowain sah, wie der nasse Bootsrumpf den verbliebenen Pferdemännern entglitt. Orimedes duckte sich unter einem Keulenhieb und keilte aus. Seine Hufe trafen einen Trollkrieger mitten in die Brust.
Der Nachen schlitterte über die glatten Marmorplatten. Plötzlich neigte er sich nach vorne. Gondoran, der noch immer am langen Heckruder stand, stieß einen schrillen Schrei aus. Das Boot schlitterte eine Treppe, breit wie ein Hügelhang, hinab. Verzweifelt versuchte der Holde, den Statuen auszuweichen, die sich auf massigen Sockeln zwischen den Stufen erhoben. Die Schussfahrt führte den Nachen geradewegs auf das dunkle Wasser der Mangroven zu.
»Wachen, schwärmt aus!«, rief Ollowain und zog seine Klinge. Jetzt, da der unsichtbare Feind endlich ein Gesicht bekommen hatte, spürte er eine unbändige Wut. »Orimedes, du bringst das Boot in Sicherheit.« Der Schwertmeister hütete sich, den Namen der Königin in den Mund zu nehmen. »Yilvina, bewache die Verwundete.«
Mit einem Hechtsprung war Ollowain bei dem Troll, der An-tafes niedergestreckt hatte. Ein Hieb durchtrennte das Bein des Hünen dicht unter dem Knie. Zu überrascht, um zu schreien, stürzte der Troll. Ollowain wich einem kraftlosen Angriff aus und stach seinem Gegner durch die Kehle. Orimedes hob die Keule des sterbenden Trollkriegers auf und stellte sich an die Seite des Schwertmeisters.
Von seinem schnellen Sieg offenbar eingeschüchtert, wichen die übrigen Trolle zurück. Einer von ihnen setzte ein Horn an die Lippen und gab ein langes, klagendes Signal. Die letzten Leibwachen der Königin hatten rechts und links von Ollowain Stellung bezogen. Mit gesenkten Schwertern warteten sie auf den nächsten Angriff der Trolle. Während Yilvina seinem Befehl gehorcht hatte, hielt sich Orimedes noch immer an der Seite des Schwertmeisters.
»Fürst, ich muss dich bitten zu gehen!« Ollowain blickte kurz über die Schulter. Der Nachen war in der Dunkelheit verschwunden. »Beschütze die Verwundeten. Ich tue nun, wofür ich seit Jahrhunderten geschult wurde.«
»Ich bin kein Feigling, der einfach fortläuft!«, begehrte der Kentaur auf.
»Jetzt zu fliehen, um vielleicht eines Tages zurückzukehren und diese Nacht zu rächen, erfordert mehr Mut, als hier zu bleiben und zu sterben.« Der Schwertmeister sah sich nervös um. Er verstand nicht, warum die Trolle sich zurückgezogen hatten. Zwischen den Wasserfontänen konnte er die Schatten von sieben der hünenhaften Kämpfer erkennen. Ein Signalhorn antwortete weiter oben in der Stadt. Bald würde Verstärkung kommen. Er blickte zu dem toten Troll. War er der Anführer der kleinen Gruppe gewesen?
»Es gibt nur wenige Fluchtwege aus Vahan Calyd, und unsere Feinde scheinen überall zu stehen. In dieser Nacht wird die Mehrzahl aller Fürsten Albenmarks sterben oder in Gefangenschaft geraten, Orimedes. Albenmark braucht Männer wie dich. Rette dich, du verdammter Dickschädel. Und rette die verwundete Königin. Sie ist unsere Hoffnung auf die Zukunft!«
Aus den Augenwinkeln sah Ollowain, wie sich die Wangenmuskeln des Kentauren spannten. Schließlich neigte der Pferdemann sein Haupt. »Es war mir eine Ehre, dich gekannt zu haben, Schwertmeister. Für einen Elfen….« Seine Stimme stockte. »Wenn du auch noch saufen und fluchen könntest, hättest du einen ganz guten Freund abgegeben.« Mit diesen Worten wandte sich Orimedes um und eilte die Treppe
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