Elfenzauber (Mithgar 1)
eilig in das Zimmer gelaufen. Er war vielleicht elf Jahre alt und trug einen Eisenkragen um den Hals. Er verbeugte sich vor den Gästen und riss seine hellblauen Augen beim Anblick der Dylvana und der Ryodoterin weit auf. Der Diener musterte den Jungen mit hochgezogener Braue, wandte sich dann an Egil und sagte: »Dolph wird sich um Eure Bedürfnisse kümmern.« Dann verbeugte er sich und zog sich zurück.
Als der Diener weg war, wandte Egil sich an Dolph. »Wir haben auf dem Weg hierher nicht viel von der Burg gesehen, Junge. Dürfen wir uns frei auf dem Gelände bewegen?«
»Ja, Herr«, erwiderte der Kammerjunge. »Es steht Euch frei, nach Belieben umherzuwandern… überallhin, nur nicht in den Turm der Königin.«
»Den Turm der Königin?«
»Ja, dort drüben.« Der Junge zeigte aus dem Fenster auf den Mittelturm. »Dort befinden sich ihre Privatgemächer. Von hier aus könnt Ihr den Balkon ihres Schlafgemachs sehen.«
»Ach? Welcher ist es denn?«
»Das ist der Balkon ganz oben, Herr.«
Egil warf einen Blick empor, doch er war leer.
Aiko trat ans Fenster und schaute ebenfalls hin, dann drehte sie sich zu Egil um und zuckte die Achseln.
»Braucht Ihr sonst noch etwas?«, fragte der Junge.
»Kaustäbchen und Minzeblätter«, sagte Aiko, und Alos ächzte laut.
Als der Junge zur Tür ging, sagte Egil: »Wenn wir bei deiner Rückkehr nicht hier sein sollten, sehen wir uns die Burg und den Park an, sollte jemand fragen.«
»Ja, Herr. Falls Ihr auf dem Rückweg Schwierigkeiten haben solltet, Euer Quartier zu finden, fragt einfach irgendeinen Bediensteten nach dem Weg. Dies ist das grüne Zimmer im Ostturm.«
»Wie heißt du noch gleich, Junge?«, fragte Alos.
»Dolph.«
»Nun, Dolph, wir haben noch nicht gefrühstückt. Wann und wo essen wir?«
»In jedem Turm gibt es unten einen Speisesaal – natürlich ist der im Ostturm der beste. Frühmorgens, zu Mittag und am Abend werden dort Mahlzeiten serviert, aber als Gäste könnt Ihr jederzeit etwas essen. Ich kann Euch auch etwas zu essen hier in Euer Zimmer bringen, wenn Euch das lieber ist. Natürlich werdet Ihr heute Abend im großen Saal sein und am Bankett teilnehmen. Eine Glocke wird alle rufen.«
»Und der große Saal?«
»Der ist im Mittelflügel, Herr.«
»Sehr schön, Junge. Vielen Dank.«
Dolph schaute von einem zum anderen. »Soll ich Euch Frühstück holen?«
Aiko schüttelte den Kopf. »Nein. Nur die Kaustäbchen und die Minzeblätter. Wir werden schon etwas zu essen finden.«
Während Dolph aus dem Zimmer eilte, um seiner Aufgabe nachzukommen, sagte Egil: »Lasst uns frühstücken und dann ein wenig umsehen. So können wir uns ein Bild von den Verteidigungsanlagen und der Anordnung der Gebäude machen. Wir brauchen vielleicht einen schnellen Fluchtweg, und unsere Strategie wird davon abhängen, was wir vorfinden. Außerdem würde ich gern Baron Steiger suchen. Vielleicht erinnert er sich, wo wir uns begegnet sind. Wenn nicht, kann er mir vielleicht trotzdem einen Hinweis in Bezug auf meine gestohlenen Erinnerungen geben.«
Nach ihrem Frühstück schlenderten sie über das Gelände, durch Blumengärten und Teiche, die etwas enthielten, das Alos »Kalikofische«, Aiko aber »Koi« nannte. Aiko blieb einen Moment am Rand eines der Teiche stehen. Die bunt geschuppten Fische schwammen an die Oberfläche, als erwarteten sie, gefüttert zu werden. »Mein Vater hat mir erzählt, dass es in Lord Yodamas Zierteichen viele von diesen uo gab. In Ryodo werden sie sehr geschätzt.« Sie blieb noch einen Moment stehen und starrte gedankenverloren auf das Wasser. Dann machte sie kehrt, ging weiter und wischte sich dabei mit dem Handrücken über die Wangen.
Langsam umrundeten sie den Hügel und stießen dahinter auf ein Heckenlabyrinth. Arin nahm Egil bei der Hand und zog ihn lachend hinein. Sie wanderten ziel- und orientierungslos durch seine verschlungenen Gänge, fanden sich aber schließlich in der Mitte wieder. Dort stand die weiße Marmorstatue einer nackten jungen Frau auf einem Sockel, lebensgroß und in jedem Detail lebensecht. Am Sockel befand sich eine goldene Plakette mit einer Inschrift in Jütländisch.
»Glaubst du, das ist unsere Gastgeberin?«, fragte Arin, während sie die Statue eingehend musterte.
»Wenn sie es ist«, erwiderte Egil grinsend, »gehört Sittsamkeit nicht zu ihren Tugenden.«
Jetzt lächelte Arin, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste Egil auf die Wange. Dann nahm sie ihn bei der Hand und wandte sich zum
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