Elfenzauber (Mithgar 1)
gesamten Hügel umgab, auf die Rampen und Böschungen und Passwege, und andererseits auf die Wachen und Patrouillen.
Direkt hinter der Burg stießen sie auf einen kleinen, granitgepflasterten Hof, der von einer niedrigen Mauer umgeben war. Von innen war das Gestein geschwärzt, als sei es wiederholt durch Feuer versengt worden. Der Weg hinein wurde durch ein verriegeltes, schmiedeeisernes Tor versperrt. Auf dem Tor stand etwas auf Jütländisch.
»Was bedeutet das?«, fragte Aiko.
»Geliebter…«, erwiderte Alos. »Äh… ›geliebter Mann‹, glaube ich.«
Auf Arins fragenden Blick sagte Egil: »Scheiterhaufen. Offenbar eine Begräbnisstätte.«
Arin nickte, und sie wandten sich ab.
Sie hatten vielleicht drei Viertel des Ganzen umrundet, als sie eine Reihe halboffener Gebäude erreichten, die von der eigentlichen Burg abgetrennt waren. Hier wurden hinter Käfigstangen Tiere gehalten.
»Der Zoo der wahnsinnigen Königin«, zischte Egil leise, damit ihn die Tierpfleger in der Nähe nicht hören konnten.
Sie passierten Schneeschakale und zimtfarbene Argali, Gämsen und schwarze Reißer und andere Tiere, die sie nicht kannten – alle in viel zu kleinen Käfigen, in denen sie müde auf und ab liefen oder bewegungslos lagen und mit trüben Augen vor sich hin starrten.
Danach kamen sie zu den Vogelkäfigen. Hier fanden sie Raubvögel – dressierte Jagdvögel: graue Falken, rote Habichte, schwarze Turmfalken, goldene Adler. Ein Pfleger mit einem Eisenkragen nahm den Vögeln gerade die Hauben ab und fütterte sie mit kleinen Fleischbrocken.
»Heda«, rief Alos, »sind das hier alle Vögel?«
Der Leibeigene sah sich um, und als er sie entdeckte, nahm er seinen Hut ab und sagte etwas auf Jütländisch.
»Aha«, grunzte Alos. »Er spricht die Gemeinsprache nicht.« Alos radebrechte etwas, und der Pfleger sagte, »Ah«, und zeigte nach Norden.
Alos lächelte, deutete eine Verbeugung an und beendete das Gespräch mit einem Dankeswort. Der Pfleger nahm den Hut vor die Brust und verneigte sich tief. Alos wandte sich an seine Gefährten und sagte: »Es gibt noch mehr zahme Vögel, und zwar unten am Teich.«
Sie entfernten sich von den Käfigen und gingen den Hügel hinab nach Norden. Ein Stück weiter unten konnten sie einen kleinen Weiher sehen, der in den Hang gegraben worden war und am entfernten Ende von einem Damm begrenzt wurde. Bei ihrer Annäherung paddelten ihnen quakende Enten und schnatternde Gänse entgegen, als erwarteten sie Futter. Doch nicht dieses muntere Federvieh fesselte die Aufmerksamkeit der vier Wanderer, sondern vielmehr ein großer Vogel mit einem Kamm auf dem Kopf und einem leuchtend blaugrünen Gefieder. Als er sie kommen sah, breitete er seine großen Schwanzfedern zu einem Fächer aus, und jede dieser langen Federn trug einen farbigen Punkt als Zeichnung, der an ein Auge erinnerte.
»Adon«, hauchte Arin, »er ist wunderschön.«
»Ist das unser Deck-Pfau?«, fragte Alos Aiko.
»Ein Pfau ist es«, erwiderte sie. »Aber ob er auch deckt, kann ich nicht sagen, weil ich keine Pfauenhennen in der Nähe sehe.« Aiko sah sich um, und plötzlich gab sie einen leisen Ausruf von sich und ging zum Ufer des Weihers, wo sie sich bückte und eine Schwanzfeder des Pfaus aus dem Wasser holte. Sie sah Arin an und bewegte die Feder so, dass die Zeichnung schillerte. »Dara, ist dies auch ein Einauge In Dunklem Wasser?«
Arin seufzte und zuckte die Achseln, doch Egil sagte: »Verflucht. Sollen wir ständig von Symbolen und Vorzeichen verfolgt werden und bei keinem sicher sein, dass es das Gesuchte ist?«
»Ha«, sagte Alos. »Jetzt haben wir schon drei verschiedene Einaugen In Dunklem Wasser: Egil, eine Feder und mich.« Er zeigte nach hinten. »Und da hinten steht eine Statue, die ein Verfluchter Bewahrer Des Glaubens Im Labyrinth sein könnte. Hier vor uns ist etwas, das der Deck-Pfau Des Wahnsinnigen Monarchen sein könnte, nur dass es nichts gibt, was er decken kann, wenn er nicht die Enten und Gänse bespringen will. Welche Fortschritte machen wir also?«
Aiko schüttelte den Kopf und hielt vier Finger in die Höhe. »Ihr habt ein Einauge ausgelassen, Alos: das Trollauge, das wir in unserem Gepäck aufbewahren.«
»Iihhh!«, quiekte Alos schaudernd.
An dieser Stelle reckte der Pfau den Hals und rief heiser: Karawah, karawah, karawah!
Egil sah den Vogel an und fing an zu lachen. Als ihn Arins fragender Blick traf, sank Egil auf die Knie und lachte nur noch lauter, brachte dabei aber heraus:
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