Elfenzauber (Mithgar 1)
Wind beruhigte. Schließlich legte er sich, und sie ritten hastig nach Nordwesten. Der Weg vor ihnen war von dem grimmigen Polarsturm sauber gefegt worden, und sie legten die Strecke in insgesamt wenig mehr als sechs Tagen zurück.
Das Glück war ihnen hold, denn kaum hatten sie den Schutz der Ausläufer des Grimmwalls auf der anderen Seite der Ebene erreicht, als der Wind wieder auffrischte, so als sei er erzürnt darüber, dass ihm eine leichte Beute durch die Lappen gegangen war, und er brachte Schnee auf seinen zornigen Schwingen mit.
Jetzt ritten sie an der Südflanke des Grimmwalls entlang und folgten dabei der alten Handelsstraße, die so weit im Westen kaum mehr benutzt wurde.
Fast einen Monat später, am neunzehnten Märztag, erblickten sie den Wolfswald im Südwesten und ritten an seinem Nordrand entlang, wo der vergessene Weg sich durch die Ausläufer des Grimmwalls wand.
In der nächsten Nacht feierten sie bei eisigem Regen die Tagundnachtgleiche, indem sie dem elfischen Ritual folgten, wobei Arin und Rissa Aiko durch die komplizierte Schrittfolge führten. Bevor sie fertig waren, ging der Regen in Graupel und schließlich in Schnee über.
Sie ritten nach Westen, vorbei am Wolfswald. Obwohl sie gut aufpassten, sahen sie weder Dalavar noch seine Draega oder ein anderes Lebewesen in dem noch winterlichen Wald.
Sie passierten auch den Skög und überquerten einige Tage später einen der Flüsse, der südwärts in die Khalischen Sümpfe floss und wegen der beginnenden Schneeschmelze bereits mehr Wasser führte als gewöhnlich.
In jener Nacht lagerten sie in einem Dickicht, und kurz bevor sie sich schlafen legen wollten, zischte Aiko plötzlich: »Löscht das Feuer und haltet den Pferden die Nüstern zu. Gefahr ist im Verzug.«
Ohne nachzufragen, löschten die Elfen die Flammen, zogen ihre Waffen und gingen zu den Tieren, um sie ruhig zu halten, während sie in die Finsternis spähten. Über ihnen schien der zunehmende Mond auf das Land. Ehe er noch eine Handspanne über den Himmel gezogen war, konnte Arin das Klirren von Rüstungen und das entfernte Stapfen von Stiefeln hören, die im Laufschritt durch die Nacht eilten. Ab und zu hörten sie geknurrte Laute, aber in einer Sprache, die ihnen unbekannt war. Augenblicke später kam ein Trupp Rucha in Sicht, die von Norden nach Süden unterwegs waren.
Die Elfen warteten stumm, während die Spaunen erst auf sie zu- und dann an ihnen vorbeitrabten, bis die Geräusche endlich in der Ferne verklangen. Schließlich sagte Aiko: »Die Gefahr ist vorbei. Sie sind weg.«
Arin wandte sich an die Kriegerin aus Ryodo. »Bis jetzt war ich der Ansicht, Elfen hätten von allen Völkern die schärfsten Sinne. Wie habt Ihr…?«
»Meine Tigerin hat es mir gesagt«, antwortete Aiko.
Arin sah Aiko durchdringend an und fragte sich, ob das stimmte. War es tatsächlich wilde Magie, die sie gespürt hatte, oder war die Warnung auf Aikos geschärfte Wahrnehmung zurückzuführen? Arin konnte es nicht sagen…
Am zwanzigsten Apriltag erreichten sie das Dorf Inge im Lande Aralan. Im Schutz der Palisaden verbrachten sie den Rest dieses Tages und auch noch den nächsten. Sie ruhten sich im Gasthaus Zum Widderhorn aus und frischten ihren zur Neige gehenden Proviant auf.
Mit den Dorfbewohnern tauschten sie Lieder und Neuigkeiten aus, und man sagte ihnen: »Irgendwas ist faul im Sumpf, weil Scharen von Rutches und anderem Gezücht vom Grimmwall kommen. Entweder das oder irgendwas in den Bergen hat sie vertrieben.« Was das sein mochte – entweder in den Khalischen Sümpfen im Süden oder im Grimmwall im Norden –, vermochte niemand zu sagen. Doch was es auch war, es musste schlimm sein, jedenfalls war das die Auffassung der Ältesten.
Am nächsten Tag ritten Arin und ihre Gefährten weiter und kamen dabei durch Steinfurt, wo die einzige Familie in dem Weiler ihnen über den Hochwasser führenden Fluss half, natürlich gegen eine kleine Gebühr.
Weiter ging es nach Westen, an der Südflanke des Grimmwalls entlang, da sie der alten Handelsstraße folgten und durch Regen und gelegentliche kleine Schneeschauer ritten. Unterdessen wurden die Tage länger und sonniger, denn der Frühling kehrte ins Land zurück.
Die Elfen überquerten Flüsse und Bäche, passierten Gebirgsausläufer und Hügel und lagerten in Dickichten oder auch im Freien. Ab und zu machten sie in Dörfern und Weilern Rast und nahmen sich ein Zimmer in einem Gasthaus. Manchmal nächtigten sie auch bei
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