Elfenzauber (Mithgar 1)
wo Trolle sie auf das Deck darüber hievten.
Nach einer Weile verließen sie den Laderaum. Alos konnte entfernte Rufe und Trommelschlag hören, aber auch diese Geräusche verhallten, bis schließlich Stille einkehrte. Dennoch blieb Alos in der Bilge, zitternd, weinend und stöhnend, während das leere Schiff in der Stille auf den Wellen langsam hin und her schaukelte, und das Bilgenwasser in gleichmäßigem Rhythmus über Alos hinwegschwappte.
Doch dann hörte er wieder Trommelschlag, der näher und näher kam.
Sie kommen zurück, um mich zu holen!
Alos schluchzte in seine Hände.
Plötzlich barst mit einem entsetzlichen Krachen ein riesiger Messingdorn durch die Seitenwand des Schiffes. Holz splitterte, und Wasser rauschte durch das Loch. Alos kreischte vor Furcht und versuchte rückwärts zu kriechen, aber die Ruderbank hielt ihn auf. Draußen dröhnte die Trommel, und ächzend und kreischend zog sich der Dorn schwerfällig zurück, während das Wasser des Borealmeers durch die Bresche schoss.
Unter den Planken des untersten Decks heulte Alos vor Entsetzen. Würgend, hustend und halb erstickt kämpfte er sich durch wogende Sturzbäche über die Ballaststeine zum entfernten Heck, in dem Versuch, die Bilgenfalltür zu erreichen.
Doch das Schiff bekam Schlagseite, und Alos wurde vollständig unter Wasser getaucht, aber er kämpfte sich dennoch weiter.
Wieder krachte die Messingramme durch den Rumpf der kenternden Solstrâle und zog sich wieder zurück. Mehr Wasser donnerte ins Schiff und überflutete den Laderaum. Langsam neigte sich das Schiff in Vorbereitung auf die abschließende Sturzfahrt zum Meeresboden.
Unter Wasser erreichte Alos endlich die Falltür und glitt hindurch, doch der Laderaum war beinah voll gelaufen. Er schwamm direkt aufwärts und in eine eingesperrte Luftblase. Keuchend und hustend blieb ihm gerade Zeit für ein, zwei Atemzüge, bevor die Luftblase vom aufsteigenden Salzwasser verdrängt wurde. Jetzt schwamm er dorthin, wo er die Luke vermutete, und als er gerade meinte, nicht mehr weiterschwimmen zu können, glitt er hindurch. Die Decks standen bereits unter Wasser, und das Heck war vollständig untergetaucht. Die Solstrâle sank jetzt sehr schnell. Als das Schiff unterging, wurde Alos vom Sog mit in die Tiefe gerissen, immer weiter in das nachtdunkle Borealmeer hinein, und obwohl er zu schwimmen versuchte, konnte er dem Sog nicht entrinnen. Als der Zug schließlich nachließ, trieb Alos benommen in der Tiefe umher und wusste nicht mehr, wo die Oberfläche war, und es war ihm auch gleich. Doch etwas prallte von unten gegen ihn, und er wurde nach oben getragen. Von Wrackteilen umgeben, tauchte er wieder auf.
Am Himmel funkelten Sterne, weit weg und diamantkalt, und von dem schwarzen Schiff war nichts mehr zu sehen.
Zwei Tage später wurde Alos von einem fjordländischen Drachenschiff aus dem Wasser gefischt. Sie fanden ihn an ein Wrackteil geklammert, halb ertrunken und halb verdurstet, das rechte Auge verbrannt und blind. Er schrie, als er die Ruder des Langschiffs sah und das Geräusch der Takttrommel hörte. Er plapperte tagelang vor sich hin, redete von einem schwarzen Schiff und träumte nachts von Trollen. Doch wenn er bei sich war, sagte er nur, sein Schiff sei gekentert.
Sie brachten ihn nach Mørkfjord und setzten ihn dort an Land.
An jenem Tag fing er an zu trinken – »Um zu vergessen«, sagte er –, und so blieb es dreiunddreißig Jahre lang.
Winselnd und etwas von Trollen zischend, wich Alos rückwärts vor Arin zurück.
Matrosen tauchten hinter ihnen auf. Einer drängte sich nach vorn, ein flachshaariger Mann, der Erste Maat der Gyllen Flyndre. »Was soll das, einen unserer Passagiere mit Schwertern, Äxten und Messern zu jagen, hm? Wir dulden keine Mörder an Bord dieses Schiffes. Seht Euch den armen Kerl doch an, er hat vor Angst völlig den Verstand verloren.«
Aiko fauchte etwas und drehte sich zu dem Maat um, der erbleichte, aber keinen Fußbreit zurückwich.
Arin trat zwischen die beiden. »Nicht wir haben ihm solche Angst eingejagt, sondern seine eigenen Phantome. Er ist im Delirium.«
»Er ist betrunken und sieht Dinge, die nicht da sind«, fügte Egil erklärend hinzu.
Die Matrosen sahen den am Boden kauernden alten Mann an, und einer der Männer wandte sich an den Ersten Maat und sagte: »Aye, Guntar, als er an Bord gebracht wurde, war er so betrunken, dass er nicht mal mehr die Augen aufbekam, als er über die Planke ging.«
Arin wandte sich an
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