Elfenzauber (Mithgar 1)
Achterdeck. »Gefährliches Gewässer, kalt und tödlich, vor allem zwischen den Spitzen und den Inseln, denn da wirbelt der Große Mahlstrom, ein gewaltiger Strudel im Meer, der von schrecklichen Kraken bewohnt wird, die in diesem Wirbel lauern…« Kapitän Holdar brach ab und schaute auf den Heckwimpel. »Der Wind dreht, Agli. Lasst die Segel neu trimmen. Kurs weiter Westsüdwest, Ulf.«
Aiko wandte sich an Egil. »Was ist das, was er Kraken genannt hat?«
Egil holte tief Luft. »Ich selbst habe nie einen gesehen, aber es heißt, Kraken sind entsetzliche Ungeheuer mit langen Fangarmen und Saugnäpfen und riesigen Augen. Sie sollen gewaltig sein, so groß wie Drachen und von ähnlicher Kraft.«
»Und die Drachen paaren sich mit ihnen, heißt es«, fügte Alos hinzu.
Egil rief über die Schulter: »Drachen paaren sich mit ihnen, aye, Alos, so lautet die Legende. Bei meinem Volk erzählt man sich, dass die Drachen sich alle Jubeljahre auf dieser Landzunge da versammeln.« Egil streckte den Arm aus und zeigte auf einen entfernten Berg, der soeben am Horizont zu erkennen war. »Da liegt der Drachenhorst, die letzte der Gronspitzen. Haben die Magier im Schwarzen Berg nicht davon gesprochen?«
Arin schüttelte den Kopf, sagte aber: »Ich habe trotzdem davon gehört.«
Aiko sah Arin an. »Was habt Ihr gehört, Dara?«
»Hauptsächlich Legenden«, erwiderte Arin, indem sie Egils Hand nahm. »Aber das hier sind Egils Gewässer. Soll er sagen, was er weiß, und wenn ich etwas hinzuzufügen habe, werde ich es tun.«
Egil grinste und drückte Arins Hand. »Mein Wissen ist hauptsächlich Seemannsgarn, aber das kann ich gern erzählen.« Egil betrachtete die entfernte Landzunge. »Obwohl es von hier nicht so aussieht, ist der Drachenhorst ein gewaltiger Berg, der bis über die Wolken reicht, und sein Gipfel ist ständig mit Eis und Schnee bedeckt, auch im Sommer. Die Seitenwände sind steil und fallen beinah senkrecht tausend Fuß oder noch mehr ins eisige Wasser ab. Aber darüber soll es auf dem Berg bis hinauf zum eisigen Gipfel von Drachenhöhlen wimmeln – Behausungen, die sie von Zeit zu Zeit aufsuchen, wenn sie sich zur Paarung versammeln. Auf diesen zerklüfteten Hängen gibt es viele Gesimse und Vorsprünge, auf denen die Würmer auf einen Lockruf aus dem Meer warten. Es heißt auch, dass man von den Höhen des Drachenhorsts in den Mahlstrom schauen kann, obwohl niemand, den ich kenne, je behauptet hat, dort gestanden und in die Tiefe geblickt zu haben. Man wäre ein Narr, dies zu tun, wenn die Drachen dort sind, denn die Sage geht, dass Drachen irgendwie spüren, wenn Fremde ihre Domänen betreten.
Mag das sein, wie es will, die Drachen versammeln sich und warten, und ihr Gebrüll steigt zum Himmel empor. Dann und wann kämpfen sie wohl auch miteinander, obwohl es heißt, dass sie meistens wissen, wer der größte Kämpfer unter ihnen ist, und die höher gelegenen Höhlen freiwillig abtreten, sodass die Stärksten die höchsten Gesimse einnehmen.«
Arin nickte. »Das stimmt mit dem überein, was Arilla gesagt hat, als sie uns erzählt hat, wie die Drachen zum Schwarzen Berg gekommen sind.«
Egil lehnte sich an die Reling. »Aye, und damals muss der Schwarze Kalgalath auf dem höchsten Gesims gesessen haben.«
»In der Tat«, pflichtete Arin ihm bei, »obwohl Daagor ihm das Recht auf diesen Platz streitig machen wollte.«
Kapitän Holdar, der zugehört hatte, rief nach unten: »Schwarzmaul, Skail, Rotklaue, Schlomp, Silberschuppe: Ich würde meinen, dass sie alle den obersten Sims für sich beanspruchen.« Holdars Augen weiteten sich. »Nur gut, dass sie wissen, wer über wem zu sitzen hat, sonst würde die ganze Welt erzittern, wollten sie es je ausfechten. Aber wer kennt sich schon mit Drachen aus? Ich jedenfalls nicht.«
Sie verfielen in brütendes Schweigen, und die Stille wurde nur vom Rauschen der Wellen, dem Knattern der Segel und dem Knarren der Taue im Wind gestört. Aiko starrte lange auf die Landzunge und sagte schließlich: »Ist das die ganze Geschichte?«
Egil legte einen Arm um Arin. »Die Legenden wissen nicht viel mehr zu berichten. Die Drachen sitzen Nacht um Nacht da und brüllen von früh bis spät. Nach vielen Nächten und getrieben vom Drang, sich zu paaren, hören Kraken auf die Rufe und antworten ihnen – die größten zuerst, die kleinsten zuletzt, und alle brennen in grünem Hexenfeuer, während sie durch den furchtbaren tosenden Strudel des Mahlstroms wirbeln.«
Bei der
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