Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt - Schartz, S: Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt
Ort. Oder umgekehrt, was ja logischer ist. Das ist sozusagen der zentrale Kernpunkt von Paris, wo ganz viel zusammenläuft, und da haben die auch ihr gesammeltes Wissen und Bilder, soooo viele Bilder! Sie nennen das den Luuv oder so, das weiß ich nicht mehr genau. Aber da gehen ganz viele Menschen hinein, und sie sprechen über Mythen und Sagen und sagenhafte Frauen und …«
»Pirx!« Der Grogoch verpasste ihm einen Klaps auf den Hinterkopf. »Reiß dich zusammen!« Er wandte sich an den Herrscher. »In London gibt es das British Museum, mein Gebieter, viel größer als der Louvre und mit einer riesigen Bibliothek …«
»Paris …«, sagte Fanmór nachdenklich. Der Herrscher wandte sich von der Versammlung ab und versenkte sich.
Es schien, als verließe ihn ein schemenhaftes Etwas, das wie ein Atemhauch durch die Luft schwebte. Mit ausgestrecktem Arm geleitete und dirigierte er es aus der Ferne.
Niemand wagte es, sich zu rühren, während der Riese sich konzentrierte.
»O ja, wie stark … unglaublich …«, murmelte er. Seine Augen waren geschlossen, und ein seltsames Singen lag in der Luft. »Ja, Paris …« Er öffnete die Finger, und der dunkle Nebelfetzen kehrte in ihn zurück.
Fanmór drehte sich zu seinen Kindern um. »Diese Stadt ist für die Menschen von zentraler Bedeutung, und ihre Vibrationen kann ich selbst auf diese Entfernung spüren. Ihr werdet nach Paris gehen.«
»Sagt mal, was hat euch denn geritten?« Dafydd konnte sich überhaupt nicht mehr beruhigen, nachdem sie nach der Versammlung zu ihrem Lieblingsplatz am Gargoyle-Brunnen zurückgekehrt waren. Er packte Pirx am Hals und schüttelte ihn. »Was faselst du da von Kraftknoten? Was hattest du überhaupt in Paris verloren?«
»Grog hat gesagt, das ist die Stadt der Liebe«, gestand Pirx kleinlaut und verknotete die Fingerchen.
Entgeistert starrte der Prinz den alten Kobold an. »Stadt der Liebe? Bin ich nur noch von Irren umgeben? Elfen lieben nicht! Sie kennen keine Liebe, und sie brauchen keine Liebe!«
»Es war immer ziemlich romantisch, und das ist durchaus etwas für Elfen«, brummelte der Grogoch. »Wie hätte ich ahnen sollen, dass Pirx gleich alles wörtlich nimmt und in Augenschein nehmen muss?«
»Sag mir, was wolltest du in dieser … Stadt der Liebe, die völlig unbedeutend ist für Elfen?« Dafydd blies den kleinen Igel an, der seine Mütze festhalten musste.
»W… weiß nicht«, stotterte er. »Zugucken vielleicht?«
Dafydd warf die Arme hoch und stampfte wütend auf und ab.
»Ich war neugierig«, fügte Pirx hinzu. »Die Menschen sind so ganz anders als wir.«
»Natürlich sind sie das!«, rief der Prinz. »Sie sind unstet, aggressiv, launisch, dumm und einfältig! Sie haben nichts von unserem Adel, der Verbundenheit mit allem, was lebendig ist, unsere Vielfalt und unser Können. Sie haben kein Wissen, keine Macht, nichts! Und sie sind sterblich!«
»Genau wie wir jetzt«, sagte Rhiannon leise. »Unsere Überheblichkeit ist das Einzige, was uns geblieben ist.«
»Ach, hör doch auf!«, fuhr er sie an. »Warum willst du unbedingt in die Menschenwelt? Doch nicht aus edlen Motiven!«
»Dafydd, nun kapier es endlich!« Die Prinzessin stieß ihren Bruder an. »Wir müssen unser Leben jetzt in Tagen rechnen! Alles vergeht! Denkst du, ich will herumsitzen und eine Wette mit mir abschließen, was zuerst eintreten wird – der Tod aus Langeweile oder aus Altersschwäche? Ich will was erleben! Ich bin jung! Was haben wir bisher schon von unserem Leben gehabt, immer unter der Fuchtel unseres Vaters? Wir kennen nur das Baumschloss, nichts sonst! Selbst Pirx ist schon weiter herumgekommen!«
Ihre Augen schienen temperamentvoll zu sprühen. »Jetzt sind wir erst recht eingesperrt und können nirgends hin – außer in die Menschenwelt! Zu Sterblichen, genau wie wir es sind! Die verstehen, was es bedeutet, kurzlebig zu sein. Bestimmt gibt es jede Menge Abenteuer in dieser Welt! Warum sträubst du dich so?«
»Weil ich … weil ich … Ach, ich will nicht dorthin.« Dafydd schob ihre Hand weg. »Wer weiß, vielleicht vergehe ich dort noch schneller als hier? Zudem gibt es bestimmt viermal so viel Menschen wie Elfen! Warum muss ich da hin und mich in dieses Gedränge mischen? Was machen die Menschen überhaupt den ganzen Tag?«
»Find es heraus! Ich denke, wenn du schon diese Frage stellst, bist du im Grunde doch neugierig.«
»So, und dir geht es also ums Abenteuer? Alles andere ist dir gleichgültig?«
Rhiannon blickte
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