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Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt - Schartz, S: Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt

Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt - Schartz, S: Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt

Titel: Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt - Schartz, S: Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schartz
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der Grogoch. »Bereitet euch auf die große Reise vor, wie es sich geziemt. Ihr scheint euch nicht im Klaren darüber zu sein, was vor uns liegt.«
    »Du etwa?«, piepste Pirx frech und fing sich dafür die zuvor schon verdiente Maulschelle ein. Er rieb sich die fellige Wange und sah den Grogoch empört an, wagte aber nicht, aufzubegehren.
    »Vielleicht ist es besser, dass es uns noch nicht bewusst ist«, meinte Rhiannon.
    »Eine fremde Welt …«, murmelte Dafydd.

6 Das große Verschwinden
    Wo will sie hin?
, fragte sich Nadja, während sie Rian Bonet auf Abstand folgte. Die junge Frau fühlte sich anscheinend sicher. Gemächlichen Schrittes ging sie die Petit Rue entlang, auf die Lafayette zu, die direkt zum Kaufhaus führte und damit ins Zentrum.
    Es war fast zehn Uhr abends, aber Paris war von Straßenlichtern und Werbeschildern hell erleuchtet, und jede Menge Leute bevölkerten die Straßen und Gehsteige. Es war kaum ein Unterschied zum Tag, nur dass weniger Autos fuhren und der Himmel schwarz schimmerte.
    »Attention!«, erklang plötzlich ein Ruf, und Nadja sprang spontan zur Seite. Dicht neben ihr schlug ein Blumentopf mit Chrysanthemen ein, zersprang in tausend Stücke und verteilte den Inhalt über den Gehsteig. Die Blumen umrankten eine Inschrift im Boden, ein Datum, wahrscheinlich etwas Historisches.
    Wie sinnig!
, schoss der Gedanke in Nadja empor. Wütend blickte sie nach oben.
    Auf der dritten Etage stand ein junger Mann in Hemd und Jogginghose und winkte. »Pardon!«, rief er.
    »Dir geb ich gleich was aufs Auge und sag auch Pardon«, knurrte Nadja. »Was ist das für ein abgedroschener Witz? Pardon, weil du mich verfehlt hast?« Sie zeigte ihm den Mittelfinger, wie sie es gerade erst im Krankenhaus gesehen hatte, und ging weiter. Der junge Mann rief ihr Unverständliches hinterher, was nach Nadjas Meinung nur Obszönitäten sein konnten. Aber für diese Erweiterung ihres Sprachschatzes hatte sie jetzt keinen Sinn.
    Inzwischen war Rian aus ihrem Sichtfeld verschwunden, aber Nadja folgte nicht zum ersten Mal jemandem. Sie brauchte nur Geduld zu haben und weiter in Richtung Zentrum zu gehen, dann tauchte die junge Frau garantiert wieder auf. Es hatte keinen Sinn, jetzt loszurennen und blindlings zu suchen – es war besser, wenn sie jetzt Informationen sammelte. Rian hatte in der Klinik auf etwas gewartet, also würde sie wahrscheinlich dorthin zurückkehren. Der Kreis wurde enger – und die Zusammenhänge immer mysteriöser.
    Auf einmal sah Nadja die junge Frau. Sie kam aus einer Chocolaterie, beladen mit zwei kleinen Tüten. Ohne links oder rechts zu schauen, ging sie weiter Richtung Zentrum. Dabei verschwand ihre schmale Hand ab und zu in einer der Tüten und zog etwas Kleines heraus, das sie zu ihrem Mund führte. Rian hatte Nadja offensichtlich völlig vergessen oder wollte nicht glauben, dass ihr jemand so hartnäckig folgte.
    Nadja überlegte, wie lange sie das Verfolgungsspiel noch treiben wollte. War es nicht besser, eine zweite Kontaktaufnahme zu versuchen?
    Aber was wollte sie überhaupt von Rian? Sie fragen, was sie mit Boy X zu tun hatte? Das wäre zumindest ein Anfang. Nadja konnte sogar die Wahrheit sagen: Sie arbeitete an einer Reportage über ihn. Vermutlich würde sie sich aber eine Abfuhr einhandeln. Nadja müsste eingestehen, dass sie Rian verfolgt hatte, und zwar eine ganze Weile, bevor sie das Model ansprach.
    »He! Aufpassen!«, schnauzte eine ungehaltene Stimme in ihre Gedanken, und Nadja sprang automatisch zur Seite, zur Straße hin. Die Gefahr, von einem Skater überrollt zu werden, war größer als von einem Auto überfahren.
    Dann erst sah sie, dass sie beinahe auf ein Bodengemälde getreten wäre. Es zeigte eine wunderbare Fantasielandschaft, in der Frühling und Herbst zugleich herrschten.
    »Entschuldigung«, murmelte sie. »Ich war in Gedanken.«
    »Das sehe ich«, knurrte der Künstler. Er mochte etwa Ende zwanzig sein, hatte wirre dunkle Locken und abgerissene Kleidung; die Finger waren farbig von der Fettkreide.
    Und er war stockblind.
    Das eine Auge war fast weiß, das andere rollte unruhig in der Höhle, wie eine Perle in einer zu großen Ringfassung.
    »Sie sehen meine Gedanken?«, entfuhr es Nadja.
    »Laut und deutlich.«
    »Wie machen Sie das mit dem Bild?«, fragte sie weiter, weil sie es nicht fassen konnte.
    Der Künstler tippte sich gegen die Schläfe. »Ich habe es hier drin. Ganz genau dokumentiert.«
    Es gab auch blinde Bildhauer, Nadja wusste das.

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