Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt - Schartz, S: Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt
in die Runde. »Glaubt ihr etwa im Ernst an den Quell der Unsterblichkeit? Dass wir ihn ausgerechnet in der Menschenwelt finden?«
Betreten blickten die anderen zur Seite. »Na jaaaa …«, machte Pirx schließlich gedehnt. »Also, ich schon.«
»Aber warum?«
»Weil ich nicht geglaubt hätte, dass es Paris gibt, wenn ich’s nicht mit eigenen Augen gesehen hätte. Wenn’s das eine gibt …«
»Glaubst du dann auch nicht an uns? So wie die Menschen?«, fragte Dafydd seine Schwester.
Rhiannon war nun verunsichert. »Können wir dort wirklich eine Spur finden?«
»Ich weiß nicht.« Er ergriff ihre Schultern. »Aber wir müssen ernsthaft an diese Sache herangehen, Schwester. Das können wir nicht einfach so auf die leichte Schulter nehmen. Sie setzen ihre Hoffnungen in uns und zweifeln auf der anderen Seite, ob wir überhaupt dazu fähig sind. Also müssen wir ihnen beweisen, dass Grund zur Hoffnung besteht und dass wir mehr sind als nur die Ableger unseres Vaters, die man nicht ernst nehmen muss.«
»Also bist du dabei?«, flüsterte sie.
»Natürlich bin ich dabei«, sagte er sanft. »Denkst du, ich lasse dich allein gehen? Außerdem hat unser Vater es so bestimmt, und ich denke, das war eine der schwersten Entscheidungen seines Lebens, weil er sie entgegen seiner Überzeugung getroffen hat.«
Sie prustete plötzlich los. »Hast du sein Gesicht gesehen? Genauso hat er damals geschaut, als wir ihm die Stinkmorchel ins Wildbret gesteckt hatten.«
»Ich erinnere mich auch gut an die Tracht Prügel, die wir hinterher dafür bekommen haben.« Der Prinz begann zu grinsen.
»Aber das war’s wert.«
»Und ob!«
»Also werden wir ihm jetzt gehorchen, was ihm überhaupt nicht recht ist. Das wird ihn in einen schweren Konflikt stürzen!« Rhiannon kicherte.
»Wahrscheinlich wird er dabei ganz weißhaarig«, meinte Dafydd. Dann lachten sie beide.
Der Grogoch schüttelte das haarige Haupt. »Schlimme Kinder seid ihr.« Sein Seufzer war lang und tief.
Dafydd wanderte durch den Schlosspark, am See entlang und weiter ins Land hinein. Stellenweise sah die Gegend unverändert aus, grün und blühend im ewigen Frühling. Kaninchen hoppelten über die Wiesen und suchten sich die besten Kräuter aus, und der Adler beobachtete sie hoch oben, um sich eines von ihnen zu holen. Ein ewiger Kreislauf, der alles bewahrte. Jeder war Teil dieser Welt, egal in welcher Form, und nichts ging verloren.
Doch jetzt gab es braune Flecken, die wie Schmutzkleckse inmitten des vielfarbigen Teppichs deutlich hervortraten. Der Prinz blickte zum Himmel hoch, wo sich die Sonne hinter Schleiern versteckte. Wahrscheinlich würde sie nie mehr hervorkommen, solange der Herbst regierte.
Vielleicht hatte Rhiannon recht. Es war besser, all dem hier zu entkommen. Was nützte es ihm, von einer Seite des Reichs zur anderen zu reisen, wenn es keine Möglichkeit gab, die Grenzen zu überschreiten? Und was blieb anderes, als dem sich weiter ausbreitenden Verfall zuzusehen, jeden Tag in sein Inneres zu lauschen und herauszufinden, wie viel Zeit noch blieb?
Würde er eines Tages spüren können, wie er verfiel?
Andererseits: Warum sollte er überhaupt etwas unternehmen, wenn nichts von ihm übrig blieb? Er ging nicht nach Annuyn, wo sein Schatten die Erinnerungen bewahren würde, sondern er löste sich spurlos auf. Niemand würde mehr wissen, dass es Dafydd von den Sidhe Crain gegeben hatte, weil er sich selbst nicht mehr erinnern würde.
Also wozu Erfahrungen sammeln, die er ja doch nicht bewahren konnte? Womöglich schöne Erlebnisse, deren Verlust er bedauern müsste? Am Ende würde doch nichts als Reue bleiben und dann … nichts.
Doch er wollte Rhiannon nicht im Stich lassen. Seine Schwester war wie eine Hälfte von ihm, und sie freute sich auf die Welt der Menschen. Pirx hatte ihr viel erzählt, sie wollte es wissen. Sehen, fühlen, riechen, erleben.
Rhiannon war wissbegierig und neugierig. Sie konnte sich nicht vorstellen, was es bedeuten mochte, ein Mensch zu sein. Sie wollte alles über die sterblichen Wesen in Erfahrung bringen, mit denen sie sich dieses Universum teilten. Schließlich hatte es sogar einmal eine Zeit gegeben, zu der sie alle gemeinsam in einer Welt gelebt hatten, bis die Kriege ausgebrochen waren und die Welten voneinander getrennt werden mussten.
Es war nicht so, dass die Menschen an allem schuld waren. Dafydd wusste um die ständigen Grenzstreitigkeiten und sogar Duelle, die Elfen nahezu täglich ausfochten. Die Elfen
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