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Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt - Schartz, S: Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt

Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt - Schartz, S: Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt

Titel: Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt - Schartz, S: Elfenzeit 1: Der Hauch der Anderswelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schartz
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Trotzdem fand sie es erstaunlich und nicht greifbar. Irritierend, weil sie nicht nachvollziehen konnte, wie jemand ein Bild schaffen konnte, das harmonisch komponiert war, obwohl er es nicht sehen konnte. Wie konnte er die farbigen Kreiden unterscheiden, die rings um ihn verteilt lagen, ohne besondere fühlbare Kennzeichnung?
    »Wie unterscheiden Sie die Farben?«
    »Jede hat ihren eigenen Geruch. Sie müssen Ihren übrigen Sinnen einfach eine Chance geben, Madame. Wenn Sie die Augen ausschalten, kommt Erstaunliches dabei heraus. Eine Welt, die Sie sonst nie wahrnehmen.«
    Nadja ging leicht in die Hocke und betrachtete die Landschaft, die ihr fremd und vertraut zugleich vorkam. »Warum haben Sie den Herbst hineingezeichnet, und das in so traurigen Farben?«
    Der Künstler richtete die blinden Augen auf sie. Auf seinem Gesicht zeichnete sich tiefer Schrecken. »Was sagen Sie da?«, flüsterte er. »Was habe ich angeblich gemalt?«
    »Es ist eine Frühlingslandschaft, mit braunen Flecken drin, wie im späten Herbst. An den Bäumen fehlen die meisten Blätter, das Laub liegt auf dem Boden und …«
    »Hören Sie auf!« Nadja zuckte zusammen, als sie die verzweifelte Stimme hörte und die Hand spürte, die sich in ihren Arm krallte. »Sagen Sie mir, sehen Sie hier irgendeine Kreide, die zu den von Ihnen beschriebenen Farben passt?«
    Nadja betrachtete die Stifte. Dann sagte sie erschrocken: »Nein. Wie ist das möglich?«
    »Es hat begonnen«, stieß der Künstler heiser hervor. »Der Baum stirbt. Unglückselige, was haben Sie mir angetan!« Er sprang auf und fuchtelte wild mit den Händen. »Gehen Sie! Verschwinden Sie! Hauen Sie ab!«
    »Ich gehe ja schon, nur die Ruhe.« Nadja streckte sich, die Beine waren halb eingeschlafen, und die ersten Schritte wackelte sie ein wenig, bevor sie beschleunigen konnte.
    Der Künstler schrie hinter ihr wie ein Besessener und fing an, sein Bild zu zerstören. Er warf Nadja Sachen hinterher, die er durch blindes Herumtasten ergriff.
    Nadja schüttelte den Kopf. Was war das heute für ein Tag? Einige Passanten schimpften ihr nach, als sie sich durch eine größere Menge drängelte. »Wer hat es denn jetzt noch eilig?« Und: »Wie wär’s mit früher aufstehen?«
    Wütend musste sie sich eingestehen, dass sie Rian erneut aus den Augen verloren hatte. Inzwischen hatten sie den Gare de L’Est hinter sich gelassen; die Straßen wurden unübersichtlicher, dichter und enger. Nadja würde sich wohl geschlagen geben müssen. Sie eilte an den Bettlern vorbei, die in dieser Gegend zahlreicher waren. Manche hatten Hunde dabei, und bei deren Anblick fühlte Nadja sich noch elender.
    Aber so war das in Paris, die Metropole zeigte ihre Licht- und Schattenseiten. An den Metroeingängen standen die Papierverteiler, die ihre Flugblätter einfach den Vorübereilenden in die Hand drückten, ob sie wollten oder nicht. Das Papier landete meist ungelesen auf dem Gehsteig. Bei den besonders frequentierten Stationen stapelten sich vielerlei bunte Zettel, ließen sich vom Wind treiben und bildeten Haufen, wie Laub. Die Stadt wurde dieser Flut nicht Herr; die Verteiler sahen die Polizei stets rechtzeitig kommen und ergriffen die Flucht, um anderswo weiterzumachen.
    Auch die Animateure waren bereits unterwegs und luden ein, ins Restaurant, ins Kino, in eine Revue, in die Disco, in eine Peepshow. Nadja setzte ihre virtuellen Scheuklappen auf; sie steckte sich Stöpsel ins Ohr und senkte den Kopf. So hatte sie wenigstens einigermaßen Chancen, nicht von jedem angequatscht zu werden.
    Gerade noch rechtzeitig erkannte sie einen professionellen Dieb, der sie anrempeln wollte, und wich ihm aus. »Halt dich bloß fern, du!«, herrschte sie ihn an.
    Indigniert hob er die Hände. »Keine Panik, Madame!«
    Plötzlich blieb Nadja stehen. Sie konnte es sich nicht erklären, aber sie hatte das Gefühl, dass Rian in der Nähe war. Als ob ein Lichtschimmer zwischen den Menschen wandelte. Obwohl sie ihn nicht sehen konnte. Aber irgendwie … spüren.
    Es war irrational. Aber … warum sollte sie sich nicht von ihrer Intuition leiten lassen? Sie hatte sowieso keine Chance, das Model zu finden. Zumindest nicht auf normalem Wege. Also dann …
    Nadja ließ sich treiben. Es war, als hätte sie wie ein Spürhund eine Witterung aufgenommen. Ziellos wanderte sie durch die Gassen; sie befand sich nun zwischen Opéra und Louvre, in einem völlig unübersichtlichen Durcheinander, das kein Stadtplan mehr erfassen konnte. Nicht einmal

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