Elfenzeit 11: Merlins Erwachen - Hartmann, C: Elfenzeit 11: Merlins Erwachen
beste Laune haben«, vermutete er. »Seid Ihr sicher, dass Ihr jetzt sofort zu ihm gehen wollt?«
Sie hatten vereinbart, dass Joscelin seinen Status als Mönch dazu nutzen sollte, Herzog Wilhelm darum zu bitten, Eleanor zu empfangen.
Eleanor nickte langsam. Ihr Herz hatte begonnen, so stark zu klopfen, dass es wehtat.
Wilhelms Männer begannen sofort nach der Überquerung des Flusses damit, ein Heerlager zu errichten, und am Rande dieses Lagers ließ Joscelin Eleanor zurück. Eine alte Marketenderin, welche die Soldaten offenbar mit Heilkräutern und obskuren Medizinen versorgte, hatte ihm versprochen, auf die junge Frau aufzupassen, damit keiner der niederen Soldaten auf die Idee kam, sie anzugrapschen. Obwohl Eleanor die zahnlose und übel riechende Alte nicht besonders sympathisch fand, war sie ihr dankbar für ihren Schutz. Zwar hatte sie es in den vergangenen Wochen einigermaßen erfolgreich geschafft, über Rousels Vergewaltigung hinwegzukommen, aber allein bei dem Gedanken, dass ihr Ähnliches noch einmal passieren könnte, stieg Übelkeit in ihr auf.
Es war bereits später Nachmittag, als Joscelin endlich zurückkehrte. Er brachte keine besonders guten Nachrichten. »Der Herzog weigert sich, dich zu empfangen«, sagte er betrübt. »Ich habe all meine kirchliche Autorität in die Waagschale geworfen, aber er ist zu sehr mit seinem Kriegszug beschäftigt, um auf mich zu hören.«
Eleanor, die auf dem Karren der Marketenderin saß und die Füße baumeln ließ, runzelte die Stirn. »Und was nun?«
Im Grunde hatte sie genau das kommen sehen. Wer war sie schon, dass ein Herzog sie empfangen sollte? Eine einfache Dienstmagd eines ebenso einfachen Wirtes! Sie horchte in sich hinein, um zu erfahren, ob sie die Abweisung betrübte, und stellte fest, dass sie fest auf die Hilfe der Göttin gebaut hatte. Dass sie es noch tat!
Sie gab sich einen Ruck und sprang von dem Karren. »Es wird sich alles finden«, sagte sie. Dann sah sie die Alte an. »Kann ich für eine Weile bei Euch bleiben?«
15. April 1064, vor den Toren von Dol
Es war Davids Glück, dass er genau im Rücken zweier Kämpfer materialisierte, sonst hätten seine Reflexe womöglich nicht ausgereicht, um den Schwerthieben zu entkommen.
Dennoch zuckte er zusammen und warf sich zu Boden. Noch im Fallen zog er sein Schwert, und als er wieder auf die Füße kam, hielt er es in beiden Händen.
Der Krieger direkt vor ihm machte einen raschen Ausfallschritt. Seine Klinge sirrte durch die Luft und traf die Rüstung seines Gegners am Halsansatz, wo sie die Kettenglieder durchdrang.
Mit einem gurgelnden Schrei brach der Mann zusammen, und der Sieger wandte sich zu David um. Er schien überrascht, ihn zu sehen, und weitete die Augen kurz, bis sein Blick an Davids Schwert hängen blieb. Offenbar hielt er den Elfenprinzen für einen Verbündeten, denn er nickte knapp und konzentrierte sich erneut auf seinen Kampf. An neuen Gegnern herrschte jedenfalls kein Mangel.
David wich ein Stück zurück und gelangte hinter die Linien der Kämpfenden.
Ein Gebüsch, das um diese Jahreszeit mit hellem Grün bedeckt war, gab ihm Sichtschutz, sodass er sich nach Rian umsehen konnte.
Sie schien mehr Glück gehabt zu haben und gleich an einem relativ sicheren Ort gelandet zu sein. Hinter den Trümmern eines Trebuchet kauerte sie, einer mittelalterlichen Belagerungsmaschine, die ein wenig an einen Kran erinnerte.
David duckte sich, als ein ganzer Hagel von kleineren Steinen und brennenden Trümmern vom Himmel fiel, dann rannte er gebückt zu seiner Schwester.
»Alles in Ordnung?«, fragte sie. Sie war ein wenig blass um die Nase, und David vermutete, dass sie seinen Beinahekampf eben mit angesehen hatte.
»Klar.« Sein Herz jagte, aber er ließ sich nichts anmerken. Er brauchte zwei Anläufe, um die Schwertspitze in die Öffnung der Scheide zu bugsieren und die Klinge wieder fortzustecken. Rian beobachtete ihn dabei, sparte sich zu Davids Erleichterung jedoch einen Kommentar. Stattdessen warf sie einen langen Blick auf das Schlachtfeld vor ihnen.
Dol-de-Bretagne erinnerte in nichts mehr an die kleine, aber moderne Stadt, die sie für David und Rian noch vor wenigen Augenblicken gewesen war. Eine hölzerne Wehrmauer umgab den Ort und eine Armee von mindestens fünfhundert bewaffneten Feinden. Die Zwillinge sahen Bogenschützen, welche die Wehrgänge der Stadt mit ihre Geschossen eindeckten. Sie sahen Männer in erbitterte Zweikämpfe verwickelt, die sich hauptsächlich um
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