Elfenzeit 11: Merlins Erwachen - Hartmann, C: Elfenzeit 11: Merlins Erwachen
Fingernägel hinein, um ihre wahren Gefühle nicht zu verraten. »Wir lassen sie nicht im Stich«, sagte sie so ruhig wie möglich. Aber sie glaubte selbst nicht an ihre Worte.
Der Renault wurde durchgeschüttelt, während Régis mit ungefähr siebzig Stundenkilometern eine enge Abfahrt nahm. »
Nous arrivons dans un instant
«, verkündete er fröhlich und drückte den Zigarettenstummel in seinem übervollen Aschenbecher aus. »Wir sind gleich da.«
Rian blickte aus dem Seitenfenster und sah ein schlichtes Holzschild mit der Aufschrift
Lac
– See – vor sich. Eine Reihe von Bäumen umstand einen kleinen Parkplatz, an dessen Rand sich drei Tische für ein Picknick befanden. Régis hatte recht: Sie waren da.
Alles in allem sah das Ganze aber eher unspektakulär aus – ganz und gar nicht nach einem Ort, an dem eine der mächtigsten Elfen der Anderswelt residierte.
David fühlte sich so unendlich müde, dass ihm sogar das Aussteigen aus dem altersschwachen Renault schwerfiel. Was war das nur für eine Empfindung, die er tief in seinem Innersten wahrnahm? Dieser dumpfe Druck, der seine Brust zusammenquetschte wie eine Faust und immer genau dann zu scharfem Schmerz explodierte, wenn er an Nadja dachte.
Nadja!
Er zwang seine Gedanken in eine andere Richtung, doch das führte nur dazu, dass ihm Szenen aus Filmen einfielen, die er in der Menschenwelt gesehen hatte. Kate Winslet und Leonardo DiCaprio, die mit ineinander verschränkten Händen und strahlenden Augen beim Tanz umeinander wirbelten, Meg Ryan, die ihre Wange in die Hand eines traurigen Nicolas Cage legte … Die Welt drehte sich um David, und er suchte Halt an der Dachkante des Renault.
»Alles in Ordnung?« Rians Gesicht war ganz dicht vor ihm, ihre Augen schienen für einen Moment vollständig violett zu sein.
Er schüttelte seine Empfindungen von sich. »Klar. Wollen wir?« Schnell wies er auf einen schmalen Pfad, der von dem Parkplatz aus in den Wald führte. Der See von Comper – das wusste er von den Karten, die sie sich vor ihrem Aufbruch hierher angesehen hatten – besaß vage die Form eines Zentauren mit dicken Schenkeln und langem Hals und lag am Rande eines Waldgebietes, das trotz der sommerlichen Temperaturen und der Sonne, die immer wieder hinter ziehenden Wolken hervorschaute, eigenartig finster wirkte.
»
Inquiétant, n’est-ce pas?
«, brummte Régis vor sich hin. »Unheimlich, oder?« Er war ebenfalls aus dem Wagen gestiegen, stand neben der Fahrertür und warf einen langen Blick in Richtung Wald. Seine Rechte lag auf dem Autodach, und plötzlich ließ er die flache Hand gegen das dünne Blech krachen. Es gab einen donnernden Knall, der David herumfahren ließ.
»Gar nicht unheimlich«, sagte der Prinz, ebenfalls auf Französisch. Dann zauberte er ein typisches Elfenlächeln auf seine Züge. »Wir danken dir, dass du uns bis hierher mitgenommen hast!«
Régis bleckte die Zähne zu einem breiten Grinsen. »Kein Problem. War eine interessante Erfahrung mit euch.« Er blickte in Rians Richtung, und einen Augenblick später gab er sich einen Ruck. »
Alors!
Wird Zeit, dass ich nach Hause komme. Madame wartet bestimmt schon.« Noch einmal schlug er gegen sein Autodach, stieg wieder ein und wartete, bis Rian und David ihre Türen geschlossen hatten.
Der Motor des Renault heulte auf. Eine dicke blaue Qualmwolke schoss aus dem Auspuff und verpestete die Luft. Schließlich fuhr Régis ruckend an, wendete auf dem kleinen Parkplatz, wobei er beinahe einen der Picknicktische gerammt hätte, und fuhr zurück auf die Straße. Kurz bevor er den Blicken der Zwillinge entschwand, schob er seinen Arm aus dem Fenster und winkte ihnen zum Abschied zu. David schaute ihm stirnrunzelnd nach.
»Du spürst es auch, oder?« Rians Frage riss ihn aus einem Wust von Gedanken, von denen die meisten sich schon wieder um Nadja drehten.
Er sah sie an. »Was? Die Präsenz der Herrin vom See?«
Rian schlang ihre Arme um den Oberkörper. Es sah aus, als sei ihr kalt. Statt ihm eine Antwort zu geben, trat sie an eine überdachte Informationstafel, auf der in knappen Worten einige Hinweise zum See standen.
»Der Sage nach soll Viviane in diesem See den jungen Lanzelot großgezogen haben«, las sie vor. »Es heißt, sie lebe noch heute in ihrem Schloss unter der Wasseroberfläche.«
»Tut sie.« David nickte. »Man fühlt es deutlich.« Die Luft war erfüllt von einer starken magischen Energie.
»Komm«, sagte Rian und trat auf einen schmalen Pfad, der vom
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