Elfenzeit 11: Merlins Erwachen - Hartmann, C: Elfenzeit 11: Merlins Erwachen
von Wilhelms Bett stand, und stützte den Herzog, um ihm das Gefäß an die Lippen zu setzen.
Als er es leicht kippte, erfüllte ein schwerer, süßlicher Geruch das Zelt. Und Rian erkannte ihn.
Es war jener, den sie auch in Jeans Atem wahrgenommen hatte. Jener, den sie aus dem Baumschloss kannte, weil die Pflanze, von der er stammte, auch in der Anderswelt wuchs.
Belladonna. Die Tollkirsche!
»Nicht!«, rief sie. »Gebt ihm das nicht zu trinken! Es ist vergiftet!«
Jean hob eine Augenbraue, aber er hielt nicht in seinem Tun inne. Rian sah keine andere Möglichkeit: Sie sprang vorwärts und schlug dem Wundarzt den Becher aus der Hand. In weitem Bogen flog das Gefäß durch die Luft und landete an der Zeltplane, wo es zu Boden fiel. Sein Inhalt ergoss sich als dunkelroter Strom auf den kostbaren Teppich, der dort lag. Der Geruch des Giftes füllte die Luft mit seiner schweren Süße.
»Vergiftet!«, sagte Rian noch einmal. »Ihr selbst seid ebenfalls vergiftet worden, ich konnte es in Eurem Atem riechen.«
Nach wie vor hatte Jean die Augenbraue erhoben. Zögernd nahm er die Hand vor den Mund und hauchte hinein. »Schlechter Atem? Ich muss dringend etwas für mein Benehmen tun.«
Rian rang die Hände. »Nein! Versteht doch!«
»Ich verstehe sehr gut!« Jean ging zu einem Tischchen, auf dem eine Karaffe und weitere Becher standen. Er goss einen neuen Becher voll, und der Geruch nach Belladonna verstärkte sich noch einmal.
Da begriff Rian, und ihre Augen weiteten sich. »Ihr!«, hauchte sie ungläubig. »Ihr seid derjenige, der den Herzog vergiftet!«
Fassungslos sah sie zu, wie der Wundarzt Wilhelm den Becher an die Lippen setzte. Bevor sie dazwischengehen konnte, ließ er ihn tatsächlich trinken.
»Ihr seid ein kluges Weib!«, sagte Jean und stellte den geleerten Becher fort. Sanft tupfte er dem Herzog ein paar Tropfen von der Unterlippe. »Es wird Euch nur nichts mehr nützen. Denn die Dosis, die der Herzog soeben erhalten hat, wird dafür sorgen, dass er noch in dieser Nacht stirbt. Und Ihr werdet vor Sonnenaufgang als Hexe hingerichtet. So einfach ist das!«
Rian hatte Mühe, Luft zu bekommen. Sie handelte, ohne zu überlegen, und hastete zum Zelteingang. »Der Medik…«, setzte sie an und prallte gegen eine hochgewachsene Gestalt, die in diesem Moment hereinkam.
»Baptiste!«, keuchte sie voller Erleichterung. »Ihr müsst Jean festnehmen. Er plant, den Herzog umzubringen!«
Baptiste trieb sie mit seinem kräftigen Körper zurück ins Innere des Zeltes. Seine Rechte lag am Schwertgriff, und ein zorniges Blitzen tauchte in seinen Augen auf, als er Jean ansah.
»Ihr Narr!«, sagte er gefährlich leise. »Ich habe Euch gesagt, dass Euer Plan entdeckt werden wird!«
Rian fiel der Unterkiefer herunter. »Ihr auch?«
Baptiste sah sie mitleidig an und nickte knapp.
»Warum?«, hauchte Rian.
»Wir sind Conans Männer«, sagte er schlicht.
Als sie sah, was Baptiste in der anderen Hand hielt, wich sie ein Stück zurück. Es war ein schwarz gefiederter Kadaver.
Eine Krähe.
Baptiste ließ sie vor Rian zu Boden fallen. »Euer Bruder«, sagte er kühl. »Die Leute werden glauben, dass er sich in einen Raben verwandelt hat und davonfliegen wollte, als wir ihn dann doch noch gestellt haben.«
Ein Armbrustbolzen ragte aus der Brust des Vogels, und ein Flügel war von der Wucht des Schusses völlig zertrümmert worden.
»Alarm!«, brüllte Baptiste.
Im nächsten Moment wimmelte es im Zelt von Soldaten.
»Nehmt diese Frau fest!«, befahl der Capitaine. »Sie hat soeben den Herzog getötet. Noch in dieser Nacht wird sie durch das Schwert sterben!«
Es war alles ganz falsch!
Eleanor hastete zu Dafydd hinüber und ließ sich neben seinem reglosen Körper auf die Erde fallen.
Es war falsch! In ihren Träumen war er am Leben gewesen, kräftig und schön. Ihn jetzt so zu sehen, ausgezehrt, blutüberstömt mit diesem Armbrustbolzen, der von hinten in seine Schulter eingedrungen war und vorne aus seinem hellen Fleisch ragte, war … einfach falsch!
Schluchzend beugte Eleanor sich über Dafydd. Was sollte sie bloß tun?
Plötzlich legte sich eine warme Hand auf ihre Schulter. »Das Wasser«, sagte Guy. »Es wird ihn heilen! Komm, hilf mir!«
Er kniete sich hin und griff unter Dafydds Schultern. Eleanor brauchte einen Moment, bis sie sich gefangen hatte. Dann nahm sie Dafydds Füße, und gemeinsam schleiften sie den Elfenprinzen zu der Quelle.
»Das wird jetzt nicht besonders schön«, murmelte Guy. »Dreh
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