Elfenzeit 12: Ragnarök - Schartz, S: Elfenzeit 12: Ragnarök
Hofschranzen bewegten sich unruhig, blieben aber, wo sie waren. Die als Wachen postierten Steinelfen rückten näher an den Durchgang.
»Nehmt Platz!«, forderte Fanmór sein Gefolge auf.
Der Raum war sehr licht, mit weitem Blick auf das Reich der Crain. Mehr eine Plattform, ohne feste Mauern, nur mit Flechtwerk an den Seiten, doch nach vorn war alles offen. Marmorschemel standen im Halbrund und in der Mitte ein größerer Sitz für den König.
Nachdem sie sich gesetzt hatten, ließ Fanmór die Hand sinken. Sofort hüpfte Pirx herunter und eilte zu Grog.
»Was hat es mit dem Mondelfen auf sich?«, fragte der König.
»Er stand plötzlich vor unserer Tür und verlangte Ainfar zu sprechen«, antwortete Eledula. »Sie gingen ins Land hinaus, um ungestört zu sein. Ich konnte nicht erfahren, worum es ging.«
Fanmór runzelte grübelnd die Stirn. »Die Ankunft eines Mondelfen ist nie erfreulich. Ainfar wird uns aufklären müssen.«
»Gewiss, Herr, das hatte er vor.«
Damit ließ der Herrscher es zunächst gut sein. »Die Hofschranzen legen mein Verhalten bereits als Schwäche aus«, begann der Riese mit gedämpfter Stimme. Er sah den Corviden an. »Ist das so, Regiatus?«
»Ich sehe Euch stark und ungebrochen wie immer«, antwortete der.
»Dennoch regt sich Widerstand in Euch«, beharrte Fanmór. »Eure Reise nach Sizilien beispielsweise erfolgte ohne mein Wissen.«
Nervös leckte sich Regiatus mit seiner langen Zunge über die schwarze Hirschnase. »Es musste schnell gehandelt werden …«
»Hinter meinem Rücken? Bereits seit tausend Jahren geht Ihr so vor, denn auch von Eurem Bruder und seiner Tätigkeit im Schattenland wusste ich bisher nichts und erfuhr alles erst vor Kurzem in Newgrange.« Fanmór beugte sich leicht vor. »Sagt mir, Vertrauter: Was soll ich davon halten?«
»Ich … ich tat alles nur zu Eurem Wohl, Ehrwürdiger. Ich stehe absolut loyal zu Euch.« Der Corvide sprach ruhig, doch seine Nase zuckte. Er wusste aus eigener Erfahrung, wie schnell Fanmór mit Urteil und Strafe war.
»Zu mir oder zum Thron?«
Regiatus schwieg.
»Ihr habt Verrat an mir begangen.«
Die Blaue Dame sprang auf. »Herr …«
Fanmór machte eine abweisende Geste. »Schweigt, zu Euch komme ich später.«
Regiatus entspannte sich plötzlich. »Seid unbesorgt, edle Dame«, sagte er zu seiner Begleiterin. »Wollte der König mich unter Anklage stellen, hätte er dies vor dem versammelten Hof getan und mich als abschreckendes Beispiel vor aller Augen hingerichtet.« Er erhob sich, trat vor den Herrscher, sank auf ein Knie und neigte das gehörnte Haupt. »Ich stehe zu Euch, Gebieter, auf Gedeih und Verderb. Verfügt über mich. Doch ich werde nicht aufhören, selbst zu denken und zu entscheiden, wenn die Zeit drängt und Eure Gedanken auf andere, nicht weniger wichtige Dinge gerichtet sind. Alles geschieht zum Wohle des Reiches, dessen Diener wir beide sind.«
Stille folgte. Pirx zog die Mütze vom Kopf und knetete sie, wie er es immer tat, wenn er aufgeregt war. Der Grogoch saß still und sah – sehr zum Erstaunen des Pixies – nicht sonderlich besorgt aus.
Fanmórs Blick kreuzte sich mit dem des haarigen Kobolds. »Alter Freund«, sagte der Riese. »Was soll ich nun davon halten?«
»Ich glaube, alles ist im Wandel, Herr«, antwortete Grog. »Und Ihr habt das inzwischen eingesehen.«
»Und nicht nur das, nicht wahr? Das willst du mir in Wirklichkeit sagen.«
»Ich weiß, was sich gehört, mein Gebieter, und wähle meine Worte sorgfältig. Wir sind gemeinsam einen so langen, weiten Weg gegangen … Ich denke, Ihr wisst, was ich meine.«
Völlig unerwartet lachte Fanmór. Kurz und gedämpft und eher bitter denn erheitert. Alle zuckten zusammen und waren zuerst erschrocken, dann ratlos. Pirx konnte sich überhaupt nicht erinnern, dass der Riese jemals gelacht hätte.
»Erhebt Euch, Regiatus«, sagte Fanmór mit gnädiger Geste zu dem Corviden. »Gut gesprochen und wahr. Der Pixie scheint auf Euch abzufärben.«
»Für alles kommt eine Zeit, Gebieter, selbst für die Wahrheit«, sagte Regiatus ruhig, wirkte allerdings äußerst erleichtert.
»Nun setzt Euch schon wieder.« Fanmór wedelte ungeduldig mit der Hand. Dann stand er selbst auf und trat an den Rand der Plattform, die Hände auf dem Rücken verschränkt. »In diesen Tagen brauche ich jeden guten Mann und jede kluge Frau«, fuhr er fort, den Rücken zu seinen Zuhörern gewandt. »Mag es als Zeichen von Schwäche gewertet werden, weil ich in meiner
Weitere Kostenlose Bücher