Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs - Kern, C: Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs
wollte. Robert schien sich damit zufriedenzugeben, denn er nickte nur und ging weiter den Hügel hinauf.
Die Pranken des Panthers hatten tiefe Spuren im sandigen Boden hinterlassen. Sonnenstrahlen brachen sich in kleinen Steinen, die verstreut im Gras lagen. Nadja bückte sich und hob einen von ihnen auf. Es war ein Smaragd, so groß wie ein Daumennagel.
»Nett«, sagte Robert. »Wir hätten ein paar Taschen mitnehmen sollen.«
»Hier ist jeder reich«, erklärte Anne. »Niemand muss hungern, es gibt keine Armut. Das war eines der Dinge, auf die der König bei der Erschaffung seines Reichs großen Wert legte. Daran kann ich mich noch erinnern. Er wollte über ein Reich herrschen, in dem es niemandem an etwas fehlte.«
Nadja ließ den Smaragd fallen. Sie hatten die Hügelkuppe fast erreicht. »Wenn niemandem etwas fehlt«, sagte sie, »was wollen sie dann mit meinem Sohn?«
»Nicht sie«, widersprach Anne. »Er. Trotz allen Reichtums kann sich auch hier nur der König ein Kopfgeld leisten, das höher als das von Bandorchu ist.«
»Und ich weiß, was er will«, sagte Robert. Er stand bereits auf der Kuppe und blickte über das Land, das vor ihm lag. Nadja überwand die letzten Meter und trat neben ihn. Überrascht stieß sie den Atem aus.
Die Hügel fielen sanft hinab bis zu einer Ebene, die in der Sonne glitzerte. Nadja sah Bäume, die kahle Äste in den Himmel streckten, und gelb verdorrtes Gras. Gewaltige Staubwolken wehten über die Ebene. Weit entfernt stieg Rauch auf. Skelette lagen zwischen Diamanten und trockenem braunem Laub. Einige wirkten menschlich, andere tierisch, manche einfach nur fremd. Ein verrostetes Schwert steckte im Boden, daneben lag ein Helm.
Robert griff nach dem Schwert, aber es zerfiel in seiner Hand. Rost rieselte zwischen seinen Fingern hindurch. »Die Zeit hat das Paradies erreicht.«
Sie erreichten die Ebene, als es dunkel wurde. Anne entdeckte einen kleinen Fluss mit kristallklarem Wasser. Sie trank zuerst daraus und bat Nadja, beim Trinken an etwas zu denken, was sie gern essen würde. Robert grinste, als Nadja den ersten Schluck ausspuckte, dann aber vorsichtig ein zweites Mal trank.
»Wasser, das nach Chili con Carne schmeckt, ist etwas gewöhnungsbedürftig«, sagte sie und stand auf.
Er lachte. »Bist du satt geworden?«
»Ja, aber vielleicht hole ich mir gleich noch einen Nachschlag. Was willst du?«
»Danke, ich brauche nichts.« Er sah, wie sich ihr Gesichtsausdruck änderte. Einen Moment lang hatte sie wohl vergessen, zu was er geworden war.
»Nadja.«
Sie schüttelte den Kopf und setzte sich einige Meter entfernt auf einen Felsen. Robert seufzte leise. Er zuckte zusammen, als Anne ihre Hand auf seinen Rücken legte.
»Ihr werdet nie wieder Freunde sein«, sagte Anne. Bei einem Menschen hätte es grausam geklungen, bei ihr klang es wie eine Tatsache. »Sie wird in dir immer den Vampir sehen. Sie kann dir nicht mehr vertrauen, und ohne Vertrauen gibt es keine Freundschaft:«
Ich bin mir nicht sicher, ob ich dir vertraue
, dachte Robert,
aber trotzdem liebe ich dich. Erklär mir das
.
Beinahe hätte er die Worte ausgesprochen, doch im letzten Moment fing er sich. »Eine simple Gleichung«, sagte er stattdessen.
Anne nickte sichtlich zufrieden, zog ihre Jacke aus und legte sie sich um die Schultern.
»Wir sollten Holz sammeln für ein Feuer, bevor es ganz dunkel wird«, sagte Nadja. Sie hatte die Knie angezogen und sah auf die Ebene hinaus.
»Nicht nötig. Es wird nicht kälter werden.« Anne zog ihre Stiefel aus. »In diesem Reich muss niemand frieren.«
Robert setzte sich. Das Gras war trocken und weich. »Kein Hunger, kein Durst, keine Armut, keine Kälte ... Wo ist der Haken?«
Anne legte sich die Jacke über den Kopf. »Es regnet jeden Abend um die gleiche Zeit.«
Sie hatte den Satz noch nicht ausgesprochen, als schwere warme Tropfen aus dem plötzlich grauen Himmel fielen. Innerhalb von Sekunden wurden sie zu einem Sturzbach. Nadja sprang vom Felsen und hockte sich unter einen Vorsprung. Robert schlug den Kragen seiner Jacke hoch. Instinktiv wollte er ebenfalls Schutz suchen, doch dann fiel ihm ein, dass er nicht mehr krank werden konnte. Er stand auf, steckte die Hände in die Hosentaschen und sah dem Wetter zu. Es war ein perfekter Regen mit perfekten Tropfen, die in perfekten geraden Fäden fielen.
Binnen eines einzigen Lidschlags wechselte das Wetter. Der Regen versiegte, als habe man die Fäden durchgeschnitten, und Abendrot senkte sich über die
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