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Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs - Kern, C: Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs

Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs - Kern, C: Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs

Titel: Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs - Kern, C: Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Stück jeden Morgen vor dem Schulanfang mitsingen. Auch das verlangte
ariki
Teramati von seinen Untertanen. Und ein Bruder, der
tohunga
genannte Schamane des Ngati-Tama-Stammes, unterstützte ihn dabei.
    Der Sechzehnjährige warf einen vorsichtigen Blick auf seine Großtante Whetu, die als Gattin des
ariki
so etwas wie die oberste Sittenwächterin war und vor ihm saß. Sie sah nahezu andächtig zu ihrem Mann, der neben dem
tohunga
vorne stand und gerade anfing, die weltlicheren Dinge anzusprechen, die in der kleinen Gemeinde eine Rolle spielten. Erleichtert rutschte Jimmy wieder tiefer in die Bank. Diesmal bemühte er sich, weniger Lärm zu machen.
    Er hielt nichts von dem Budenzauber, wie er es nannte, den sein Großvater allsonntäglich zusammen mit seinem Bruder im Versammlungshaus, dem
whare hui
, abhielt. Am liebsten wäre er wieder ins Internat zurückgegangen, auch wenn er sich dort langweilte. Seine Mitschüler waren bis auf ein paar coole Typen einfach nur blöd. Aber mit denen, mit Trevor, Kuri und Adam, hätte er wenigstens surfen können.
    Eins wusste er genau: Wenn er achtzehn war, würde er nach Wellington abhauen. Er, Trevor und Adam wollten dort am College Informatik studieren.
Nur noch siebzehn Monate, die kriege ich auch noch rum
, dachte er, während er sich auf einen strengen Blick von Whetu hin widerwillig aufrecht setzte.
    Der formelle Teil der sonntäglichen Versammlung war vorbei, nun wurde diskutiert. Onkel Tearoa sortierte seine Abrechnungen und rückte wie immer seine Brille zurecht, während er darüber referierte, was die neuen Zäune und die Reparatur der Stromleitungen kosten würden. Die Gemeinde besprach, wie groß die Feier zur Taufe von Cousine Huhanas Baby ausfallen würde, und widmete sich zu guter Letzt der Frage, wen Tamati Waka Nene wohl als Nachfolger auswählen würde. Natürlich war es Großmutter Maata, die das Thema ansprach. Auch das war jeden Sonntag dasselbe.
    Jimmy wusste genau, dass er das eigentlich hätte sein müssen, und deshalb hörte er gar nicht hin. Jeden Sonntag an diesem Ort zu stehen und über Zaunreparaturen zu reden gehörte nicht zu seinen Zukunftsplänen. Sollte doch Bill Mokau, sein Cousin und der jüngere Bruder von Huhana, den Job übernehmen. Auch Jimmys älterer Schwester Mahine würde er gefallen. Sie war Krankenschwester in Inglewood, vier Jahre älter als er, und kannte all die Sagen und Legenden auswendig, die Großmutter Maata immer vor dem Einschlafen erzählt hatte.
    Doch Jimmy war der älteste Enkel, und sein Großvater hatte sich bis jetzt nicht damit abfinden können, seine Würde als
tohunga
einer Frau zu übergeben.
    Jimmy war fest entschlossen, in seinem Leben auf diesen ganzen andersweltlichen Unsinn mit all den Sagen und Märchen zu verzichten. Er wusste, dass in Wellington oder Auckland Computerexperten gesucht wurden, und er kannte sich ein wenig mit Spielentwicklung aus. Was gab es in Pukearuhe schon anderes zu tun, als abends
World of Warcraft
zu spielen oder eigene kleine Spiele zu schreiben? Selbst wenn es in Wellington nichts damit wurde, konnte er immer noch nach Sydney gehen.
    Da war wenigstens was los. In seinem Heimatdorf dagegen klappte man abends die paar Bürgersteige, die es gab, hoch und glaubte noch an Erdgeister.
    Er konnte sich überhaupt nicht vorstellen, einmal vor der Gemeinde im Versammlungsraum zu stehen und die jährlichen Rituale zu vollziehen, die immer im September fällig waren. Jimmy hielt das für dumm: Wem nutzten die Geschichten aus einer uralten Zeit, die ohnehin keine Rolle mehr spielte? Wozu sollte er sich noch daran erinnern wollen, dass einst eine Handvoll Maori auf einem wackligen Einbaum-Ausleger bei Pukearuhe an Land gegangen waren? Wen kümmerte es, wo sie hergekommen waren?
    Ihn interessierte auch nicht, dass sich unter seinen Vorfahren der berühmte Te Rangi Hiroa befunden hatte und er – wie sein Großvater nicht müde wurde zu betonen – sein Erbe gefälligst mit Würde antreten sollte. Gelangweilt lehnte Jimmy sein Knie an die Rücklehne der Bank vor ihm, rutschte noch ein wenig tiefer und legte den Kopf in den Nacken, um die Schnitzereien am Dachfirst zu betrachten, obwohl er die Muster so gut wie auswendig kannte.
Wie viele Sonntage habe ich schon auf diese Art verschwendet?
, fragte er sich. Ob er sie zählen konnte? Es war so ziemlich jeder Sonntag gewesen, den er auf der Welt war, also ...
    In diesem Moment geschah etwas ganz Unvorhergesehenes, was Jimmy Roimata davor bewahren

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