Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs - Kern, C: Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs
Blick diesen Eindruck, aber als sie sich freundlich lächelnd zu den Leuten umsah, bemerkte sie, dass sich die Zuschauer bis hinaus auf die Veranda drängten. Die beiden alten Herrschaften schien das nicht zu stören.
»Bitte.« Die Stimme des Alten klang bestimmt und nicht so, als würde er Widerspruch dulden.
Rian und David setzten sich prompt. Auch der Junge, den der Häuptling Raunga genannt hatte, und noch ein würdiger alter Mann nahmen Platz. Der Mann sah den anderen beiden so auffallend ähnlich, dass Rian eine verwandtschaftliche Beziehung vermutete.
Der Alte setzte sich ans Kopfende des Tisches und verschränkte die Finger vor sich ineinander. Er saß sehr aufrecht und musterte die beiden Fremden eingehend und nicht unfreundlich, wie Rian bemerkte.
»Ihr braucht also Hilfe. Die geben wir euch natürlich gern«, sagte er und sah dabei Rian an. Kein Wunder, denn David hatte noch nicht ein Wort gesagt. Vielleicht war es auch besser, dass er es nicht tat, schoss es Rian durch den Kopf.
Ein ungutes Gefühl meldete sich, als er wieder eine lange Pause einlegte. Zwar erwiderte er ihren offenen Blick freimütig, doch hatte Rian das Gefühl, dass er tiefer in sie hineinsah, als sie selbst das wollte. Sie verscheuchte den Gedanken und bedankte sich so höflich, wie es ihr nur möglich war.
Der alte Mann nickte und nahm einen Becher entgegen, den seine Frau ihm reichte. Sie hatte sich eine Weile an ihrer Kaffeemaschine zu schaffen gemacht und den Jungen, Raunga, mit ein paar gezischten Worten und einem bösen Blick dazu gebracht, ihr zu helfen.
Raunga verteilte Kaffeegeschirr auf dem Tisch und warf dabei immer wieder verstohlene Blicke auf die beiden Gäste. Rian war sich genau bewusst, wie sie auf den Jungen wirkte – nicht nur, weil er so selten Fremde sah. Es schmeichelte ihr stets, wenn sie erkannte, was für eine Wirkung sie auf Männer jedweden Alters hatte. Aber Raunga war noch sehr jung, stand gerade erst am Beginn der Mannwerdung.
Trotzdem war es sinnvoll, ihn auf ihrer Seite zu wissen. Auch wenn das Stammesoberhaupt, das sie nach wie vor mit unerschütterlicher Ruhe musterte, bedeutsamer war. Rian konzentrierte sich wieder auf ihren Gastgeber und nahm sich eine Tasse Kaffee.
»Ich bin Rian, und das ist mein Bruder David Bonet. Wir leben in Paris«, improvisierte sie. »Wir haben einen ganz normalen Urlaub verbracht, bis uns diese Räuberbande überfiel.«
Der Alte nickte und verzog keine Miene. »Ich bin Tamati Waka Nene, der
tohunga
. Ich bin der Oberpriester dieses Stammes. Meine Frau Maata macht gerade den Kaffee.« Also hatte sie richtig vermutet: Die Grauhaarige war seine Frau.
Der Reihe nach stellte Tamati Waka Nene alle vor, die sich mit ihnen an den Tisch gesetzt hatten. Da waren der
ariki
Teramati, das Oberhaupt, Onkel Tearoa und Tante Whetu. »Und meinen Enkel Raunga seht ihr hier.« Die Missbilligung, die in diesen letzten Worten lag, war für Rian nicht zu überhören.
Dem Jungen gefiel sie auch nicht sonderlich. Rian sah genau, dass er die Augen verdrehte und seinem Großvater einen genervten Blick zuwarf. »Opa, mein Name ist Jimmy, das weißt du doch!«, murmelte er.
Amüsiert bemerkte Rian, dass er rot wurde, als er ihre Aufmerksamkeit bemerkte. Sein Großvater stellte ganz klar eine Respektsperson für so ziemlich jeden der Anwesenden dar, und Jimmy schien ihm nicht allzu stark widersprechen zu wollen.
»Du bist mein Enkel und damit mein Nachfolger«, bemerkte Tamati Waka Nene ein wenig störrisch.
Da mischte sich seine Frau ein. »Eure ständigen Streitereien interessieren die beiden jungen Leute sicher gar nicht«, sagte sie energisch und stellte mit einem entschuldigenden Seufzer eine Zuckerdose auf den Tisch.
Rian wollte sich die Dose heranziehen und verzog das Gesicht, als sie ein kurzer Schmerz am Arm durchzuckte. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie David ebenfalls die Stirn runzelte.
Seltsame Atmosphäre hier am Tisch
, dachte Rian, räusperte sich und nahm einen Schluck von dem Kaffee. Sie schenkte Maata Waka Nene einen dankbaren Blick. »Ein sehr guter Kaffee, Madam«, sagte sie und wandte sich dann wieder an Tamati. »Vielleicht können Sie uns zum nächsten Motel bringen. Oder uns zumindest ein Telefon zur Verfügung stellen.«
Sie hatte sich überlegt, Tom in München anzurufen; vielleicht wusste er Bescheid, was in Island geschehen war. Nadjas Telefonnummer kannte sie zum Glück auswendig, also würde sie auf den Anrufbeantworter sprechen und warten, bis Tom
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