Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs - Kern, C: Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs
gern im Schatten des Todes.«
Nadja verstand im ersten Moment nicht, was er meinte, dann folgte sie seinem Blick zur anderen Seite des Platzes – und erstarrte. Mehr als ein Dutzend Galgen standen nebeneinander an einer Mauer. Leichen schwangen im Wind langsam hin und her. Ihre Köpfe waren unter Säcken verborgen. Abgebrannte Scheiterhaufen umgaben sie. Über ihnen hingen Käfige aus Eisen, in denen verkohlte, von der Hitze des Feuers zusammengekrümmte Tote lagen. Eine Frau stand an einem Pranger. Ihr kahl geschorener Kopf war gesenkt. Sie rührte sich nicht, obwohl Krähenvögel um sie flatterten. Nadja wusste nicht, ob sie noch lebte.
Sie zuckte zusammen, als Robert ihren Arm berührte. Seine Hand war kühl. »Sind wir sicher, dass wir auf der richtigen Seite stehen?«, fragte er leise.
Nadja ging nicht darauf ein. Der Anblick der Leichen verstörte und erschreckte sie. Ein Soldat ging gerade unter ihnen hindurch, unbeteiligt, einen langen Speer auf die Schulter gestützt. Er schien das grausige Bild nicht einmal wahrzunehmen.
»Kommt«, sagte Artair in die Stille hinein. »Ich zeige euch eure Unterkunft.«
Nadja wäre am liebsten davongelaufen. Die Häuser mit ihren zugemauerten Fenstern und den hohen Mauern, die Galgen, Scheiterhaufen und Käfige – alles erdrückte sie. Sogar die Luft war stickig, doch Nadja zwang sich weiterzugehen. Der Gedanke an Talamh half ihr dabei.
Artair führte sie um eine Ecke des Platzes und blieb stehen. »Hier lebe ich«, sagte er.
Sie befanden sich vor einem Schloss. Vier Stockwerke hoch ragte es vor ihnen empor. Kleine Türme, Erker und Spitzen, die zu Kirchtürmen zu gehören schienen, verzierten die Fassade. Edelsteine blitzten und glitzerten in ihnen, Fensterrahmen erstrahlten golden in der Sonne. Eine breite Marmortreppe führte zu einer edelsteinbesetzten, offen stehenden Tür. Erst auf den zweiten Blick sah Nadja, dass ein Teil des Daches eingestürzt und die Fassade voller tiefer Risse war.
Soldaten verneigten sich, als sie Artair sahen. Einer von ihnen, ein dicklicher, junger Elf, lief ihm entgegen. »Priester Dubhagan erwartet Euch im Audienzzimmer, Statthalter«, sagte er nach einer zweiten, linkischen Verbeugung. »Er ...«
»... möchte wissen, was Ihr Euch dabei gedacht habt«, unterbrach ihn eine Stimme. Ein Mann stand im Eingang. Seine schwarzen, verdreckten Roben wehten im Wind. Er war dürr und hatte eine ledrige, faltige Haut. Verfilztes, graublondes Haar hing ihm ins Gesicht und ging nahtlos in einen ebenso verfilzten Bart über. Als er näher kam, bemerkte Nadja, dass er stank.
»Meine Gedanken gehen nur mich und den Schmied etwas an, Priester.« Artair klang steif. Er wollte an Dubhagan vorbeigehen, doch der gab die Tür nicht frei.
»Wer ist da bei Euch?«, fragte er. Seine grünen Augen musterten Nadja.
»Pilger aus dem Norden. Ich habe sie eingeladen, sich ein paar Tage bei uns auszuruhen.« Artair machte einen weiteren Schritt auf die Tür zu. Er war größer als der Priester und wirkte in seiner Rüstung bedrohlich. »Gibt es sonst noch etwas?«
»Aus dem Norden, ja?« Dubhagans Blick glitt zu Robert und Anne, dann wieder zurück zu Nadja. Zögernd gab er den Weg frei. »Und Ihr fandet sie, als Ihr allein durch die Ebene rittet, obwohl Eure Untertanen Euch angefleht hatten, das zu unterlassen. Und obwohl der Schmied es nicht schätzt, wenn seine Werkzeuge sich unnötig in Gefahr begeben.«
»So ist es.« Artair ging an ihm vorbei. Nadja hielt den Atem an, als sie ihm folgte. Sie ging an dem Priester vorbei in eine Halle hinein, von der Treppen und Gänge in andere Bereiche des Schlosses führten.
»Wäret Ihr von niederer Geburt, würde ich glauben, die Flammenritter hätten Euch verhext und zur Unvorsicht gezwungen«, rief Dubhagan ihnen hinterher. »Ich würde einen Exorzisten kommen lassen.«
»Aber ich bin nicht von niederer Geburt«, antwortete Artair, ohne sich umzudrehen. Nadja hörte einen Hauch von Unsicherheit in seiner Stimme.
Sie bogen in einen Gang ab, der von Öllampen erhellt wurde. Die Wände bestanden aus dunklem Holz. Es gab keine Fenster. Artair öffnete eine Tür und blieb im Rahmen stehen. Der Raum hinter ihm wurde von einem breiten Bett beherrscht. Teppiche bedeckten Fußboden und Wände.
»Redet nicht mit Dubhagan«, sagte der Statthalter. »Wenn er euch etwas fragt, antwortet ausweichend oder am besten gar nicht.«
»Wer ist er?«
»Der Hohepriester von Las’wogg.« Artair fuhr sich mit der Hand über die
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