Elfenzeit 3: Der Quell der Nibelungen - Themsen, V: Elfenzeit 3: Der Quell der Nibelungen
in Rians Geist zu widerstehen. Er spürte, wie ihr Zug an seinem Geist nachließ, und schloss die Augen. Sofort formten Rians Empfindungen sich für ihn in Bilder.
Aus dem Farbenstrom schälte sich eine bekannte Landschaft. Zwischen grasbedeckten Hügeln führte unter Bäumen ein Weg, über den David schon unzählige Male geritten oder gegangen war, daheim in Crain. Er führte zu den Wiesen und Gärten, welche den breiten Stamm des Baumschlosses umgaben.
Wie ein Dolchstoß durchfuhr David die Sehnsucht, doch er unterdrückte den erneuten Impuls, Rian zu folgen. Er wusste, dass sie nicht wirklich dort war, nicht wirklich sah, was er sah. Es war nur die Art, wie seine Schwester die Dinge empfand, die sie auf andere Weise wahrnahm. Der Weg war das Wichtige und das einzig Reale, der Rest nur Illusion.
David öffnete die Augen. Er begegnete den Blicken von Alberich und Pirx, der eine erwartungsvoll, der andere besorgt. Dann spürte er den Zug im Seil und drehte sich um. Der Aureolvorhang hatte begonnen, sich wellenartig zu bewegen. Er teilte sich auf und gab eine umwirbelte Röhre frei, in der sie bequem hintereinander schwimmen konnten, ohne die Schleier zu berühren. Gleichzeitig zog eine Strömung Rians unbeweglichen Körper innerhalb des Lichtvorhangs weiter. David, Alberich und Pirx hüllten sich in die Glimmernetze und folgten ihr.
Der Weg, den Rian ihnen durch die Aureolschleier bahnte, war verschlungen wie ein Flechtknotenmuster. Mehr als einmal hatte David das Gefühl, sich im Kreis zu bewegen, doch in seinem Kopf blieb durchgehend das Bild des geraden Weges erhalten. Dies hieß hoffentlich, dass sie sich auf ihr Ziel zubewegten.
Je tiefer sie zwischen die Aureolschleier vorstießen, desto häufiger sah David auch Anzeichen von Leben innerhalb ihres alles durchdringenden Schimmerns. Dunklere Schatten huschten immer wieder zwischen den Lichtfeldern hindurch, manche zu schnell, um sie zu erkennen, manche langsamer. Die meisten schienen normale Fische zu sein.
Ihr Geist, sofern sie überhaupt einen besaßen, war wohl von Natur aus gegen die Schleier immun. Sie schossen zielstrebig und unbeeindruckt durch das Wasser, hielten zum Teil inne, wenn sie die durch die Schleier schwimmende Gruppe sahen, stoben jedoch sofort davon, wenn jemand sich in ihre Richtung bewegte.
Selbst die größeren Raubfische, die sich vermutlich über ein wehrloses Opfer hergemacht hätten, erkannten sofort, dass die Elfen nicht in ihr Beuteschema passten.
David wagte es dennoch nicht, zu entspannen. Immer wieder sah er einen deutlich größeren Schemen vorbeischießen, der sie zu umrunden schien. Er war zu schnell, um ihn klar erkennen zu können, aber David schätzte ihn auf etwa seine eigene Größe. Er ließ sich Zeit, beobachtete sie, hoffte vielleicht, dass ihre Aufmerksamkeit nachließ. Doch David blieb konzentriert und achtete darauf, sein Glimmernetz so zu tragen, dass er notfalls seinen Dolch benutzen konnte, ohne den Schutz zu verlieren.
Dann sah er in Rians Gedanken das Ende des Weges. Hoch ragte das Baumschloss vor ihm auf, und das verschlungene Tor am Ende des Weges war bereits zu sehen. Nicht mehr lange, und sie würden ihre Hände gegen die Ranken legen und die Worte sprechen können, die ihnen den Zugang verschafften.
Einen Moment lang ließ sich David von der Vision ablenken. Ihn wählte der Schatten, um zuzuschlagen.
Nirrick wusste nicht mehr, wie lange er kein warmes Blut mehr gesehen hatte.
Viele, viele lange Zeiten lebte er nun schon zwischen den hellen Schleiern, kannte die Dunkelheit nur von den seltenen Momenten, wenn er sich mit einer Beute tief in seine Höhle zurückzog, um noch ein wenig mit ihr zu spielen. Aber er hatte schon lange keine Beute mehr gehabt, bei der sich das lohnte.
Und er hatte lange kein warmes Blut mehr gehabt. Nicht, seit der Meister den Tiefensalamander gebracht und ihm hier ein Heim gegeben hatte. Der Tiefensalamander mochte Nirrick nicht, und er ließ ihn auf seiner Seite nicht mehr hinaus. Vor der anderen Seite fürchtete Nirrick sich. Der Meister hatte ihm verboten, jemals dahin zu gehen, und er spürte, dass dort etwas noch Furchtbareres und Gefährlicheres lauerte.
Also hatte er seit Zeiten über Zeiten von den Fischen gelebt, die von den anderen Fischen lebten, die von den Algen und den Pflanzen lebten, die hier im Licht der Waberschleier gediehen. Dem kalten Licht der Waberschleier. Und alle waren sie kalt gewesen.
Aber jetzt sah er das warme Blut. Es schwebte in den
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