Elfenzeit 5: Schatten des Totenreiches - Schartz, S: Elfenzeit 5: Schatten des Totenreiches
hinter Zorn und Verachtung verschwunden war. »Du solltest also gut darauf bedacht sein, dass mir nichts passiert und dass mir meine Zunge erhalten bleibt.«
»Oh, Grog, aber das kostet dich so viel Kraft ...«, piepste Pirx.
»Das ist mir egal«, schnaubte er. »Dieses Verbrechen muss gesühnt werden. Ich selbst werde Alebin in Ketten vor Fanmór bringen und von seinen ruchlosen Taten berichten! Das Urteil wird vom Herrscher gefällt und vollstreckt, nicht vom Getreuen!«
Nadja blickte zu Darby auf. »Willst du immer noch behaupten, du wolltest mich schützen?«, wisperte sie. »Zu welchem Preis?«
»Für mein Kind ist mir kein Preis zu hoch«, antwortete er. »Und noch ist das letzte Wort nicht gesprochen. Niemand wird mich verurteilen, und ich werde nicht vom Henker gerichtet.«
David richtete sich langsam auf, er hatte sich einigermaßen gefangen. »Warum bin ich nicht tot?«, fragte er leise.
»Deine Seele«, antwortete Grog. »Sie schützt dich. Aber wer weiß, wie lange noch. Wir sollten uns nicht zu sehr aufhalten, wir müssen sofort zum Baum. Fanmór muss erfahren, was geschehen ist. Und du, David, brauchst den Schutz und die Nahrung deines Landes.«
»Wohin sollten wir auch sonst?«, fragte der Pixie zitternd und wischte sich über die Augen.
Die Kälte war vergangen, der Bann aufgehoben und die Wohnung in die Menschenwelt zurückgekehrt. Von der Straße klang gedämpfter Verkehrslärm herauf, und die Laternen schimmerten vor dem Fenster durch die Nacht. Der Raum allerdings war völlig verwüstet, selbst die Löcher in den Wänden, aus denen die fliegenden Spinnen sie angegriffen hatten, waren noch da.
Nadja gestattete sich nicht, sich gehen zu lassen. Sie würde nicht weinen, weder um Rian noch um alles andere. Das durfte sie jetzt nicht, sie musste hart sein wie ein Panzer. Der Schrecken war noch lange nicht vorbei, es lag viel vor ihr: ihr vielleicht letzter, aber gewiss schwerster Gang.
»Ich werde mitgehen«, verkündete sie.
Grog und Pirx starrten sie an.
»Auf keinen Fall!«, rief Darby.
David nickte müde. »Er hat recht, Nadja. Mein Vater würde dich verantwortlich machen und töten. Er gewährt niemals Gnade.«
»Ich
bin
verantwortlich«, sagte Nadja. »Ich werde nicht hierbleiben und mich verkriechen. Ich werde nicht warten, bis der Getreue zurückkehrt oder irgendein Elf das Kopfgeld für mich kassieren will. Ich werde Rian die letzte Ehre erweisen und bei dem Totenritual oder was immer ihr auch durchführt, dabei sein.«
»Dir wird nur Hass begegnen«, versuchte David ihr klarzumachen.
»Na und?« Ihre Unterlippe zitterte kurz. »Wo gehöre ich denn schon hin? Ich bringe den Tod, wohin ich gehe, sei es unter den Menschen oder den Elfen. Das muss ein Ende haben. Ich werde die Verantwortung übernehmen und deinen Vater nur um eines bitten.« Sie trat nahe zu David und ergriff seine Hand. »Dich bis zum Ende deiner Reise begleiten zu dürfen. Wenn du nicht mehr bist, gibt es für mich sowieso keinen Sinn mehr.«
»Doch«, erwiderte er. »Unser Kind.«
Darby stieß einen zischenden Laut aus. »Wie
pathetisch!
Mir wird schlecht.« Pirx rammte ihm seine Kopfstacheln in den Unterschenkel, dass winzige Blutpünktchen hervortraten. Der Schotte schluckte einen Schmerzenslaut hinunter und schwieg endlich.
Nadja war nun doch nahe daran, die Fassung zu verlieren. »Ja«, sagte sie brüchig, »
unser
Kind. Du und ich, David, niemand sonst. Bitte lass mich mitgehen, an deiner Seite. Schick mich nicht weg.«
»Wir reden ein andermal darüber«, versetzte er rau. Dann bückte er sich und hob die leblose Rian auf seine Arme.
»Wir könnten ...«, wollte Pirx einen Vorschlag machen, aber der Prinz schüttelte den Kopf.
»Ich trage sie, so ist sie mir wenigstens noch nah.«
»Ich nehme an, dein Täuschungsbann ist inzwischen erloschen«, sagte Grog zu Darby. »Also können wir jetzt den ursprünglich geplanten Weg nehmen.«
»Und wir sollten uns beeilen, bevor Bandorchu uns ihre Rächer auf den Hals schickt«, bemerkte Pirx. »Denn jetzt ist niemand mehr von Bedeutung für sie; sie will uns nur noch tot, allesamt.«
»Es ist nicht weit«, versprach der knorrige alte Kobold. »Wir sind gleich am Tor ... und zu Hause.«
Nadja packte derweil ein paar Sachen zusammen und zog sich etwas Bequemes an. Dazu nahm sie sich ihre Trekkingschuhe und stopfte ein paar Habseligkeiten, wie sie sie auch schon in Venedig dabeigehabt oder sogar dort erstanden hatte, in einen Schulterbeutel. Nach kurzem
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