Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele
schlanken Kerl, der immer nur dümmlich grinst und kaum einmal sein Maul aufbekommt.«
»Barchoil?« Sicilla hatte mich völlig überrumpelt. Sie sprach frei von der Leber weg und scherte sich kaum um Konventionen. Sie war so ganz anders als die Frauen ihrer Zeit, und sie schien längst zu wissen, was zu tun war.
»Barchoil.« Sehnsüchtig schnalzte sie mit der Zunge. »Wenn du ihm einen kleinen, unauffälligen Tipp gibst, wie er den Weg in mein Zimmer findet, sorge ich dafür, dass Vater einer Verbindung Julias mit dir zustimmt.« Ihre Blicke wurden ernst, fast traurig. »Aber sei darauf gefasst, dass es schwierig wird und dass du Geduld haben musst. Gaius Albus ist ein Mann von Ehre, der wenig Wert auf rasche Entscheidungen legt. Ganz anders als ich.«
Mein Herz schlug mir bis zum Hals. War Sicilla denn tatsächlich der Schlüssel zu meinem, zu
unserem
Glück? Was konnte sie tun? Wie würde sie ihren Vater von meinen redlichen Absichten überzeugen?
»Ich werde Barchoil einen Hinweis geben«, sagte ich. »Wenn er es will, wird er dich besuchen kommen.«
»Gut.« Sicilla grinste. »Ich bin ein altes, lüsternes Weib, musst du wissen, und ich hoffe, dass dein Freund hält, was seine Blicke versprechen.«
Nach einem kurzen Abstecher ins Lararium reichte mir Gaius Albus Tücher. Schweigend zogen wir uns aus und wickelten uns in sie ein. Dann ging es zwischen Säulenreihen durchs Peristyl und in einen Trakt des Anwesens, den ich noch nicht betreten hatte. Vorbei an schweißtriefenden Männern, die ein Feuer entzündet hatten und es mit großen Mengen Holz befeuerten.
»Tritt ein«, forderte mich Gaius Albus auf und deutete auf die hölzerne Tür eines etwas abseits stehenden Gebäudekomplexes.
Der Vorraum war durch mehrere Öllampen ausgeleuchtet. Geradeaus gelangten wir ins
tepidarium
, den großzügig angelegten Vorbereitungsraum, dessen gekachelter Boden angenehme Hitze ausstrahlte. Es roch nach Minze. Zwei steinerne Liegen waren mit weiteren Tüchern drapiert; Frauen erwarteten uns mit gesenkten Blicken.
»Wünschst du eine Massage, bevor wir die Hitze des
caldariums
über uns ergehen lassen?«, fragte der Hausherr.
»Gerne.«
Die Frauen nahmen uns die Umhänge ab und geleiteten uns zu den Liegen. Die Ältere der beiden wies mich an, mich auf den Bauch zu legen. Sie grummelte geringschätzig, als sie meinen vom Tagwerk gezeichneten Körper abtastete. »Du bist vollkommen verspannt und obendrein verdreckt wie eine Sau, die sich in der Suhle gewälzt hat.« Sie seufzte. »Womit habe ich das verdient? Es wird dauern, bis ich dich wieder in Form gebracht habe.«
»Lass dich nicht von Flavias Art irritieren«, sagte Gaius Albus und lächelte mir zu. »Sie ist eine Kratz – bürste. Aber die am besten massierende Kratzbürste, die ich kenne. Und sie ist auch bereit, mir ab und zu ein paar Stunden des Glücks zu schenken.«
»Ab und zu; so ist es, alter Mann. Und auch nur dann, wenn du brav bist.«
»Da siehst du, wer die wahre Herrin des Hauses ist«, sagte Gaius Albus augenzwinkernd, um gleich darauf wieder ernst zu werden. »Ich schätze dich sehr, Fiomha«, wechselte er abrupt das Thema. »Meine Leute haben deine Bautätigkeiten während der letzten Monate aufmerksam beobachtet. Ich wusste, wer und was du bist, lange bevor du mir deine Aufwartung machtest.«
»So?«, sagte ich überrascht. »Wir haben keinen Spion bemerkt.« Ich unterdrückte einen Schmerzensschrei. Flavia knetete mit ihren kräftigen Händen die Muskelstränge in meinem Nacken durch.
»Ihr seid neu in der Lagune. Wir hingegen kennen diese Gegend. Nach dem Bad möchte ich dir Vorschläge machen, wie du deine Sicherheitsvorkehrungen verbessern kannst. Ich habe mich während meiner Jugend in Rom mit Taktik und Strategie beschäftigt und nur von den Besten gelernt.«
Flavia packte mich am rechten Oberarm und warf mich schwungvoll auf den Rücken. Langsam glitten ihre Blicke über meinen Körper. Sie grinste mich an und schnalzte bewundernd mit der Zunge.
»Ich danke dir für dein Angebot und nehme es gerne an«, sagte ich förmlich zu Gaius Albus. »Ich könnte in der Tat jemanden brauchen, der mir hilft, Land und Leute besser zu verstehen. Mir fehlt leider die Zeit dazu.«
Der Römer drehte sich mir zu. Die jüngere, füllige Frau, die ihn massiert hatte, trat respektvoll einen Schritt zurück. Gaius Albus’ Augen funkelten. »Auch mit schönen Worten wird es dir nicht gelingen, mich in deine Kolonie zu locken. Meine Heimat ist und
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