Elfenzeit 7: Wächter des Weltenbaumes - Themsen, V: Elfenzeit 7: Wächter des Weltenbaumes
Arztes zu geben.
Als er nach draußen kam, begegnete er Gabriels Blick. Der junge Mann musterte ihn kurz. Dann trat er die Zigarette aus und sah zur Straße. »Wohin jetzt?«
»Wir holen Rian«, antwortete David. »Dann suchen wir die Adresse zu der Telefonnummer heraus und gehen dorthin.« Er hielt den Zettel hoch.
Gabriel nickte in Richtung Stadt. »Gehen wir. Hinter den Gebäuden da drüben ist eine Bushaltestelle.«
Nebeneinander gingen sie die Auffahrt hinunter.
»Du kannst gut mit Leuten umgehen«, stellte Gabriel fest, ohne David anzusehen. »Ich glaube, du bekommst meistens, was du willst – auf die eine oder andere Weise. Lars und die Frau da ... beide haben dir ziemlich schnell ihr Vertrauen geschenkt. Das ist schon fast unheimlich.«
David zuckte die Achseln. »Ich war lange genug Barkeeper, um alle möglichen Sorten von Menschen kennenzulernen und schnell zu wissen, wie ich an sie herankomme.« Das war die beste Ausrede, die ihm einfiel.
Sie betraten einen Plattenweg zwischen zwei Hochhauskomplexen, der unter dem nur langsam wieder schmelzenden Schnee kaum erkennbar war.
»Barkeeper.« Gabriel klang amüsiert. »Das hätte ich nicht vermutet. Aber klar – früher oder später schüttet jeder sein Herz an der Bar aus. Und was denkst du über mich?«
Das war nicht schwer. Leute wie Gabriel gab es auch unter den Elfen. David gehörte selbst dazu. »Ich würde sagen, du bist jemand, der lieber allein ist und er selbst, als sich zu verleugnen und viele Freunde zu haben. Trotzdem tut dir die Einsamkeit manchmal weh.«
Gabriel gab ein Schnauben von sich. »Ich bin gerne allein«, sagte er dann. »Im Gegensatz zu den meisten Leuten komme ich gut mit mir zurecht.«
»Mag sein. Aber wieso die anderen nicht?«
Gabriel steckte die Hände in die Manteltaschen und musterte die schneebedeckten Bäume, die zwischen den Gebäuden standen. »Das sind einfach Idioten, die glauben, alles außerhalb der Norm wäre eine Bedrohung für ihre Lebensart. Sie sehen in Vielfältigkeit nur etwas, das die Sicherheit raubt, anstatt die Möglichkeit zu erkennen, mehr zu sein, mehr zu leben.«
»Aber was an deiner Lebensart stellt in ihren Augen denn eine Bedrohung dar?«
Gabriel drehte den Kopf gerade so weit, dass er David mit dem freien Auge ansehen konnte. »Willst du das wirklich wissen?«
»Würde ich sonst fragen?«, erwiderte David belustigt.
Gabriel blieb stehen und warf mit einer Kopfbewegung das Haar aus dem Gesicht. David wandte sich zu ihm und wartete auf seine Antwort. Als sie kam, geschah es jedoch nicht in der erwarteten Weise.
Der junge Mann trat dicht an David heran, legte die Hände auf die Schultern des Elfen und beugte sich vor, um Davids Mund mit seinen weichen Lippen zu streifen. Warm strich Gabriels Atem über Davids Gesicht, und der schwache Geruch seines Haares stieg in seine Nase. Davids Haut kribbelte, und ein Teil von ihm wollte auf Gabriel eingehen, doch etwas anderes sperrte sich. Etwas, das ihm nicht mehr gehörte, das er vergeben hatte, das nicht mehr elfisch war und ihn zwang, die elfischen Sinne zu unterdrücken. Sein Herz. Behutsam löste er Gabriels Hände von sich.
Gabriel lächelte schief. »Jetzt weißt du das Wichtigste. Entschuldige, ich konnte einfach nicht widerstehen, auch wenn ich schätze, dass deine Neigungen nicht unbedingt in die gleiche Richtung gehen.«
»Nein, so ist es nicht. Das ist nicht der Grund.« David runzelte die Stirn. Unwillkürlich ging ihm Birte durch den Kopf. In den Momenten, in denen ihre Magie nachgelassen hatte, war es ihm ähnlich gegangen wie jetzt. Es hatte sich
falsch
angefühlt. Etwas, das er früher-und ohne darüber nachzudenken – bei nahezu jeder sich bietenden Gelegenheit getan hatte, wollte ihm jetzt nicht mehr gefallen. Und das störte ihn nicht einmal, ganz im Gegenteil. Es machte ihn glücklich.
Nadja
, dachte er zärtlich. Er vermisste sie in diesem Moment schmerzlich und hoffte, dass es ihr gut ging. Fabio war ja bei ihr.
»Es liegt daran, dass ich jemanden liebe«, sagte er.
Gabriel zuckte gleichmütig die Schultern und machte eine Kopfbewegung zur Straße. »Lass uns weitergehen.«
Unterwegs sagte er: »Manchmal wünschte ich mir, Liebe wäre eine Krankheit. Etwas, wogegen man eine Impfung oder ein Heilmittel entwickeln könnte. Das würde das Leben vereinfachen. Wenn man merkt, dass eine Liebe nicht erwidert wird, wirft man einfach eine Pille ein, und das Thema ist erledigt. Andererseits würde man eine Menge verpassen.
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