Elfenzeit 8: Insel von Feuer und Nebel - Schartz, S: Elfenzeit 8: Insel von Feuer und Nebel
muss er auch noch …«, maulte Pirx, um gleich darauf zu jaulen: »Au! Du reißt mir meine Stacheln aus!«
»Dann halt endlich still, du nervöse Zappelpappel, sonst wird das nie was.« Grog drehte Pirx um, versuchte es noch einmal – und plötzlich schnappte das Schloss auf.
Für einen kurzen Moment erstarrten die beiden Elfen und sahen sich erschrocken an. Dann tastete Pirx nach der Kette, zog mit einem Ruck an ihr … und sie sauste durch die Manschette und gab den Igel frei. Er hielt die Ärmchen hoch und bewegte sie. Nichts rasselte.
»Schnell!«, piepste er dann aufgeregt. »Schnell, mach das auch bei dir …« Er hielt dem Freund seinen stachligen Kopf hin und knetete das Mützchen aufgeregt in den Händen.
Nun tat Grog sich sehr viel leichter, weil ein befreiter Pirx deutlich beweglicher war und der Grogoch den Dreh heraushatte. Schon nach wenigen Augenblicken klickte auch sein Schloss, dann sprang er auf und machte einen gewaltigen Satz von dem Felsen weg, den Pirx einem Wesen in seinem Alter niemals zugetraut hätte.
Die Manschetten an Armen und Beinen mussten sie vorerst behalten, dafür war später noch Zeit.
Der Getreue regte sich nicht, sie hörten ihn auch nicht mehr in ihren Gedanken. Auf einmal war es sehr still, als die beiden kleinen Elfen mit vorsichtigen Schritten und angehaltenem Atem die Höhle durchquerten. Sie mussten einige Umwege nehmen, da ihnen immer wieder verwesende Körperteile den Weg versperrten. Allerdings brachten sie den Mut auf, über Knochen zu steigen.
Der Boden war feucht und rutschig, das Gestein sehr kalt. Das Meer rauschte hinter Skyllas Lager im Gezeitenwechsel. Jeden Moment erwarteten sie die Rückkehr des Ungeheuers, das sie bis jetzt nicht zur Gänze zu Gesicht bekommen hatten, und hofften, dass es auch nie dazu käme.
»Lass uns abhauen!«, forderte Pirx und zupfte Grog am Arm.
Der schüttelte den Kopf. »Das geht nicht.«
Pirx’ Stacheln bogen sich leicht nach unten. »Das Gleichgewicht, hm? Weil er uns geholfen hat und im Gegenzug Hilfe verlangt?«
»
Er
würde vielleicht einfach gehen, weil das Gleichgewicht keine Auswirkungen auf einen wie ihn hat. Dafür ist er zu mächtig. Aber wir sind nur einfache Elfen. Wir müssten teuer bezahlen. Vergiss nicht, wir sind in unserer Welt, nicht bei den Menschen.«
»Aber … wir können ihn nicht …«
Skylla kommt. Sie wird euch finden, und dann kann euch nichts mehr schützen. Außer mir
.
Die beiden Kobolde zögerten und sahen sich hilflos um. Sie mussten sich entscheiden, und zwar schnell. Halfen sie ihrem Feind, oder flohen sie, verhielten sich elfenwidrig und nahmen die Konsequenzen auf sich? Gab es überhaupt einen Weg aus dieser Misere, der ihnen keinen Nachteil brachte?
Zwickmühle
nannten die Menschen diese Lage, erinnerte sich Grog an seine Zeit in München. Wer erst einmal darin steckte, der konnte gar nicht mehr gewinnen. Jeder neue Zug war ein Verlustgeschäft.
»Was sollen wir nur tun?«, wisperte Pirx.
Kommt hierher. Sofort!
Ein glasiger Ausdruck trat in ihre Augen. Augenblicklich gehorchten sie.
Der Getreue hing etwa zwei Mannslängen über dem Boden, Arme und Beine gespreizt, die Manschetten direkt am Felsen befestigt. Ketten schlangen sich um seinen mächtigen Körper, dessen Umriss sich unter dem undurchdringlichen, pechschwarzen Kapuzenmantel verschwommen abzeichnete. Er hob sich als finsterer Reliefabdruck vor dem nackten dunklen Felsen ab.
Von seiner schaurigen Aura war kaum mehr etwas zu spüren, und es schien wirklich, als erlösche der Dunkle mit jedem Atemzug weiter aus der Existenz. Doch sein Geist war immer noch mächtig, er war in ihren Köpfen und gab sie nicht frei.
Zuerst kletterte Pirx den Felsen hoch; seine Finger und Zehen fanden in dem schrundigen Gestein genügend Möglichkeiten, sich festzuhalten und abzustützen. Er verharrte bei dem Stiefel des Getreuen, benutzte ihn als Stütze und half dann Grog hinauf, der beschwerlich ächzte. Für seine geringe Größe war er erstaunlich schwer, was an der Masse seines Haarkleides liegen mochte. Schließlich umfasste er den anderen Stiefel mit beiden Händen und schaukelte kurz im Nichts, bevor er neuen Halt fand und sich weiter hochzog.
Langsam krabbelten sie an dem großen Körper hinauf, wobei sie jeden Blick auf ihn vermieden. Die Ketten boten eine gute Kletterhilfe, und so kamen sie rasch voran. Zuletzt hangelte Pirx sich auf Grogs Seite, zum rechten Arm des Verhüllten.
»Das sieht nicht gut aus«, murmelte der alte
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