Elfenzeit 9: Im Bann der Dunklen Königin - Schartz, S: Elfenzeit 9: Im Bann der Dunklen Königin
transportierten. Sie waren bei der magischen Entladung angezapft und umgeleitet worden. Anstatt der winzigen Lücke, durch die er nach Bandorchu rufen wollte, hatten sich ein gewaltiger Riss und ein Sog gebildet, genährt durch die vervielfachte Energie.
Immerhin hielt der Schließungszauber momentan stand, doch wie lange? Ganz schließen konnte der Getreue das Zeitgrab nicht, sonst wäre alles umsonst gewesen. Aber was sollte er jetzt tun? Er hatte kaum mehr Kraft, um diese Meute in den Griff zu bekommen – wie sollte er dann nach seiner Königin suchen?
Diesmal war es wirklich hart an der Grenze. Vielleicht ging seine Schwäche auf die Besetzung des Ätnas zurück, vielleicht auf Morganas Fluch, die ebenfalls auf diesen Inseln gewirkt hatte. Sein größtes Problem war in jedem Fall die Trennung von seiner Königin. Je länger die Verbindung zu Bandorchu unterbrochen war, umso schwächer wurde er und umso geringer die Chance, sie noch zu erreichen.
Der Mann ohne Schatten rieb sich das Gesicht und zwang sich auf die Beine. Es half nichts, er musste ein letztes Mal seine Kräfte mobilisieren und über die Grenze hinausschreiten. Koste es ihn, was immer es wolle.
Die ersten Kämpfe brachen aus. Die meisten Zeitreisenden waren Männer, noch dazu gut bewaffnete Männer, die aus irgendeiner Schlacht gerissen worden waren – oder gerade auf dem Weg dorthin gewesen waren. Sie fragten nicht lange, was das alles zu bedeuten hatte, sondern machten rasch einen ebenfalls bewaffneten Gegner – die Elfen – aus, der ihnen den Weg versperren wollte. Sie griffen an.
Es wäre vermutlich einfacher gewesen, wenn nur die Totengeister durchgebrochen wären. Die hätte der Getreue schnell eingefangen und zurück in die Geistersphäre geschleudert. Doch diese Menschen waren lebendig und wehrhaft – und er musste sehr vorsichtig mit ihnen umgehen.
Das Gefüge war bereits im Schwanken, die Menschen mussten so schnell wie möglich wieder in ihre Zeit. Sie waren Fremdkörper, die zunehmend abgestoßen werden würden, je länger sie in einer Zeit verweilten, in die sie nicht gehörten. Im Extremfall konnte die Zeitlinie endgültig aufbrechen, und das wäre tatsächlich das Ende. Nicht nur die Welten, auch die Zeiten der Menschen würden ineinander stürzen. Alles mochte in einen Wirbel des Chaos geraten, an dessen Ende kein Leben mehr möglich war.
Auf dem ganzen Gelände wurde inzwischen gekämpft, und die Elfenkrieger hatten erdenkliche Mühe, die Angreifenden nicht zu verletzen. Sie waren ständig in der Defensive. Der Bann am Zaun war inzwischen komplett, zumindest konnte keiner mehr fliehen.
Das verringerte das Problem jedoch kaum. Eine Gruppe Menschen aus der Bronzezeit – der Getreue vermutete, dass sie bei Knowth oder Dowth gelebt hatten, was ganz in der Nähe lag – hämmerte gegen die Glasfenster des Besucherzentrums. Sie trugen grob gewebte Kittel, Beinkleider und Schnürstiefel aus Stoff, die an Holzsohlen befestigt waren; die Männer hatten die Haare seitlich am Kopf wie zu einem Dutt zusammengebunden, die Frauen viele Zöpfe. Auch zwei Kinder waren dabei, mit ernsten Gesichtern, die mehr mitleidig denn interessiert auf der anderen Seite der Scheibe einen dicklichen Jungen beobachteten.
Der Getreue sah, dass McNamarra alle Hände voll zu tun hatte, seine Männer am Schießen zu hindern. Die Menschen im Gebäude waren panisch, die Besucher aus der Vergangenheit hingegen äußerst neugierig und nur zum Teil misstrauisch. Richtige Bewaffnung trugen sie nicht im Gürtel, sondern Allzweckmesser, Ahlen, kleine Sägen.
»Ihr könnt nicht zu ihnen«, sprach der Getreue sie in ihrer Sprache an. Sie wandten sich ihm zu. Die Kinder wichen vor ihm zurück, ein paar Frauen und Männer fielen auf die Knie.
»Du … bist Fomore?«, fragte ein Mann, offensichtlich der Anführer. Er war in den besten Jahren, straff und muskulös, die Haare pechschwarz. Seine Tätowierungsmuster wiesen ihn als Menschen mit bedeutenden heilerischen Fähigkeiten aus.
»Nein, ich bin kein Dämon«, sagte der Getreue. »Balor ist schon lange tot, er kann euch nicht mehr schaden. Ihr braucht keine Furcht zu haben.«
Das war schwer vermittelbar, da seine Aura auch für Menschen deutlich sichtbar brannte. Und mit seinem finsteren Äußeren schien er der Hölle selbst entstiegen zu sein. Aber momentan war er nicht in der Lage, die Gestalt zu wechseln; es wäre sinnlose Kraftverschwendung.
»Wir kennen dich«, sagte eine ältere Frau, den aufgefädelten
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